Tichys Einblick
Wahrheit und Klarheit

Eine Frage an Journalisten, Medien, Leser, Hörer und Zuschauer

Werte Leser, darf ich Sie einladen, die Beispiele "Flüchtlingskrise", "Flüchtlinge", "Klimaleugner", "Klimaskeptiker" und "Klimakrise" mit weiteren zu ergänzen, damit daraus mit der Zeit eine gemeinsame Sammlung wird?

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Warum ist die öffentliche Sprache voller Begriffe, denen Wahrheit und Klarheit fehlen? Weshalb reden alle von „Flüchtlingskrise“? Flüchtlinge in einer Krise sind doch gar nicht gemeint. Mit dem Wort bezeichnen Befürworter wie Gegner die Probleme, die sich bei der unkontrollierten Einwanderung unter Missbrauch des Asylrechts ergeben.

Die Befürworter meinen mit „Flüchtlingskrise“ Hemmnisse, denen sich die Einwanderer ausgesetzt sehen, deren Erwartungen nicht erfüllt werden. Die Gegner meinen die Folgen der Immigration für das Sozialsystem, das öffentliche Leben, die öffentliche Sicherheit, die gesellschaftliche Kultur insgesamt. „Flüchtlingskrise“ ist so oder so das falsche Wort. Staatskrise oder Politikkrise ist gemeint. Aber das sagt niemand.

„Flüchtlinge“ als Sammelbegriff für alle illegalen Immigranten haben jene im öffentlichen Sprachgebrauch verankert, die schon rein semantisch verhindern wollen, dass jemand den Unterschied zwischen den verschiedenen Kategorien von Immigranten klar macht. Diese irreführende und unredliche Bedeutung von „Flüchtlinge“ hat sich nur in der öffentlichen Sprache von Deutschland, Österreich und Schweiz durchgesetzt.

„Klimaleugner“ ist ein perfider – den Holocaust relativierender – Begriff in bewusster Anlehnung an Holocaustleugner. Zudem ist er verdummend. Klima ist ein wenigstens 30-jähriger Wetterdurchschnitt. Mir sind Leute nicht bekannt, die die Existenz des Wetters leugnen – seinen statistischen Durchschnitt noch weniger. Frage: Ihnen?

„Klimaskeptiker“ ist keinen Deut besser. Gemeint ist offensichtlich, wer die Lehre von der wissenschaftlich nur angeblich, nicht tatsächlich nachgewiesenen Hauptursache des Klimawandels bei Industriefaktoren des Menschen bezweifelt oder kritisch hinterfragt. Das gängige Argument „alle“ oder „die meisten“ „Klimaforscher“ seien sich darin einig, ist kein Argument. Nur weil eine Mehrheit einer Meinung worüber auch immer ist, handelt es sich noch lange nicht um eine (immer nur auf Zeit) gesicherte „Wahrheit“. In den 1950ern hielt übrigens die große Mehrheit von Sozialdemokraten und anderen den damaligen technischen Stand der Kernenergie für sicher.

Die Krise kann kriegen, wer aus dem Munde der grünen Spitzenkandidatin in Österreich das Wort „Klimakrise“ hörte. Wer bitte kann mir erklären, was das ist? Sollte damit eine Art Erkrankung des Wetters gemeint sein, wie kann jemand auf die Idee kommen, der Mensch könnte diese Krankheit heilen, wo er nicht einmal mit der „Finanzkrise“ fertig wird, mit der „Bankenkrise“, der „Eurokrise“ und der Krise der EU, nicht einmal der CDU.

Werte Leser, darf ich Sie einladen, diese Beispiele mit weiteren zu ergänzen, damit daraus mit der Zeit eine gemeinsame Sammlung wird?

Und für heute zum Abschluss die Frage an die Träger der öffentlichen Sprache, Politiker, Funktionäre anderer Art, Wissenschaftler und vor allem Journalisten: Warum verwendet ihr alle diese und andere Nebelbegriffe, statt differenziert zu formulieren und sachlich aufzuklären, Wahrheit und Klarheit zu fördern?