Tichys Einblick
Vernunft der Provinz und Berliner Größenwahn

O’zapft is! Bayerns freie Wähler

Wenn die Bayern ihre Seele nicht verkaufen wollen, müssten sie aufstehen gegen die Transformation, die in Berlin gegen die Interessen des Volks betrieben wird. Dazu braucht Bayern nicht nur die Freien Wähler, sondern vor allem freie Wähler.

Das süffige Wiesenbier rauscht jetzt durch die Kehlen und der gemeine Preiß beargwöhnt die Mischung aus Rückstandig- und Fortschrittlichkeit im Süden. Wie anarchisch sind diese konservativen Bayern wirklich? Anfang Oktober wird man es bei den Wahlen sehen. Zu befürchten hat der Norden – leider – nichts.

I.

Rätsel über Rätsel: Den Kini, der seine Bayern doch an Bismarck verkauft und verraten hat, verehren sie auf ewiglich. Den Söder, der seine CSU untertänigst so gut wie an Merkel abgetreten und sein Volk mit Ausgangssperren traktiert hat, bleibt beinahe unbestritten „Landesvater“. Anarchisch seien die Bayern, heißt es, wenn es gegen die Zumutungen geht, die aus Berlin auf sie zurollen. Schön wär’s. Den selbst mitproduzierten Bullshit halten sie dann gern für höhere Gewalt. Notfalls „die letzten Preißen“ sollten die Bayern sein, fand FJ Strauß. Schicken sie deshalb brav ihre Milliarden nach Kreuzberg und Friedrichshain? Sie bezahlen die grüne Transformation im Endstadium, die auch auf Bayern übergreifen wird, solange die Übergriffigen die Ampel stellen, und dafür werden sie auch noch als „rechts“ geschmäht. Ist irgendeine Idee von Opposition in der CSU-Landesgruppe zu Berlin zu spüren gewesen?

II.

Es war einmal: Da stemmte sich der Bayerische Landtag gegen den Zentralismus und stimmte deshalb gegen das Grundgesetz – um sich zugleich der Mehrheit der deutschen Länderparlamente zu unterwerfen. Die CSU stellte in den ersten Jahren keineswegs immer den Ministerpräsidenten; zweimal saß der große bayerische Sozialdemokrat und Föderalist Wilhelm Hoegner in diesem Amt. Er koalierte unter anderem mit der Bayernpartei. Warum erzähle ich das? Weil die Bayernpartei – die seinerseits auch im Bundestag saß – so etwas gewesen ist wie heute Aiwangers Freie Wähler. Sie kam in Bayern einst auf mehr als zwanzig Prozent. Die CSU entschied sich 1950 für eine Koalition mit der SPD. Die ist allerdings heute nur noch eine linksradikale Kleinpartei in Bayern und nicht mehr der Rede wert – sonst würde auch Söder lieber mit den Sozis paktieren statt mit den Freien Bürgern. Die CSU betrachtete damals die liberale, ländliche Bayernpartei als ihren Hauptgegner und behandelte sie wie einen Feind. Nur noch hinterfotziger. Ohne die Spielbankenaffäre wäre die CSU nicht zur beherrschenden Kraft aufgestiegen. Das ist belegt. Es ging um eine Konzession, die der CSU-Generalsekretär Zimmermann einem Mann versprach, der als Gegenleistung dafür die führenden Bayernpartei-Politiker denunzieren sollte. Die Bayernparteiler wurden von der Justiz wegen eidlicher Falschaussage in lächerlichen Detailfragen zu schweren Zuchthausstrafen verurteilt. Es bedeutete den Niedergang ihrer Partei. Zimmermann dagegen schwor selbst einen Meineid – wurde aber später freigesprochen wegen angeblichen „Blackouts durch Unterzuckerung“ im Zeugenstand. So war das damals in Bayern. Da kann Aiwanger von Glück reden, dass die Sitten heute andere sind. Irgendwie erinnert die historische Intrige dennoch an die aktuelle Kampagne. Nur hat es diesmal nicht geklappt, die Freien Wähler zu erledigen. Auch weil Söder keine Alternative sieht zum bürgerlichen Bündnis. Das war damals anders.

III.

Immer mehr bayerische Wähler merken allmählich, wie sie von denen mit dem „offenen Oarsch“ da oben in Berlin, na eben verarscht und von überwiegend norddeutschen Protestanten kaputt regiert werden. Von Küstenclowns wie Habeck und Hamburger Filzokraten wie Scholz. Und sie spüren auch, dass die CSU nichts ausrichtet. Von der Energiepolitik über Migration bis zu den Covid-Maßnahmen wanzte sie sich dem grünen Mainstream an. Kurz vor der Wahl das Maul aufreißen ist zu wenig. Der protestantische Franke Söder wird sein schwaches Ergebnis deshalb wohl noch einmal unterbieten. Allzu wendiger Ehrgeiz schafft kein Vertrauen.

IV.

Wenn die Bayern ihre Seele nicht verkaufen wollen, müssten sie aufstehen gegen die Transformation, die in Berlin gegen die Interessen des Volks betrieben wird. Auch die CSU ist immer nur stark gewesen, wenn sie dem Bund widerstand, was eigentlich umso leichter fällt, wenn sie dort nicht mitregiert. Söder gibt mit „seinem“ Bayern aber an, weil es ihm um die Macht in Berlin geht, aber er kann und will Bayern nicht wirklich schützen. Die CSU müsste auf mehr Selbstständigkeit bestehen und rebellieren gegen Berliner Bürokratie und Zentralismus. Das müssten auch die Freien Wähler noch viel energischer tun, denn sie verkörpern den Stolz und die Vernunft der Provinz, die dem Berliner Größenwahn überlegen sind, und doch immer wieder nur unter die Räder geraten. Die wahre Verbierdimpfelung findet in den Köpfen der grünen Spießer statt. Merken das die Wähler allmählich? Manches spricht für einen Stimmungswandel. Dazu braucht Bayern nicht nur die Freien Wähler, sondern vor allem freie Wähler.


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