Tichys Einblick
Keine Auferstehung in Sicht

Die Emmaus-Jünger der CDU – Eine heillose Heilsgeschichte

Doppeltes Dilemma, falsches Dilemma oder Polylemma?

Wer auch immer an die Auferstehung der CDU glaubt: Vor der Grabhöhle liegt ein Felsbrocken. Da hilft auch kein verblasstes C. Die CDU ist nun einmal kein Messias und schafft es nicht aus eigener Kraft. Unter den Kandidaten ist niemand, der den Stein zur Seite rollen könnte. Der Fels, der auf den Namen Mutti hört, bewegt sich nicht.

I.

Es handelt sich um ein klassisches Dilemma, eine Zwickmühle. Der Kandidat, der fordert, der Fels müsse sofort weg, wird nicht gewählt, weil der Brocken noch immer für unersetzlich gehalten wird. Der Kandidat, der meint, der Fels liege da, wo er nun mal liegt, am rechten Fleck, kann die Höhle nicht öffnen, aus der die erneuerte CDU steigen soll. Und es wird ihm wie seiner Vorgängerin ergehen.

II.

Der Evangelist berichtet, Laschet und zwei weitere Jünger seien in niedergeschlagener Stimmung von Nordrhein-Westfalen nach Berlin gegangen und dabei der auferstandenen CDU begegnet, ohne sie jedoch zu erkennen. Der Unbekannte habe erklärt, das Leiden der CDU sei alternativlos. In Berlin angekommen, luden sie den Reisebegleiter ein, die Nacht über bei ihnen zu bleiben. Beim Abendmahl hätten sie die auferstandene CDU erkannt, die gleich darauf entschwand (Lk 24,13–35)

III.

Andere berichten: Das Abendmahl habe nur aus Wein bestanden, an Brot habe es gemangelt. Das mag der Grund dafür gewesen sein, dass ihnen zwei CDUs erschienen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass keiner mehr genau weiß, wie die CDU einmal ausgesehen hat. Woran soll man sie erkennen? So aber erkennt jeder eine andere, von der er meint, ihm sei die Auferstandene erschienen.

IV.

Tatsächlich handelt es sich nicht nur um ein Doppelbild, sondern um ein Doppel-Dilemma. Die Doppelung besteht darin, dass die CDU, will sie weiter das Kanzleramt besetzen, mit den Grünen koalieren muss. Alle anderen Konstellationen scheinen aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Ginge die CDU endlich auf die entscheidenden Themen ein – Steuern senken, vernünftige Energiepolitik, Rettung der deutschen Schlüsselindustrien, Geostrategie, Integration etc., verlöre sie den gewünschten Koalitionspartner. Stützte sie sich statt dessen auf die alles andere als liberale und marktwirtschaftliche, sondern staatshörige AfD, verlöre sie die Wahl. Ohne Neuausrichtung der Partei aber wäre die Kanzlerkandidatenkür sinnlos.

V.

Möglicherweise handelt es sich bei dem gerade geschilderten doppelten Dilemma jedoch um den klassischen Fall eines falschen Dilemmas, und es wäre irrig, zu glauben, es gäbe nur zwei ganz bestimmte einander entgegengesetzte Positionen.
Eine dritte Wahlmöglichkeit bestünde etwa darin, den Fels nicht als Hindernis zu betrachten, sondern als Zentrum. Er wird zum Heiligtum erklärt und eine Kaaba um ihn herum gebaut. In einer Walfahrt reden die CDU-Muslime solange auf Mutti ein, bis sie sich bereit erklärt, als ihre eigene Nachfolgerin für alle Ämter zur Verfügung zu stehen. Am besten lebenslänglich. Kann man einen Fels überreden? Ja. Wenn auch nur dazu, Fels zu bleiben.

Es wäre die dem Zustand der CDU angemessenste Lösung, statt schon wieder jemanden zu verheizen, der nicht zeigen kann, was er will.

VI.

Es gäbe freilich noch eine andere Umgehung des Dilemmas. Angenommen, die Klima- und Faschistenhysterie unter Merkels Führung kann bis zur Wahl nicht verhindern, dass Deutschland in eine spürbare Wachstums- und Beschäftigungskrise rauscht. Dann platzt die grüne Traumwelt. Und die Wähler folgen unversehens anderen Maximen. Vielleicht sollte man bei der Wahl des nächsten Kanzlerkandidaten daran denken, dass er nicht für den Status quo gebraucht wird, nicht bloß für das schmerzfreie Verdämmern des Patienten im mildesten Merkellicht, sondern als Manager der kommenden Krise. Niemand scheint daran zu denken. Alle quatschen über Abgrenzung nach rechts und links, kaum jemand über die verstummte, versprengte, vernachlässigte Mitte.

VII.

Ein drittes Dilemma – Fachleute sprechen von einem Polylemma – besteht darin, dass die CDU im Westen eine andere ist als im Osten. Weil auch der Osten anders ist als der Westen. Es gibt keine Politik, die beiden Seiten entspricht. Mutti kommt aus dem Osten und hat den Westen nie verstehen wollen. Das hat sie jedoch so erfolgreich getan, dass sie inzwischen auch im Osten niemand versteht. AKK wiederum hat niemals irgend etwas verstanden, außer dass Merkel für sie gut gewesen ist. Nur nicht lange genug. Am wenigsten hat AKK verstanden, dass der Osten anders tickt als der Westen. Kam nicht auch Honecker von der Saar? Mit dem Fels aus dem Osten hat sich der Westen selbst lebendig begraben. Und hält es für ein Glück.

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