Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 19 – Olaf, der Gipfelstürmer

Flüchtlingskrise gelöst, Heizungsgesetz so gut wie durch – dem Beobachter wird ganz schwindelig vom Deutschland-Tempo unserer politischen Verantwortungsgemeinschaft. Bald bleibt gar nichts mehr zu tun …

Der Markt für bezahlbaren Wohnraum kollabiert, jetzt mischen Migrantenkinder schon deutsche Kitas auf (Focus), im Homeland NRW ist Kreisligafußball kaum noch ohne „Security“ möglich, Städte und Gemeinden können die vielen Gäste nicht mehr unterbringen und bezahlen – da dachte Chef Olaf, es müsste wieder mal ein „Flüchtlingsgipfel” her. Und was sollen wir sagen? Das wäre damit auch erledigt. Entscheidung über Flüchtlingskosten: vertagt. Neuer Flüchtlingsplan für Deutschland: in Arbeit. Effektives Rückführungsmanagement für Personen ohne Bleiberecht: von großer Bedeutung. Belohnung für den Arbeitskreis: Wiener Würstchen und Kartoffelsalat.

♦ Leider können wir Dr. Angela Merkel im Nachhinein den Vorwurf nicht ersparen: Die Verträge, die sie mit den EU-Partnern ausgehandelt hatte, waren wohl nicht wasserdicht. Drittstaatenregelungen, Rücknahme-Abmachungen – alles für die Katz. Seit 2014 hat Migrationsmagnet Deutschland 450.000 Rücknahmeanträge an seine Partnerländer gestellt, zurückgenommen wurden gerade mal 47.000. Am deutlichsten zeigt Griechenland, was es von der deutschen „Flüchtlingspolitik“ hält: Nachdem unsere Regierungsgenies mit viel Fleiß Griechenland 2021 zehntausend Rücknahmeanträge zustellten, nahmen die Griechen einen Flüchtling zurück (in Ziffern: 1).

♦ Was diese „Wärmewende“ betrifft, da müssen wir nochmal ran, sagten die Vertreter der Klimaparteien im Bundesrat (also alle) und haben auch gleich ein paar tolle Ideen eingebracht. Warum sollen nicht alle Rentner von der Zwangsumstellung ausgenommen werden, statt nur die 80-Jährigen? Und müssten nicht deutlich höhere „Förderungen” bereitgestellt werden? Und was ist mit dem Umstellungstermin „im Hinblick auf Lieferengpässe und erforderliche Ressourcen bei Fachhandwerkern“? Na gut, so die SPD einsichtig, die Genossen könnten sich durchaus vorstellen, dass das neue Gebäudeenergiegesetz erst im April oder Juli 2024 statt im Januar in Kraft tritt. Bis dahin müssten ja wohl genügend Fachhandwerker eingewandert sein. Und wieder mal alle Probleme gelöst.

♦ „Wärmewende ohne soziale Kälte“? Was will uns die Merz-CDU damit sagen? Haben die rotgrüne Sprücheklopper eingestellt? Es gilt auch für die Schwarzen die Gewitterweisheit: Buchen sollst du suchen, Graichen sollst du weichen – oder verstehen die Schwarzen von der Natur inzwischen genauso wenig wie die Grünen?

♦ Schon wird das nächste große Ding in Angriff genommen. Die Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. „Die muss kommen, wenn wir uns als Gesellschaft geschlechtergerecht weiterentwickeln wollen“, so die Bundestags-Grünhüpferin (TikTok) Emilia Fester – wobei unklar ist, ob die Gesellschaft sich geschlechtergerecht noch weiterentwickeln will, oder ob die Gesellschaft überhaupt weiß, was das sein soll. Selbst Emilia dürfte kaum wissen, wovon sie spricht, schließlich ist der mal kurzzeitig als „freischaffende Regieassistentin“ Werkelnden die Arbeitswelt völlig fremd. SPD-Parteichefin Saskia Esken bringt wenigstens einige Erfahrungen als Paketzustellerin, Kellnerin und „Softwareentwicklerin“ (für letztere Tätigkeit lassen sich leider keine Belege finden) mit in die aus der rotgrünen, heißen Luft gezauberte Debatte und wirft der unter Fachkräftemangel leidenden Wirtschaft ein Zuckerl zu: „Mit dem Angebot einer Viertagewoche in Vollzeit können Arbeitgeber ihre Attraktivität in einem Arbeitsmarkt erheblich steigern.“

Es ist wie beim Klima, dem es herzlich egal ist, ob Deutschland sich CO2-mäßig abschafft oder nicht: Mit „Geschlechtergerechtigkeit” hat das alles nichts zu tun. Dafür umso mehr mit rotgrüner Arbeitsscheu und Märchenerzählkunst.

♦ Kann es sein, dass uns soeben ein afrikanischer Prinz gelassen ausgesprochen hat, was Hauptstadtjournalisten nicht gerne hören? „Es tut mir leid, aber Ihre Außenministerin ist zu jung“, sagte der nigerianische Prinz Okpame-Edward Oronsaye der Berliner Zeitung: „Sie hat keine Erfahrung, und manchmal merkt man das, wenn sie spricht.“ Annalena hatte bekanntlich zusammen mit der grünen Claudia Roth – ein ähnlich intellektueller Überflieger – sogenannte Benin-Bronzen aus deutschen Museen im Rahmen des grünen Schuldkultes an den Herrscher von Nigeria „zurückgegeben“. Leider fehlt ihr jede historische Bildung. Denn Deutschland habe überhaupt keinen Anlass, sich für den Besitz der Bronzen schuldig zu fühlen, so der Prinz, schließlich hätten die Briten die Bronzen geraubt.

♦ Was kann es für einen chinesischen Finanzminister Wichtigeres geben als ein Treffen mit Christian Linder, fragt sich Christian Lindner. Die chinesische Regierung hatte Lindner kurzfristig ausgeladen, hoffe aber, so der chinesische Außenminister Qin Gang diplomatisch in Berlin, Herrn Lindner „bald in China begrüßen zu dürfen“. So bald allerdings auch wieder nicht, denn Peking ist verärgert über den Taiwan-Besuch einer FDP-Mandarinin, deren Name uns gerade entfallen ist. Wie sagt Konfuzius? Nur Langnasen spucken in die Suppe, die sie selbst essen wollen.

♦ Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat offenbar Konfuzius gelesen. „Es ist grundverkehrt“, so der tapfere Mann, „auf unseren größten Wirtschaftspartner mit Moralpolitik einzutrommeln.“ Der Mann erinnert sich wohl noch an den Fall Litauen. Nachdem eine diplomatische Taiwan-Vertretung in Vilnius eröffnet wurde, blieben Litauens Waren ungelöscht in chinesischen Häfen. Litauen?, so der chinesische Zoll damals, Litauen kennen wir nicht.

♦ Noch stehen Lieferungen der Firma Biontech-Pfizer in zweistelligem Milliardenwert aus, dabei wurde Corona europaweit längst abgesagt. Deshalb hat sich inzwischen Ursel von der Leine der Sache angenommen. Das Zwischenergebnis der Nachverhandlungen zwischen der EU-Kommission und Pfizer ist nun durchgesickert, leider nicht zur deutschen Presse, sondern zur Financial Times. „Wenn deren Berichte zutreffen“, so der Europaabgeordnete Sonneborn von „Die Partei“, „dann schlägt die Kommission vor, die Pfizer gegenüber bestehende Zahlungsverpflichtung in Höhe von 10 Milliarden Euro durch eine Pfizer gegenüber bestehende Zahlungsverpflichtung in Höhe von 10 Milliarden Euro zu ersetzen.“ Vielleicht hat unsere Presse aber auch Ursels Hütchenspieler-Trick nur nicht kapiert …

♦ Außerdem würde die neue Schweinerei nach dem dubiosen SMS-Deal, der inzwischen von der Staatsanwaltschaft untersucht wird, nicht zum Lobgesang passen, den der Staatsfunk vorgegeben hat: Ursel von der Leyen ist „hoch angesehen in ganz Europa und darüber hinaus, bis nach Washington – weil sie Europa unaufgeregt und sicher durch schwere Krisen geführt hat. Sie hat Impfstoff für alle beschafft, Sanktionen gegen Russland paketweise organisiert und Quertreiber wie Orban und Morawiecki mit Geldentzug unter Druck gesetzt“. Sie lebe hoch! Hoch! Hoch!

♦ Ach, wie schön war‘s in Coronia! Professor Drosten von der Schwarzmal-Klinik hat als Ersatz schon das nächste Virus in der Pipeline. „Fieber, Schüttelfrost, Kopf- sowie Rückenschmerzen, vor allem bei älteren Menschen und Patienten mit Vorerkrankungen.“ Das klingt wie Corona, gemeint ist aber das West-Nil-Virus. Bei dem kommt als Verbreitungsbegünstiger sogar noch der Klimawandel ins Spiel, so dass wir von einer großen Zukunft ausgehen können. Wohl dem, der seine Masken noch nicht weggeworfen hat. Und, ob Sie es glauben oder nicht, es gibt bald „möglicherweise einen Impfstoff“. Können wir nicht einfach die Corona-Plörre nehmen? Die hat ja auch so gut gewirkt.

♦ Wer Corona sagt, muss auch Karl Lauterbach sagen. Der sprach in Berlin ein Grußwort auf dem Psychotherapiekongress. Er rechne mit einer „weiteren Zunahme von psychischen Erkrankungen“, so der SPD-Professor, womit er anscheinend besonders die epidemische Straßenkleberei meint. Denn, so seine Forderung, man müsse „der Verzweiflung unserer Kinder durch die Klimakrise“ begegnen. Mit Therapiesitzungen?

Bremen? Was ist in Bremen?

Schönen Sonntag!


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