Tichys Einblick
Blick zurück – nach vorn

Blackbox KW 29 – Wildschweine und Zwischenreichsbürger

Was können wir aus der Berliner Fabel vom Löwen, der ein Wildschwein war, lernen? Es kommt nicht darauf an, was man sieht, sondern wie man etwas definiert …

Gottseidank hat Berlin mehr Fachkräfte aller Art als irgendeine Stadt sonst auf der Welt, so konnte schnell festgestellt werden: Die Löwin, die die Polizei rund um Kleinmachnow nach einem Videohinweis aus der Bevölkerung trotz Schleierfahndung nicht aufspüren konnte, war ein Wildschwein. Und selbstverständlich kann in einer Stadt, in der Rot als Grün gilt, eine Woche Hitze als „Klima“, ein Mann als Frau und ein Habeck als Energiegenie, ein Löwe auch ein Wildschwein sein. Warum denn auch nicht?

♦ Weder Zoo noch Zirkus hatten einen Löwen als vermisst gemeldet, aber als sich dann Remmo-Clanbruder Firas (Villa in Kleinmachnow) einschaltete („Wenn jemand was weis bitte erst an mir Bescheid geben dann führen wir die Löwin in ihr Gehege zurück bevor irgendein trottel die abknallt“), 
drohte die Angelegenheit in eine politisch unerwünschte Richtung abzugleiten. Dann doch lieber Wildschwein.

♦ Seit ein paar Tagen ist der gebürtige Waiblinger Alfonso Pantisano, SPD, der erste Queerbeauftragte des Landes Berlin, und das ist der stolzen Heimatzeitung eine kleine Eloge wert.
Von der Vertreibung des Homosexuellen Alfonso aus dem Haus der kalabrischen Eltern, von Lehr- und Wanderjahren als Kellner, Fotograf, Tänzer, Aktivist, Coach, Moderator, bis hin zum Politikberater für besondere SPD-Talente wie Martin Schulz. Kaum im Amt verklagte Alfonso (auf Kosten des Landes Berlin natürlich) gleich ein paar Journalisten wegen „Volksverhetzung“, 

weil die das Hissen der Regenbogenfahne vor dem Berliner Polizeipräsidium an die dunkle Zeit erinnerte, in der schon einmal eine Bewegung ihre Fahnen dort flattern ließ.

♦ Und dann ging’s erst mal zum Tanz. Christopher Street Day Rummtata mit dem neuen CDU-OB Kai Wegner, da ist er tolerant, der Alfonso. Wegner war so gerührt, dass er gleich versprach, Artikel 3 des Grundgesetzes zu ändern.
 Dabei sind dort sämtliche Geschlechter längst inkludiert …

♦ Überhaupt ist dieses Grundgesetz der letzte einzigartige Exportartikel, den wir noch haben. Woanders ist es nämlich nicht so schön. In Syrien etwa, weiß Mohamad Alkhalaf, Autor bei der Süddeutschen Zeitung, soll es nämlich schon als obszön gelten, in der Öffentlichkeit an einem Eis zu schlecken. 

Vor allem, wenn Frauen das tun, kommen Syrern wie Mohamads Freund, über den er schreibt, ganz schnell Bilder in den Kopf, die ihn wahrscheinlich automatisch an schmutzige Filme der Ungläubigen erinnern. Und ja, logischerweise geht ihm das auch bei Bananen essenden Frauen so, weshalb in Syrien Bananen vor dem Verzehr in Stücke geschnitten werden. So steht es zumindest geschrieben in der Süddeutschen, und vielleicht auch im Koran, man kann nur ahnen, wie Mohamads Freund diese in ihm ausgelösten Bilder bekämpfen musste, bis man auch die kultursensiblen SZ-Redakteurinnen endlich dazu bringen konnte, ihre Bananen zu schneiden und ihr Eis gefälligst zuhause aus der Box zu löffeln!

♦ Der Twitter süchtige Karl Lauterbach irrlichtert urlaubend durch Italien, aber wie ein Spezialdemokrat nun mal ist, geht es nicht ohne das, was der Sozi „Arbeit“ nennt, sprich, er fordert dies und das. Etwa, dass Kirchen auch Ungläubigen als Kälteräume dienen sollten. 

Das wurde sofort von hiesigen Bettelbischöfen unterstützt. Hauptsache, es kommt überhaupt noch einer.

♦ Wenn die Großen im Urlaub sind, versucht sich die zweite Reihe an den unlösbaren Problemen der Zeit, die die Hauptverantwortlichen unbeachtet links liegen gelassen haben. CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei etwa wirft elegant ein neues Asylrecht in die Luft, das FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai gekonnt auffängt und zurückwirft. 

Während sich die Kolonnen der Vollversorgungssucher unaufhaltsam nord- und westwärts schieben.

♦ Unsere politische Elite hat nämlich nur ein Problem: Dass die AfD ihrem bunten Treiben ein Ende bereiten könnte – inzwischen meldet der Deutschlandtrend bereits 22 Prozent für die Protestpartei. Da bringt Merkels Ostbeauftragter Marco Wanderwitz wieder mal die Idee eines „kompletten Verbots der AfD“ auf den Tisch. Anscheinend hat Pfarrer Gauck aus Dunkeldeutschland doch recht, als er bei Lanz sagte, einige Ossis (wie dieser Marco?) könnten sich nicht von ihrem „autoritären Lebensprinzip“ (verbieten, einsperren) trennen.

♦ Wenn er mal anfängt, der zänkische Pfarrer, dann findet er so schnell kein Ende. Und so beschimpft er, getreu langerprobter Kirchentradition (Sprach der König zum Priester: „Halt du sie dumm, ich halt sie arm“), seine Landsleute als in „dieser offenen Gesellschaft“ noch nicht Angekommene. Gauck: „Sie sind in einem Zwischenreich“. 

Zwischenreich!? Was sagt Schlapphutchef Haldenwang? Beobachtet er jetzt auch Zwischenreichsbürger?

♦ Aber selbst Joachim Gaucks eigenes Zwischenreich ist nicht von dieser Welt. Sicherlich, auch dort gibt es manche Versuchung (AfD), aber die Schar der Engel hat alles im Griff. Etwa unser Energieengel Habeck. Der habe die Fähigkeit, mit Menschen so zu sprechen, als wären sie „richtig erwachsen“. Jedenfalls hat er, der richtig erwachsene Gauck, das mit der Energiewende („Gas- und Atomkraftwerke zu Windrädern“) erst nach Roberts Erklärungen so richtig verstanden.

♦ Kevin Kühnert ist offenbar allein in der SPD-Zentrale, und so fanden auch seine Äußerungen („Die Wut der Minderheit darf nicht zum Ohrwurm der Mehrheit werden“) das dankbare Ohr der Presseurlaubsvertretung. Die schweigende Mehrheit müsse ihr Schweigen beenden. „Deswegen: Rein in die demokratischen Parteien, Gewerkschaften und Vereine – Farbe bekennen!“ 
Dabei bekennen doch immer mehr Farbe. Zu Blau inzwischen mehr als zu Rot oder Grün.

♦ Im Rahmen ihres „Elite-Panels“ für die FAZ berichtet das Allensbach-Institut, dass 76 Prozent von befragten knapp 500 „Vorständen, Geschäftsführern, Spitzenpolitikern und Behördenchefs“ Herrn Habeck bescheinigen, ein Vollversager zu sein. Nur 24 Prozent meinen, der Robert mache „eine gute Arbeit“. Das dürften wohl die befragten „Spitzenpolitiker“ und ein paar „Behördenchefs“ sein. Das Ergebnis von gerade mal knapp zwei Jahren rotgrüner Politik unter aktiver Duldung der FDP: Zwei Drittel der Befragten gehen davon aus, dass Deutschland uneinholbar abgehängt wird – durch hohe Energiepreise und einen Rückstand bei der Digitalisierung. Hätte man die Spitzenpolitiker nicht mitgezählt, wäre das Ergebnis wahrscheinlich einstimmig gewesen.

♦ Friedrich Merz will bekanntlich die Zahl der AfD-Wähler halbieren, und nun hat er auch seinen genialen Plan veröffentlicht, wie das gehen soll. Um AfD-Wähler zu verwirren, erklärt er einfach die Union zur „Alternative für Deutschland“, allerdings zu einer Alternative „mit Substanz“
 (sprich mit Röttgen, Wüst, Wanderwitz, Günther, Strobl, Wegner, Prien etc.). Superschlau! Erfolgversprechender erscheint das Projekt der Grünen, ihre Wählerschaft bis zur nächsten Bundestagswahl zu halbieren. Sie sind immerhin schon auf dem richtigen Weg mit ihren 13 Prozent (Deutschlandtrend) – so wenig hatten sie seit fünf Jahren nicht mehr.

Schönen Sonntag!


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