Tichys Einblick
US-Präsidentschaftswahlen

Trump liegt in fünf entscheidenden „Swing States“ vor Biden

Wären morgen Wahlen in den USA, hieße der neue Präsident Donald J. Trump. Sein Vorsprung vor den republikanischen Herausforderern und Amtsinhaber Joe Biden scheint unaufholbar. Bringt ein Relikt aus den Zeiten von „Fackeln im Sturm“ ihn noch zu Fall?

Donald Trump in Las Vegas, Nevada, USA, 28. Oktober 2023

IMAGO / ZUMA Wire
Laut Umfragen der Times und des Siena Colleges liegt Trump in fünf heiß umkämpften Swing States – Arizona, Georgia, Michigan, Nevada und Pennsylvania – bis zu 10 Prozentpunkte vorn. Einzig in Wisconsin hat Biden die Nase noch hauchdünn vorn. Trump hat sogar den klassischen Vorsprung der Demokraten bei jüngeren, schwarzen und hispanischen Wählern zunichte gemacht. Sie sehen die Politik, die Trump als Präsident verfolgte, deutlich positiver als die Politik des aktuellen Präsidenten. 22 Prozent der Schwarzen und 42 Prozent der Hispanics halten Trump für den besseren Kandidaten. Ein absolutes Novum für einen Republikaner. Trump scheint sogar, so die Times, „noch Wachstumspotenzial zu haben, da mehr Wähler bereit sind, den ehemaligen Präsidenten zu unterstützen, als Biden“.

Nur beim Thema Abtreibung und Demokratie zählen die befragten Wähler in den fünf Swing States mehr auf Biden als auf Trump. Geht es aber um die weltweiten Krisenherde wie Israel/Palästina oder die brennenden Fragen innerhalb der USA, wie zum Beispiel die Wirtschaft, die nationale Sicherheit und die offenen Grenzen, trauen die Wähler Trump deutlich mehr zu als dem amtierenden Präsidenten.

Mehr als die Hälfte der Wähler sagen, der Wirtschaft ginge es schlecht und das Land würde unter Biden einen falschen Weg gehen. Trump hätte diese Situation besser im Griff, sagen Wähler aller Altersklassen, egal, welche Hautfarbe oder welche Bildung sie haben. Außerdem hält die überwiegende Mehrheit der Wähler, sowohl bei Demokraten als auch bei Republikanern, Biden für deutlich zu alt, um den Job zu schaffen.

Die New York Times beruhigt ihre Leser aber. Ihre Hoffnung: Zwar hätten die mittlerweile 91 strafrechtlichen Anklagen gegen Trump seine Beliebtheit noch nicht geschwächt, eine Verurteilung könnte die Situation aber vielleicht noch retten. Würde der ehemalige Präsident in dem Prozess wegen des Sturms auf das Kapitol nächsten Jahres in Washington, D.C. verurteilt, würden etwa sechs Prozent der Wähler in Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin ihre Stimme Biden geben. Das wäre möglicherweise genug, um die Wahl zu entscheiden. Indirekt bestätigt die Times damit, was Trump seinen politischen Gegnern durchgehend vorwirft: Die Anklagen gegen ihn seien politisch begründet und wären eine moderne Hexenjagd.

Sollten aber all die Anklagen, gegen die Trump derzeit kämpft, seiner Beliebtheit keinen Abbruch tun und sollte selbst eine Verurteilung ihn nicht bremsen können, gibt es ein letztes legales Mittel, mit dem die Demokraten noch auf einen Sieg hoffen. Derzeit versuchen demokratische Aktivisten, Trump per Gerichtsentscheid gänzlich von den Wahlzetteln zu verbannen. Ihre Logik: Wer nicht auf dem Zettel steht, kann auch nicht gewählt werden.

Ende Oktober begannen zwei Prozesse, einer in Colorado, der andere in Minnesota, die Trumps Wählbarkeit prüfen sollen. Die Anklage klingt gewaltig: Ist die Kandidatur Trumps verfassungswidrig? Es geht um den 14. Zusatzartikel der Verfassung der USA, immerhin seit 234 Jahren gültig, nach dem niemand ein offizielles Amt inne haben darf, der zuvor einen Amtseid auf die Verfassung geschworen und anschließend an einem Aufstand oder einer Rebellion beteiligt war.

Klingt gewaltig, was also steckt hinter diesen Klagen in Colorado und Minnesota? Der 14. Zusatzartikel, Absatz 3 der amerikanischen Verfassung besagt, dass Aufständische und diejenigen, die Feinde der Verfassung unterstützen oder ihnen beistehen, nicht Präsident werden können. Wörtlich heißt es dort:

„Niemand darf Senator oder Abgeordneter im Kongress oder Wähler des Präsidenten und des Vizepräsidenten sein oder ein ziviles oder militärisches Amt in den Vereinigten Staaten oder in einem Staat bekleiden, der zuvor als Mitglied des Kongresses oder als Offizier der Vereinigten Staaten oder als Mitglied einer staatlichen Legislative oder als Exekutiv- oder Justizbeamter eines Staates einen Eid auf die Verfassung der Vereinigten Staaten geleistet hat und sich an einem Aufstand oder einer Rebellion gegen dieselbe beteiligt oder den Feinden derselben Hilfe oder Beistand geleistet hat. Der Kongress kann jedoch mit einer Zweidrittelmehrheit in jeder Kammer eine solche Einschränkung aufheben.“ (by Congress June 13, Rights to formerly enslaved people)

Der Absatz 3 reicht in die Zeit des Bürgerkrieges und des gescheiterten Aufstand der Konföderation 1866 zurück – vielen bekannt aus der TV-Serie „Fackeln im Sturm“ mit Patrick Swayze. Die meisten Rechtsexperten waren bisher davon ausgegangen, dass diese verfassungsrechtliche Einschränkung in der heutigen Welt obsolet ist. Die Rechtsprofessoren William Baude von der University of Chicago und Michael Stokes Paulsen von der University of St. Thomas behaupten jedoch in einem 126-seitigen Artikel das Gegenteil. Sie kamen zu dem Schluss, dass der Zusatz ausreicht, um Trump von einer erneuten Kandidatur für ein öffentliches Amt auszuschließen. 

In New Hampshire und Michigan wird derzeit ebenfalls geprüft, ob man Trump vom Wahlzettel verbannen kann. Gerichte müssen nun also klären, was Aufstand oder Aufruhr bedeutet, und ob Trump daran beteiligt war. Die Richterin in Denver, Colorado ließ bereits erkennen, dass sie Trumps Einlassungen unglaubwürdig findet. Sollte sie gegen den ehemaligen Präsidenten entscheiden, wird der vor das Oberste Gericht Colorados ziehen und gegebenenfalls vor den amerikanischen Supreme Court. Dort sitzen mehrheitlich republikanisch nominierte Richter, drei von ihnen wurden von Trump persönlich ins Amt berufen.

Anzeige