Tichys Einblick
Herles fällt auf

Demokratie ohne Liberalismus ist möglich, doch sinnlos

Ist das, was die SPD treibt noch Politik oder schon Fastnacht? Die Demokratie gerät ohnehin in Gefahr; die diktatorischen Gelüste steigen mit Hilfe des Schlagworts Klimawandel schneller als der Meeresspiegel.

Dass die Demokratie die schlechteste aller Staatsformen ist außer allen anderen, zeigten gerade die Engländer. Aber nicht nur sie.

I.

Der Satz stammt ja auch von einem der ihren, von Winston Churchill. Die Engländer hatten nur die Wahl zwischen einem egomanischen Lügner und einem autoritären Sozialisten. Also eigentlich keine Wahl. Von Lügnern nimmt man wenigstens an, dass sie ihr Handeln ändern, wenn es ihnen nützt. Nie und nimmer werden die Tories, die mehr vom Niedergang der Labor party profitiert haben als von eigenen Stärken, die politisch heimatlos gewordenen roten Stammwähler binden. Sozialer Nationalismus ist eine propagandistische Droge, die nie lange wirkt. Eine Abstimmung über den Brexit war die Wahl auch nicht, weil ihn eigentlich beide, Johnson wie Corbyn wollten. Eher ging es um die Frage, wie lang die Blockade des Landes noch anhalten soll. Keinen Tag länger. Dafür riskieren die Engländer mittelfristig den Zerfall ihres United Kingdom.

II.

In Deutschland schaut es nicht viel besser aus. Die Sozialdemokraten haben jetzt auch noch ein ästhetisches Problem. Früher gab es Schwarzwaldhexen nur zur Fastnacht. Warum übernimmt den Fall der Sozialdemokratie nicht endlich das Zentrum für politische Schönheit? Oder ist das, was die SPD treibt, selbst schon Aktionskunst? Wenn die närrische Jahreszeit übers ganze Jahr gestreckt wird, kommt der Elferrat tatsächlich an die Regierung. Wie es sich gehört in einer Räterepublik. Was wir bald haben, ist eine Räterepublik von NGO´s, nicht von Demokraten.

III.

In Sachsen wurde die SPD fast zur Splitterpartei marginalisiert und darf zum Dank mitregieren. Wenn Wahlen nicht Grundlegendes bewirken, wird es gefährlich, weil die Wähler das Vertrauen in die Demokratie verlieren. Von Karl Popper wissen wir: Demokratien garantieren nicht bessere Politiker, aber gewaltlose Machtwechsel. Was, wenn das nicht mehr der Fall ist? Merkel wird seit langem niemand los. Die Parteien, die für den Wechsel sorgen sollen, versagen. Und auch ohne Merkel: Wer glaubt denn noch, dass Wahlen in Deutschland Wesentliches verändern werden?

IV.

Wenigstens am Zustand der Demokratie muss weltweit zweifeln. In Israel wird binnen eines Jahres zum dritten Mal gewählt – ohne Aussicht auf Besserung. Aber wenigstens ist das Land die einzige Demokratie in der ganzen Region. Ob in den USA Trump wiedergewählt wird oder nicht, ist absehbar ohne große Wirkung auf die Spaltung des Landes. Die Demokraten sind vielleicht berechenbarer als Trump, aber ob sie das ändern könnten, darf bezweifelt werden. Ohne Grundkonsens kommt keine Demokratie aus.

V.

Freie Marktwirtschaft ist in den real existierenden Demokratie keine Selbstverständlichkeit mehr. Auch in Deutschland wird die materielle Unabhängigkeit zunehmend eingeschränkt. Der Staat kujoniert die Bürger mit Steuern und Abgaben, die wichtigste Industrie mit Grenzwerten. Auch das trägt zur Krise der Demokratie bei. Je schwächer die Politiker, desto größer ihre Anrufung des starken Staats.

VI.

Demokratie ohne Liberalismus ist möglich, doch sinnlos. Das haben die Demokraten von Washington über London und Brüssel bis Berlin vergessen. Sonst wäre ihnen nicht das Klimaretten wichtiger als die Freiheit. Die diktatorischen Gelüste steigen schneller als die Meeresspiegel. Die demokratische Substanz schmilzt schneller als die Gletscher. Die neue grünen Ideologie wird gar nicht mehr als Ideologie wahrgenommen. Dass kaum noch jemand dagegen ankämpft, zeigt den bedenklichen Zustand der Demokratie.

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