Tichys Einblick
BLICK ZURÜCK – NACH VORNE

Blackbox KW 33 – Der Lack ist ab

Hannover, Berlin, Abu Dhabi – Annalenas Frisur sitzt. Chef Olaf hat in Potsdam die Haare schön, und Karl malt sich in Indien einen roten Punkt auf die Stirn. Setzt Lindner auf den Axe-Effekt? Egal, unsere politische Elite wird zum unverkäuflichen Ladenhüter.

Trotz Maskenbildnern und Shopping-Beratern, trotz Hausfotografen und Staatsfunk-Betreuung – die Maskerade täuscht die Massen offenbar nicht mehr. Eine überwältigende Mehrheit der Bürger hat mittlerweile erkannt, dass Schminke und Pumps keine Staatsfrau machen, und Kleider keinen Kaiser. Stattdessen ahnen die Leute, dass sich Durchgeknallte, Charakterschwache, Ungelernte, Studienabbrecher, Unfähige, ein komischer Professor und mindestens ein windiger Advokat der Regierung bemächtigt haben, um Schaden anzurichten, statt ihn abzuwenden.

♦ Die Körber-Stiftung, Hinterlassenschaft eines erfolgreichen Hamburger Industriellen, der sich nach dem verlorenen Krieg um Demokratie und Völkerverständigung bemühte, hat wieder einmal nachgefragt, was die Deutschen von unserer politischen Verantwortungsgemeinschaft so halten, und die Stiftungsforscher melden, dass inzwischen auch der Dümmste begriffen hat, dass es mit dem Personal an der Spitze des Landes nur eine Richtung geben kann: abwärts. Gerade noch neun Prozent (9 !!!) der Befragten hat Vertrauen in die Parteien, diese letzten Mohikaner dürften bei den Parteien selbst irgendwie in Lohn und Brot stehen.

♦ Gewerkschaftsbonzen müssen unter den roten Brüdern als erste verzichten lernen. Wenn die Firma wegzieht, ist der Traumjob (Mahnen, Warnen, Plakate malen) dahin. Deshalb stiegen die kleinen Bonzen den Oberbonzen aufs Dach, und die Oberbonzen – die Vorsitzende des DGB und die Chefs der Einzelgewerkschaften IG Metall und IG Bergbau, Chemie, Energie – verfassten einen Brandbrief an Chef Olaf, unterschrieben sogar vom Klassenfeind, den entsprechenden Unternehmerverbänden. 
Den Genossen geht die Düse wegen der unbezahlbaren Strompreise, die die rot-grün-gelbe Regierung mit allerlei „Entlastungsinstrumenten“ auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau bringen wollte. Auf sechs Cent pro Kilowattstunde sollte ein sogenannter „Industriestrompreis“ herunterreguliert werden, Chef Olaf, temperamentvoll wie er nun mal ist, schwebten gar nur vier Cent vor. Dumm, dass Scholz sich mal wieder nicht erinnern kann. Er hält solche Unterstützungsmaßnahmen inzwischen für ein „schuldenfinanziertes Strohfeuer“ (was nicht ganz falsch ist) und nimmt Abstand.

♦ Daheim ist unsere Ministerriege ja schon eine Zumutung, aber wenn sie auf Reisen geht, dürften sich ältere Regierungsvertreter im Ausland eher an eine Komikertruppe wie Monty Python erinnert fühlen als an ernstzunehmende Amtskollegen. Damit auch die Heimat an ihren Eskapaden teilhaben kann, wird diese eifrig über Twitter auf dem Laufenden gehalten. So grüßt Hitzeminister Karl fröhlich aus dem Zydus Hospital in Ahmedabad, Indien, und schwärmt, dieses Krankenhaus sei „hoch digital und nutzt KI zur besseren Versorgung … Wir informieren uns hier über diese Technologie, die auch für Deutschland interessant ist.“

♦ Wieder einmal sagt ein Bild
 mehr als 1.000 Lauterbachworte. Spottet die Herzchirurgin Claudia Schmidtke: „Solange ich analoge Akten herumliegen sehe, bin ich weit entfernt davon, an ein hoch digitalisiertes Klinikum zu glauben.“ Anderen Betrachtern der Karlschen Reise-Tweets fiel auf, dass sich der deutsche Minister einen roten Punkt zwischen die Augenbrauen gemalt hat, wie er in Indien für verheiratete Frauen typisch ist. Will Karl jetzt Loretta heißen?

♦ Unsere Annalena besuchte derweil unsere wichtigsten Handelspartner in Australien, Neuseeland und Fidschi, beziehungsweise, sie wollte. 
Denn ihr Bundeswehrflieger schaffte es nur bis Abu Dhabi, und Weiterflug mit Linie kam natürlich wegen CO2 nicht in Frage. So verpasste Annalena das WM-Halbfinale der Frauen in Sydney, und das indigene Volk der Kaurna wartete vergeblich auf die versprochene Rückgabe von Kulturgütern (ein Speer, ein Grabstock, ein Netz zum Fischfang sowie eine Keule) aus der Kolonialzeit. Bevor Sie jetzt vergeblich nach deutschen Kolonien in der Region forschen: Zwei evangelische Missionare sackten die Pretiosen bei einer Forschungsreise ein.

♦ Weil wegen technischer Pannen beim fliegenden Baerbock-Express zweimal 80.000 Liter Kerosin abgelassen werden mussten, geißelten Klimamaßnahmenopfer die Umweltschädlichkeit der Reise, manche vermuteten mindestens 50 Journalisten als willige Claquere, sowie Baerbocks Familie unter der Entourage. Jedenfalls war die billige Propagandanummer nach hinten losgegangen. Grinst Chef Olaf da etwa in sich hinein? Die Tagesschau insinuiert, Olaf habe seine Ministerin absichtlich mit einem Pannenjet fliegen lassen.
 
Er selber nutze nämlich seit längerem einen von zwei „neuen, teuren A 350“, die aber seien für Baerbock leider nicht verfügbar gewesen, so das Verteidigungsministerium, das Chef Olafs SPD-Buddy Pistorius untersteht.

♦ Nun, da Annalenas saumäßige Ökobilanz die Gazetten umtreibt, versucht Parteichefin Ricarda Lang das Bild der heuchlerischen und vielfliegenden Grünen geradezurücken. Wenn es sie zu ihrer Liebe nach Hannover ziehe, sagte Lang der Bunten, nutze sie gerne die Dienste der Deutschen Bahn (als Bundestagsabgeordnete steht ihr ein freies Erste-Klasse-Ticket zu), und wenn sie keinen Sitzplatz habe, sitze sie „auch mal im Gang auf dem Boden“.


♦ Wieder einmal stürmte es im liberalen Wasserglas, nachdem die Grünen Christian Lindners „Wachstumschancengesetz“-Präsentation platzen ließen. Dafür schickten sie Gedönsministerin Lisa Paus vor, die Kinderarmutsbekämpfung in die Industrierettung integriert sehen will. Die Grünen hätten die wirtschaftliche Lage des Landes immer noch nicht verstanden, schimpften die Liberalen, Kubicki findet „es einfach nur dumm von Frau Paus“, 
dabei waren die Gelben zum x-ten Male auf denselben Trick hereingefallen. Damit Lindner sich nicht mit dem Chancengesetz aufplustern kann, haben ihm die Rotgrünen schnell die geplante Pressekonferenz versaut und kündigten an, die Wachstumschancen mit all den anderen großartigen Ideen Ende August gemeinsam zu verkünden.

♦ Im ZDF-Sommerinterview kam die Reihe nun an Chef Olaf. „Alles läuft gut“, so der SPD-Kanzler, stets ängstlich darauf bedacht, ein falsches Gesicht zu wahren. Er könne „keine Schwäche der Wirtschaft erkennen“. Anderntags, bei sich zuhause um die Ecke in Potsdam, ließ er im „Bürgerdialog“ mit zufällig anwesenden Genossen und Grünlackierten einen Fragesteller wissen, von den Terroristen, die die Pipelines in der Ostsee sprengten, „kann keiner auf Rücksicht hoffen“,
 „und wir werden nicht, weil uns das Ergebnis nicht gefällt, das nicht zur Anklage bringen“, drechselte er hinterher. Warum sollte ihm das Ergebnis nicht gefallen? Schließlich gibt es, so Scholz, „keinerlei Indizien, dass die USA oder Großbritannien hinter dem Anschlag steckten“. Da kann man Chef Olaf nicht mal eine dreiste Lüge unterstellen, denn wahrscheinlich liest er einfach keine Zeitungen mehr, und vom US-Pulitzerpreisträger Seymour Hersh hat er wahrscheinlich seit Abu Ghraib nichts mehr gehört.

♦ Kaum steigen die Temperaturen im August wieder ein wenig, ist auch schon, ganz wie von Professor Lauterbach prophezeit, ein Hitzeopfer zu beklagen. 
Ein Bademeister im beliebten Berliner Columbia-Freibad, der Kraft seines Amtes darauf bestand, dass zwei Frauen mit Kinderwagen den vorgeschriebenen Ausgang zu nehmen hätten, wurde von kurz herbeigerufenen Verwandten darüber aufgeklärt, dass seine Regeln nicht unter die amtlichen, sondern unter die täglich auszuhandelnden fallen.

♦ Der WDR, der in einem freien Markt längst nicht mehr existent wäre, baut seine Propagandazentrale in Köln für schlappe 240 Millionen Euro um. Zugleich überarbeitet die rotgrüne Anstalt ihr Archiv. So werden alte Otto-Filme und Harald-Schmidt-Sendungen mit einem Warnhinweis versehen, wie man es von Zigarettenschachteln kennt. Die alten Beiträge, wird alarmiert, enthalten „Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden“. Mitglieder linker Parteien mögen bitte bei solchen Witzen – „Das Stück heißt Ping-Pong. Die Frau verkörpert das kosmische Prinzip des Ping, während ihr der Mann dabei an den Pong fasst.“ – in den nächstgelegenen Witzeschutzbunker gehen, um keinen dauerhaften Schaden zu nehmen.

♦ Wie schnell sich der Humor ändert, zeigt der Fall Sigmar Gabriel, alias Scherzkeks Siggi. Weder könne man unbegrenzt viele Menschen aufnehmen, noch existiere irgendwo auf der Welt ein Recht auf unkontrollierte Einwanderung, kalauerte der ehemalige SPD-Chef gerade in einer Parteizeitung. Und zur Armada der Mittelmeermigranten scherzte er: „Wir müssen diese Leute dann allesamt in das Land zurückbringen, wo ihr Schiff gestartet ist.“ 
Hier wäre zwingend der „Enthält Passagen, die als diskriminierend betrachtet werden“-Hinweis erforderlich gewesen. Denn 2015, noch in Amt und Würden, bescheinigte Siggi denen, die genau dasselbe forderten, völlig zu Recht, dass „diese Leute mit dem Land Deutschland, wie wir es wollen, nichts zu tun” haben. Sie seien „Pack“, das „man einsperren“ müsse.

♦ Ist das nicht nett? Ein Oppositionspolitiker in Polen wünscht „den Deutschen Glück, dass sie bald wieder niedrigere Energiepreise haben“. Nett? Witzig? Oder zynisch? Wir überlegen noch.

♦ Alle Jahre wieder wird der Alpen-Ötzi neu analysiert. Jüngste Ergebnisse: Ötzi hatte „dunkle Augen und sehr dunkle Haut“. 

Klingt, als habe sich schon damals ein Afghane auf den langen Weg nach Allemannda gemacht.

Schönen Sonntag!


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