Tichys Einblick
grober, maßlos übertriebener Unsinn

Der scheinheilige Robert

Habeck spielt auf großen Bühnen den milden Mann - der er nicht ist. Am Kern des Heizungsterrorgesetzes und damit am ideologischen Fundament seiner Wohlstandsvernichtungspolitik hat sich nichts geändert. Die existenzielle Menschheitsgefahr, von der er faselt, sorgt dafür, dass für die Grünen alles andere nachrangig ist - auch die Demokratie.

Lassen Sie sich nicht täuschen! Robert Habeck erweckt den Eindruck, als habe die Vernunft von ihm Besitz ergriffen. Zu den Abschwächungen, Verschiebungen, neuen Verunklarungen des nach wie vor drohenden Heizungsterrorgesetzes wurde er weniger von liberalen Aufwallungen der FDP noch vom Kanzler gezwungen, der um den Fortbestand der Ampel fürchtet, sondern allein von Meinungsumfragen, die die Grünen im freien Fall sehen. Habeck spielt nun auf großen Bühnen den milden Mann – der er nicht ist. Am Kern des Gesetzes und damit am ideologischen Fundament seiner Wohlstandsvernichtungspolitik hat sich nichts geändert.

I.

Beim evangelischen Kirchentag trat Habeck als Kritiker der „letzten Generation“ auf. Ihm passt aber nur die Form des Protestes nicht, wenn er er meint: „Dieser Prozess verhindert eine Mehrheit für Klimaschutz und treibt die Leute weg“. Richtig. Doch Habeck verkennt, was die Leute wirklich zornig macht. Es sind keineswegs, wie die Grünen sich einbilden, Fehler der Kommunikation, die das Desaster verursacht haben, sondern es ist die Richtung selbst. Es ist das, was der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf gut niederbayerisch „den Oasch offen“ genannt hat.

II.

Habeck warnt vor der „Instrumentalisierung der apokalyptischen Szenarien“, um doch nichts anders zu tun, als sie selbst zu verbreiten. Er widerspricht sich selbst, wenn er in Nürnberg einerseits spekuliert: „Wenn wir die Klimafrage über alles stellen, wozu führt das dann?“ Ja, wozu? Dazu, dass selbst in einem Land duldsamer, staatsgläubiger Bürger das Fass der Folgsamkeit und Leidensfähigkeit überläuft. Späte Einsicht? Kurz darauf klingt es schon wieder ganz anders aus dem Mund Habecks. Zitat aus seiner Rede anlässlich der Verleihung des Ludwig-Börne Preises: „Es ist gegenüber Börnes Zeit 1,2 Grad wärmer. Tendenz drastisch ansteigend. Die globale Klimakrise ist nicht nur zu einer existenziellen Gefahr geworden – sie ist eine Bedrohung für das, was uns als Republik im Innersten ausmacht: unsere Freiheit, unsere Demokratie, unser sozialer und gesellschaftlicher Zusammenhalt.“ Das ist grober, maßlos übertriebener Unsinn. Nicht der Klimawandel, sondern die Apokalyptiker zerstören Zusammenhalt und demokratische Substanz. Der Hauptverantwortliche dreht nach wie vor durch, ist zu einer offenen Debatte mit der Gesellschaft gar nicht fähig, weil er an seiner falschen Prämisse festhält. Die existenzielle Menschheitsgefahr, von der er faselt, sorgt dafür, dass für die Grünen alles andere nachrangig ist – auch die Demokratie. Sich auf den unvermeidbaren Klimawandel einzustellen, wäre vernünftig, also etwa mehr Atomkraftwerke zu bauen, statt sie abzuschalten, und mit Kohlekraftwerken die notwendigen Unmengen von Elektrizität für Verkehr und Heizen sicher zu stellen. Aber es geht Habeck nicht um Vernunft, sondern um die große Transformation. „Klimaschutz” ist Mittel zum Zweck. Das zivilisatorische Modell einer auf Wachstum gründenden Wohlstandsgesellschaft ist ihm zuwider. Jetzt versucht er sich wieder in die Herzen der Bürger zu schleimen, deren Hirnverbrennung die einzige Hitzekatastrophe ist.

III.

Der scheinheilige Robert wird nicht nachgeben in seinem politischen Furor. Deshalb schwafelt er zwar davon, „Gräben zu überwinden“, aber nicht davon, „den Streit zu beenden. Gesellschaftlicher Zusammenhalt in einer Demokratie speist sich aus der Lebendigkeit der Auseinandersetzung.“ Wohl wahr. Aber er und die Grünen tun genau das Gegenteil: Sie diffamieren abweichende Meinungen als rechtsradikal, lassen kein anderes Gesellschafts- und Menschenbild zu, und erklären den Niedergang des Landes zur moralisch gebotenen Notwendigkeit. Insofern haben sie den „Oasch offen“. Wie man nicht den O, sondern die „Debattenräume“ (Habeck) öffnet, zeigte die Kabarettistin Monika Gruber, Zugpferd einer Großdemonstration in Erding, zu der 13.000 Bürger strömten, und der hoffentlich bald weitere, noch größere folgen werden. Die Zeit für bürgerlichen Widerstand scheint reif.

IV.

Der von allen guten Geistern verlassene Herausgeber der einst bürgerlichen Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Jürgen Kaube, vergab als Alleinjuror den Ludwig-Börne-Preis an Robert Habeck – an einen amtierenden Politiker: ein Unding an sich – als dieser noch nicht Bundeswirtschaftsvernichtungsminister, sondern noch Messias war, der er wieder werden will. Mit dem Publizisten Ludwig Börne hat Habeck nichts, aber auch gar nichts gemein, auch wenn er so tut und fälschlich behauptet, Börnes Ideal sei Ausgleich und gesellschaftliche Harmonie gewesen. Das Gegenteil ist wahr. Börne, der große Liberale: „Nicht darauf kommt es an, daß die Macht in dieser oder jener Hand sich befinde: die Macht selbst muß vermindert werden, in welcher Hand sie sich auch befinde. (…) Freiheit geht nur aus Anarchie hervor – das ist unsere Meinung, so haben wir die Lehren der Geschichte verstanden.“

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