Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 39 – Prost Wahlzeit – jetzt haben wir den Salat

Merkel und Schulz leiden an der gleichen post-elektionalen Wahrnehmungsstörung. Siggi und Heiko sind verschwunden. Und Woelki bestraft einen seiner Hassprediger mit Strafrudern im Flüchtlingsschiff im Dom.

Das Ergebnis der Bundestagswahl lässt sich in Kürze so zusammenfassen: Merkel übernimmt „in Gottes Namen“ die Verantwortung, Heißluft-Horst ist auf Bewährung. Frauke Petry geht ins Zeugenschutzprogramm und für Martin wird eine lukrative Anschlussverwendung gesucht. Cem Özdemir blättert Dienstwagenkataloge und Christian Lindner weiß natürlich, dass die Frage „Wen würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?“ für ihn eine rein rhetorische ist. Denn sowohl die Damen Roth, Künast, Peter als auch Göring-Eckardt haben längst ihren Jamaika-Koffer gepackt …

♦ Freiwillig verlässt 100-minus-80%-Schulz die Brücke nicht. Er schrieb den „lieben Genossinnen und Genossen“ einen Brief, aus dem wir zitieren wollen: ‚Wir müssen die Wahrheit aussprechen, dafür bin gerade ich bekannt. Genosse Sigmar hat mich reingelegt. Er hat mir viel „zu wenig Zeit für die Vorbereitung der Kampagne gelassen“! Da war „ein struktureller, organisatorischer, inhaltlicher und strategischer Neuanfang“ unmöglich. Und dieser Gerechtigkeitsquatsch war doch nicht meine Idee! Der wurde mir eingeredet. Am liebsten hätte ich den Kram jetzt hingeschmissen. Aber nach „unzähligen Gesprächen“ mit Hubertus Heil habe ich mich entschieden, euer Chef zu bleiben und „bis 2021 die Stimmen für die SPD zu verdoppeln“. Euer Martin.

♦ Während Schulz also noch unter Wahrnehmungsstörungen leidet, nutzte Andrea Nahles die Gunst der Stunde, und schon ist sie das neue Kommando-Dickschiff der SPD-Kampfflotte. Sofort kündigte sie an, den politischen Gegner nun nicht länger zu schonen – sondern, wie es bei der Partei des akademischen Proletariats jetzt heißt, „ab morgen kriegen sie in die Fresse“.

♦ Große Sorgen macht sich das politische Berlin um zwei unbegleitete Flüchtlinge, die aus dem Willy-Brandt-Haus seit der Wahl verschwunden sind. Die zwei, in Parteikreisen liebevoll Dick und Doof genannt, mögen bitte bei Zahnärztin Anke Stadler, Goslar, oder der Großschauspielerin Natalia Wörner abgegeben werden. Hinweise nimmt auch die Firma Westwing entgegen.

♦ Die Bayern haben nach ihrem katastrophalen Ergebnis sofort die Konsequenzen gezogen und den Verantwortlichen entlassen! Früher wär‘ das bei der CSU übrigens genauso gewesen, aber die spielt halt nicht mehr in der Champions-League …

♦ Mit etwas Verspätung (er wollte wohl warten, ob sie nicht doch zurücktritt, nachdem ihre Regierung auseinandergefallen war) hat Donald Trump Merkel zu ihrem „Wahlsieg“ gratuliert. Das ist bitter!

♦ Frank-Walter, der erste Steinmeier, ließ die TV-Macher seinen Zorn über das Wahlergebnis spüren. Die hätten Sie-wissen-schon-wem „für jede Provokation eine Einladung in eine Talkshow“ gegeben. Euer Majestät, gestatten Sie untertänigst eine Frage: Sind Eurer Gnaden jetzt auch Bundesprogrammdirektor? Statt nur Bundesfrühstücksdirektor?

♦ Der bei Kritikern hoch gefeierte Schauspieler, Regisseur und Restaurantbesitzer (Glas Leitungswasser € 4,20?) Til Schweiger ist wütend über jede Stimme für eine Partei, „deren Großväter dieses wunderbare Land völlig zerstört haben, indem sie den schlimmsten aller Kriege angezettelt haben“. Mein Gott, wir verstehen ihn ja, aber in einem Punkt müssen wir ihn trotzdem korrigieren: Es waren die Väter von z.B. Gabriel und Trittin, die das gemacht haben, nicht die Großväter.

♦ Vorbildlich, wie die katholische Kirche mit ihren verbal Entgleisten umgeht. Der Sprecher des Bischofs von Köln musste sich nach einem Hass-Tweet („Tschechien, wie wär’s: Wir nehmen Euren Atommüll, Ihr nehmt Sachsen?“) nicht nur halbherzig entschuldigen, sondern wurde zugleich zu zwölf Vater Unser und einer Stunde öffentliches Strafrudern im Flüchtlingsschiff, das Woelki im Kölner Dom aufgestellt hat, verdonnert.

♦ Genug des Rückblicks auf die Wahl, lasset uns in die Zukunft schauen! Saudi-Arabien erlaubt Frauen das Autofahren. Leute, habt ihr euch das auch genau überlegt? Nicht wegen Einparken und so. Aber ehe ihr euch verseht, habt ihr eine Fatima Roth im Parlament und eine Karima Erdogan-Eckardt interpretiert eure heiligen Schriften. Und am Ende kommt die Raute.

♦ Frauke Petry und ihr Mann Marcus haben die AfD verlassen und machen von der Kronzeugenregelung Gebrauch. In Zukunft werden sie ihr Wissen über Tatsachen offenbaren, die wesentlich zur Abschaffung einer neu im Bundestag vertretenen Partei beitragen könnten. Zum Dank wird Fraukes Stühlchen im Bundestag näher an das der Kanzlerin gerückt und die Exkommunikation seitens der Betbrüder und Medienbeschwörer aufgehoben. Zudem werden die Talkshow-Honorare erhöht.

♦ Vielleicht hat sich Schlagerkönig Wolfgang Petry doch zu vorschnell einen neuen Namen (Pete Wolf) zugelegt – jetzt, wo der Name Petry kulturell nicht mehr kontaminiert ist?

♦ Wo wir schon bei der deutschen Kultur sind: Ein Schausteller der Münchner Wiesn klagt, dass er keine Leute kriegt, obwohl er „jeden Vollpfosten“ nehmen würde. Das haben wir nun davon, dass wir nur Ingenieure und Ärzte einwandern lassen. Vielleicht wäre der Job ja auch was für Anton Hofreiter oder die fleißige Katrin Göring-Eckardt gewesen (frische Luft, Elektro-Karussell), aber es ist nicht ausgeschlossen, dass die bei ähnlichen Einstellungs-Voraussetzungen einen Job in der Regierung annehmen.

♦ Apropos Oktoberfest: Wir müssen Antifa und Kahane-Team dringend vor Aktionen gegen den ziemlich großen NPD-Tisch im (Name geheim)-Zelt warnen. Es handelt sich in Wirklichkeit nur um den jährlichen Wiesn-Stammtisch des BND, der da inkognito die Sau rauslässt …

♦ Was treibt Merkel? Wolfgang Schäuble, der Finanzminister der ganz Europa in Angst versetzte, soll jetzt als Bundestagspräsident nur noch seine persönlichen Mitarbeiter und die AfD erschrecken? (Beim Griechen gab‘s nach der Nachricht einen Ouzo aufs Haus!) Und ist Peter Altmaier wirklich der richtige (Interims-)Nachfolger in Zeiten, in denen wir den Gürtel enger schnallen müssen?

♦ Truppen-Ursels Ghostbusters untersuchten „391 rechtsextreme Verdachtsfälle“, wovon sich drei bestätigten. Viel aufschlussreicher wäre zu wissen, wie sich die Denunzianten zusammensetzen in Punkto Gender, Neigungen, Parteizugehörigkeit …

♦ Die Justiz stellte übrigens das „Putsch“-Verfahren gegen einen Oberstleutnant „wegen Substanzlosigkeit“ ein. Sogar die Geisterjäger vom Spiegel bezeichneten das Gebaren der Ursula von der Leine als „eine Art Hexenjagd“. Was sprachlich nicht ganz korrekt ist. Bei der Hexenjagd ist die Hexe auf der anderen Seite!

Der Heiko der Woche (Denuntio Ergo Sum)

Über Monate haben „Studierende der TU Darmstadt über rassistische Aussagen eines Biologie-Dozenten Protokoll geführt und diese an den AStA weitergleitet“. Der Dozent verlor daraufhin die Lehrerlaubnis. Solch eifriger Verleumdungsgeist verdient den Heiko, stellvertretend virtuell überreicht an den AStA.