Tichys Einblick
Schuleschwänzen für das Klima

Tausende wollen sein wie die mediale Ikone Greta Thunberg (15)

Schulstreik für das Klima ist der neue Medien-Hit. Aber wem schadet dieser Streik außer den Streikenden? Und warum wird nur während der Schulzeit demonstriert? Nüchterne Frage in einer infantilen Debatte.

HANNA FRANZEN/AFP/Getty Images

Das grundgesetzlich garantierte Demonstrationsrecht ist das eine, die gesetzlich geregelte Schulpflicht ist das andere. Aber nirgendwo steht geschrieben, dass man das Demonstrationsrecht nur während der Schulzeit ausleben darf.

Tausende von Schüler scheinen das nicht auseinanderhalten zu können. In mehr als 50 Städten Deutschlands „streiken“ sie unter dem Motto #FridaysForFuture zusammen mit Studenten mitten während der Unterrichtszeit für eine bessere Klimapolitik und kündigen schon mal für die kommenden Freitage entsprechende Aktionen an. Demonstrieren wollen sie für das Übliche: Ausstieg aus der Kohle, Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als 1,5 Grad usw.

Der Student Benedikt Schürzinger, Mitorganisator verschiedener Protestaktionen, sagt, warum die jungen Leute demonstrieren: „Die Zukunft, für die wir lernen sollen, wird mir gerade weggenommen – jeder einzelne Politiker, der im Kultusministerium sitzt, ist mit schuld daran, dass ich einmal Kinder in eine kaputte Welt setzen muss.“ Eine Nummer kleiner geht es nicht. Die Sprüche auf Plakaten sind entsprechend: „Advent, Advent, die Erde brennt“ oder „Die Erde hat Fieber“ oder „Make Love not CO2!“ oder „Make Earth cool again!“ oder „Raise your voice not the sea level!“

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Nun hat ja niemand etwas gegen eine gleichermaßen kundige und engagierte Jugend. Aber das Schwänzen von Unterricht ist nun einmal ein Verstoß gegen die Schulpflichtgesetze. Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) etwa ist dementsprechend nicht so ganz angetan davon. Allerdings schiebt er die Verantwortung für mögliche Sanktionen wegen des Verstoßes gegen die Schulpflicht an die Schulleiter ab. Indirekt freilich gesteht er den Demonstranten ein waches Bewusstsein für Demokratie zu.

Bei so viel „Rückhalt“ darf man gespannt sein, wie die Schulen reagieren. Nicht zu reagieren geht nicht, sonst schaffen die Schulen Präzedenzfälle und kriegen eines Tages solche Dinge nicht mehr in den Griff. Schriftliche Ermahnungen, Bußgeldbescheide des Jugendamtes, im Wiederholungsfall Entlassungen, beim unentschuldigten Fernbleiben von anfallenden Prüfungen Bewertungen der schuldhaft versäumten Prüfung mit Note 6 usw. müssten also anstehen. Allerdings scheint vielfach schon eher Einknicken angesagt. Einige Schuldirektoren wollen nachsitzen lassen – zum Beispiel für ein schulisches Ökoprojekt. An wieder anderen Schulen gehen teilweise sogar Lehrer gemeinsam mit den Schülern auf die Demos – für praktischen „Unterricht“ in Sachen Demokratie.

Und das Vorbild? Die Schüler folgen einem Aufruf der medial zur Ikone hochgejubelten schwedischen Schülerin Greta Thunberg (15): Diese hatte auf der 24. UN-Weltklimakonferenz vom Dezember 2018 im polnischen Katowice erklärt, dass sie jeden Freitag die Schule schwänze, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Das hat bundesweit über Whatsapp-Gruppen die Runde gemacht. Unterstützt von Naturschutzverbänden spielt sich das Ganze nun unter anderem in Belgien (dort am Donnerstag 12.000 Demonstranten in Brüssel), in der Schweiz und in Österreich ab.

Aber wer soll sich jetzt von dem Streik beeindrucken lassen – gar das Weltklima? Wem schadet der Streik außer den Streikenden? Hilft Unbildung bei der Suche nach Antworten auf den Klimawandel? Alles Fragen, die gestellt werden könnten, allerdings nicht in einer infantilisierten Debatte.