Tichys Einblick
Spielt den notorischen Hassern der Bundeswehr in die Hände

Von der Leyen gibt die Bilderstürmerin

Werden Kasernennamen wie die des Wehrmachtsgenerals und Widerstandskämpfers „Henning von Tresckow“ in Frage gestellt oder hundert Generälen vor einer Dienstbesprechung mit der Ministerin die Mobiltelefone abgenommen, muss es schlimm um vdL stehen.

© Joern Pollex/Getty Images

Aus der Sozialpsychologie kennen wir das Dilemma einer jeden Führerfigur: Einerseits muss sie die Normen, die die von ihr geführte Gruppe konstituieren, am überzeugendsten vorleben, andererseits hat sie die meisten Freiheiten, sich von diesen Normen zu entfernen. Charismatische oder zumindest clevere Führerpersönlichkeiten schaffen diesen Spagat. Die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt über die Bundeswehr, Ursula von der Leyen, schafft ihn nicht.

Dazu ist sie ständig – in welchen Ministerämtern auch immer – zu sehr auf ihrem oft genug auch fotografisch inszenierten „top-gun“-Egotrip. Auf der Strecke bleibt das, was sie zur Identifikationsfigur von 180.000 Untergebenen machen könnte, ja müsste: der unbedingte Einsatz für die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr und die Fürsorge für die ihr anvertrauten Soldaten und deren Ansehen in der Gesellschaft.

Nun hat sich „vdL“ sogar weit von den Grundsätzen der Inneren Führung entfernt. Innere Führung: Dieses Prinzip gilt seit ihrer Gründung am 5. Mai 1955 für die Bundeswehr. Es ist abgeleitet aus dem Leitbild vom Soldaten als mündigem Staatsbürger in Uniform. Diese Grundsätze wurden mit der sogenannten Wiederbewaffnung sehr bald institutionell verankert: 1956 vor allem durch den Aufbau der Schule für Innere Führung in Köln, die dann 1957 als Zentrum für Innere Führung nach Koblenz verlegt wurde und dort heute noch beheimatet ist.

Die Innere Führung …

Für die Grundsätze der Inneren Führung standen von Anbeginn an vor allem zwei Namen: Graf Wolf von Baudissin (1907 bis 1993) und Ulrich de Maizière (1912 – 2006). von Baudissin war Offizier der Wehrmacht. Er war 1941 in Afrika in britisch-australische Kriegsgefangenschaft geraten und dort in absentia zum Major befördert worden. De Maizière war zum Kriegsende Oberstleutnant im Generalstab. Beide haben mit Gründung der Bundeswehr an vorderster Stelle dafür gesorgt, dass die Innere Führung zu einem Markenzeichen wurde, das es in vergleichbarer Weise weltweit in keiner Armee der Welt gibt: de Baudissin später als Generalleutnant beim NATO-Oberkommando Europa und de Maizière als Generalinspekteur.

Ob die amtierende Verteidigungsministerin „vdL“ dies in ihrem hyperaktiven Eifer gegen alles, was mit Wehrmacht zu tun hat, mitbedacht hat? Ob sie weiß, dass die Bundeswehr auch im Bewusstsein von 99,99 Prozent ihrer Untergebenen nicht in der Tradition der Wehrmacht steht, aber von untadeligen Soldaten der Wehrmacht aufgebaut wurde? Ob es ihr bewusst ist, dass für die Innere Führung die Vorgesetzten eine Schlüsselrolle spielen, weil sie nur so als Vorbild fungieren können? Und ob ihr bewusst ist, dass all dies für sie als oberste Vorgesetzte, in Friedenszeiten als Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte, auch gilt?

… ist bei von der Leyen nicht angekommen

Nein, ganz offenbar ist ihr dies nicht bewusst. Wahrscheinlich fehlt es ihr an dem, was sie markig von ihren Soldaten einfordert: an historischer und politischer Bildung und am Wissen um die Grundlagen der Inneren Führung sowie deren Internalisierung. Anders ist es nicht zu erklären, wenn „vdL“ historisch, ja stalinistisch belastete Begriffe wie „Säuberung“ in den Mund nimmt; wenn sie implizit vielen ihrer Einheitsführer ein „Haltungsproblem“ vorhält; wenn sie die Bilderstürmerin gibt und damit ein Klima schafft, aus dem heraus ein Bild von Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform von der Wand der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg und eine Rot-Kreuz-Fahne aus dem Zweiten Weltkrieg aus einem Bundeswehrkrankenhaus entfernt wird; wenn Kasernennamen wie die des Wehrmachtsgenerals und Widerstandskämpfers „Henning von Tresckow“ in Frage gestellt werden oder wenn sie hundert Generälen vor einer Dienstbesprechung mit der Ministerin die Mobiltelefone abnehmen lässt.

Führerpersönlichkeiten sollten motivieren können. An solcher Motivation fehlt es der Bundeswehr in weiten Teilen. Das hat mit ihrer prekären materiellen und finanziellen Lage zu tun. Es hat damit zu tun, dass viele Soldaten das Gefühl haben, mit „vdL“ werde die Bundeswehr zu einer bunten Truppe von Brunnenbauern und Sozialarbeitern in Uniform. Das hat sodann damit zu tun, dass es „vdL“ an jeglicher Antenne für die Stimmung in der Truppe fehlt und dass sie offenbar Einflüsterer hat, die Kritik oder bereits jeden Ratschlag als unvereinbar mit dem Prinzip Gehorsam halten. Sie spielt damit denen in die Hände, die – zum Beispiel als Grüne – seit Jahr und Tag ihre Allergie, ja ihren notorischen Hass gegen Bundeswehr und gegen alles Militärische kultivieren.