Tichys Einblick
Am Anfang war das Wort, kein Lippenbekenntnis

Die Bundeshülse

Angela Merkel hat jetzt gefordert, „das Christentum nicht nur als Hülse im Mund zu haben“, es genüge nicht, seinen Glauben auf der Zunge zu tragen. Was aber sonst? Am Anfang war das Wort, aber nicht als Hülse, als bloßes Lippenbekenntnis.

© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Angela Merkel hat jetzt gefordert, „das Christentum nicht nur als Hülse im Mund zu haben“. Wir sprechen ihr nicht ab, es so zu meinen, wie sie es formuliert hat. Das gebietet schon der Respekt. Nur macht es die Sache nicht besser. Im Gegenteil.

I.

Erst einmal sind wir froh, dass nicht die Kanzlerin eine Hülse im Mund hat, sondern andere. Bei ihr ist es allenfalls eine Hülsenfrucht. Hülsenfrüchte erzeugen gerne Blähungen. In diesem Fall handelt es sich um eine Sprachblähung.

II.

Wer solche Hülsensätze verfertigt, ist entweder der Sprache nicht mächtig, oder es ist ihm gleichgültig, was er im Munde führt. Dann handelt es sich um Sprachschlamperei. Zweifellos leben wir in einer Zeit, in der Sprachschlamperei so gewöhnlich ist, dass sie kaum noch auffällt, geschweige denn stört. In diesem Land verschlampt ja nicht nur die Sprache.

III.

Wer mit seiner Sprache schlampt, schlampt auch beim Denken. Dass die Mächtigste von allen beim Sprechen schlampt, beunruhigt, weil sie dann notwendigerweise auch beim Denken schlampt. Sie ist also weder der Sprache noch des Denkens mächtig. Wer aber des Denkens nicht mächtig ist, sollte die Finger von der Macht lassen.

IV.

Wir sind uns allerdings nicht sicher, ob die Mächtigste von allen unfähig ist, klar zu denken, oder ob es ihr einfach nur egal ist, mit welchen Inhalten sie ihre Sprachhülsen füllt. Wenn jemand im Kopf nicht klar ist, ist es völlig egal, ob er das Christentum als Hülse im Mund hat oder sonst irgendwo, wo wir es nicht vermuten und gar nicht so genau wissen wollen. Es tut dann nichts mehr zur Sache.

V.

Oder meint sie wirklich, was sie nur nicht richtig formulieren kann oder will? Es genüge nicht, seinen Glauben auf der Zunge zu tragen. Was aber sonst? Glauben heißt bekennen. Wie anders sollte der Gläubige seinen Glauben bekennen als mittels Sprache? Am Anfang war das Wort! Aber doch nicht als Hülse, als bloßes Lippenbekenntnis.

VI.

Die Mächtige von allen hält es für einen tragfähigen Gedanken, am besten ließe sich den Gefahren des Islam mit christlicher Glaubensstärke begegnen. Es ist ein Leitmotiv, das sie immer wieder im Munde führt. Wiederholung verwandelt Unsinn nicht in Sinn, nicht einmal dann, wenn der Unsinn in unsinnige Sprache gegossen wird. Minus mal Minus gibt hier nicht Plus sondern Nonsense.

VII.

Was rege ich mich auf!
Die Bundeswehr ist nicht einmal mehr bedingt einsatzfähig.
Die Schulen sind nur noch bedingt bildungsfähig.
Das Bundesamt für Migration ist seinen Aufgaben allenfalls bedingt gewachsen. (Dafür zieht der CSU-Innenminister die lobenswerte Beamtin aus dem Verkehr, die Missstände aufdeckt!)
Da kommt es wirklich nicht mehr darauf an, dass die Mächtigste von allen nur bedingt sprachfähig ist.

VIII.

Nur sie ist unbedingt.

IX.

Nein, ich glaube nicht, dass sie eine Sprachschlampe ist. Sie ist eine Hülse, die sich gewissermaßen selbst im Mund hat. Eine Hülse ist eine feste Hülle. Sie ist hohl. Man kann etwas hineinstecken. – Aber nichts herausholen.