Tichys Einblick
Gelenkte Diskussion um Covid-Ursprung

US-Covid-Ausschuss enthüllt: Virologen mussten sich Order „von oben“ beugen

Wissenschaftler, die die Covid-Labortheorie als Verschwörungstheorie anprangerten, hielten sie insgeheim für "sehr wahrscheinlich". Die Befragung zweier Forscher vor dem US-Repräsentantenhaus enthüllte, eine ganze Reihe internationaler Fachleuten zweifelte früh und wurde zum Schweigen gebracht – nicht zuletzt aus Interessen der Wissenschaft selbst.

Screenprint: via twitter

Noch immer versuchen angesehene Forscher, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen, was den Ursprung oder auch Verlauf der Covid-Pandemie angeht. Während eine Prof. Dr. Isabella Eckerle, Virologin am Genfer Zentrum für neuartige Viruserkrankungen, ihr neues Buch bewirbt (Von Viren, Fledermäusen und Menschen. Eine folgenreiche Beziehungsgeschichte, Droemer Knaur), sind die Bestandteile des offiziellen Covid-Diskurses von 2020 für viele Betrachter längst auseinandergefallen. Isabella Eckerle hält demgegenüber nicht nur an der Zoonosen-Theorie fest, sie scheint auch der Meinung zu sein, dass es in Wuhan Gelegenheit gab für den direkten Kontakt zwischen Menschen und Fledermäusen, was außerhalb der dort befindlichen Labore sehr unwahrscheinlich ist. Die in Rede stehenden Fledermäuse kommen in der zentralen Gegend um Wuhan nämlich gar nicht vor, sondern nur in Höhlen weit im Süden Chinas.

Derweil werden wir erneut daran erinnert, dass dieselbe Forschergemeinde, die sich heute noch immer brennend für das Thema „Zoonosen“ und deren vermeintlich pandemischen Charakter interessiert, Anfang 2020 durchaus andere Ansichten und Theorien hatte. Diese Tatsache ist grundsätzlich bekannt, seit E-Mails zwischen Anthony Fauci und seinen Kollegen vom Frühjahr 2020 öffentlich wurden. In der teilweise geleakten Korrespondenz ging es um den Ursprung des neuen Coronavirus. International vernetzte Forscher – darunter auch der Deutsche Christian Drosten – diskutierten damals über einen Aufsatz zum vermuteten Ursprung von Covid-19 („The Proximal Origin of SARS-CoV-2“), der im März 2020 erschien. Hauptaufgabe des Textes war es, Vermutungen in Richtung Labortheorie entgegenzutreten, die in der Forschergemeinde selbst und in der Presse aufgekommen waren.

Der Aufsatz war – das wird immer klarer – ein Fall von Pfeifen im Wald. Mit diesem Pfeifen sollte die Kritik an der virologischen Gain-of-function-Forschung möglichst früh und anhaltend übertönt werden. Der entstehende Aufsatz stützte folglich das bekannte Narrativ, nach dem das Virus seinen Ausgang von einem Wildtiermarkt in Wuhan genommen hatte. Viel wurde über Pangoline geredet. Das war gewissermaßen die Daseinsbedingung des kleinen Schreibprojekts, und doch gab es auch Widerstände von innen.

Garry plante zunächst eine Widerlegung der Zoonosen-These

Nun haben zwei der beteiligten Forscher im Covid-Unterausschuss des US-Repräsentantenhauses ausgesagt: der in Kalifornien tätige Däne Kristian G. Andersen und Robert (Bob) Garry von der Tulane University in New Orleans. Beide gehörten zunächst dem heterodoxen Labor-Lager an, wurden dann aber auf das offizielle Zoonosen-Narrativ eingeschworen. Garry schlug seinem Kollegen sogar eine knappe Zurückweisung in Briefform vor – eine Ablehnung nicht der Laborthese, sondern der Theorie von einem natürlichen Ursprung des Coronavirus: „Kristian – was hältst du von einem Zurückweisungsbrief? Eine Seite. Die drei Hauptpunkte müssten sein: 1. Die Pangolin-Sequenzierung gibt keine definitive Antwort, 2. Laborunfall und 3. die neue Daten sind – wenn sie überhaupt kommen – kein Hindernis.“ Der Grund von Garrys Ärger: Ein Nature-Redakteur war einem heftigen Irrtum aufgesessen („Reviewer #2 pretty much got it all wrong“).

Bald beklagte auch der in Australien lehrende Edward C. Holmes, dass die angesehene Wissenschaftszeitschrift Nature gerade das falsche Argument eines Reviewers übernommen habe. Von da an wurde der Kampf der Laborthesen-Anhänger zu einem Kampf gegen Windmühlen. Im Kongress behaupteten Andersen und Garry nun laut der Nachrichtenwebsite The Intercept, dass etwa Fauci das entstandene Papier zum vermuteten Ursprung von Covid gar nicht beeinflusst hätte – was eine absolut verblüffende These ist angesichts der vorliegenden und der neuen Dokumente.

Aus dem zugleich erschienenen Bericht des Unterausschusses konnte The Intercept mit ein paar technischen Tricks einige Bilder entnehmen. Sie waren in den veröffentlichten Akten des Repräsentantenhauses nicht endgültig gelöscht worden und konnten so wiederhergestellt werden. Es sind Screenshots von E-Mails und Slack-Nachrichten der Forscher, die neue Einblicke in die Diskussion der Forscher geben. Es ist ein Patzer, aber kein unglücklicher.

Forscher wurden durch „Druck von oben“ überstimmt

So bestand Andersen darauf, dass ein zu 96 Prozent mit SARS-CoV-2 identisches Virus eben nicht von Fledermäusen aus der Region Wuhan stamme: „Ich glaube, RaTG13 kommt aus Yuanan, das so weit von Wuhan entfernt ist, wie man nur sein kann, wenn man trotzdem in China bleiben will.“ Am 5. Februar 2020 meinte Andersen: „Die Idee von Bio-Engineering und von Biowaffen wird definitiv nicht verschwinden. Ich werde immer noch von Journalisten darauf angesprochen.“ Um später zu insistieren: „Das Hauptproblem besteht darin, dass ein versehentliches Entweichen sehr wahrscheinlich ist – das ist keine abwegige Theorie.“

In einer der späteren E-Mails (16. Februar) schreibt Eddie Holmes von „Druck von oben“, der dazu geführt habe, dass das Endprodukt nicht mit allen beteiligten Forschern diskutiert werden konnte. Dieses „von oben“ könnte – wenn nicht die Politik gemeint ist – auch die Redaktion eines einflussreichen Wissenschaftsmagazins gewesen sein. Den Verantwortlichen von Nature ging das Zwischenergebnis der Virologen jedenfalls nicht weit genug, weil die Möglichkeit eines Laborunfalls darin nicht rundweg ausgeschlossen war.

Ein Nature-Reviewer (etwa der oben genannte?) gab sich überzeugt, dass die Laborthese mit der Veröffentlichung neuer Pangolin-Sequenzierungen sehr unwahrscheinlich würde. Andersen wehrte sich direkt und betonte, dass die Laborthese als eine „ernsthafte wissenschaftliche Theorie“ angesehen werden müsse und nicht als „weitere Verschwörungstheorie“ abgetan werden dürfe: „Wir alle würden uns wirklich sehr wünschen, dass wir das tun könnten (dazu wurde unser Projekt ins Leben gerufen), aber leider ist das angesichts der Datenlage nicht möglich.“ Man könnte jetzt von einer (gescheiterten) Revolte der Forscher schreiben, aber am Ende war ihnen – auch Andersen und Garry – die eigene Profession und Karriere näher als die Wahrheit. Das zeigen auch ihre aktuellen, wenig substantiellen Aussagen vor dem Unterausschuss. Sie ergeben immerhin, dass man auch China schonen wollte, welches bei Beschuldigungen eine „shit show“ inszeniert hätte – was immer man im virologischen Milieu darunter verstehen mag.

Britischer Forscher: Laborunfälle lieber im kleinen Kreis besprechen

Daneben warnte auch der Brite Andrew Rambaut (Edinburgh), man solle ja nicht zu viel über „merkwürdige Zufälle“ schreiben: „Ich gebe zu, dass es sehr verdächtig riecht, aber ohne einen eindeutigen Beweis wird es uns nichts nützen. Die Wahrheit wird nie ans Licht kommen (falls die Laborflucht die Wahrheit ist). Dafür bräuchte es unwiderlegbare Beweise. Mein Standpunkt ist, dass die natürliche Evolution völlig plausibel ist und wir es dabei belassen müssen. Die Mutation könnte auch durch die Weitergabe im Labor entstehen, aber wir haben keinen Beweis dafür, dass dies geschehen ist.“

Ob der Gedanke einer natürlichen Evolution wirklich plausibel war angesichts der Argumente von Andersen und Garry, mag dahingestellt bleiben. Es bleibt dabei, dass man im Februar 2020 noch keine weiterreichenden Beweise für die Laborthese hatte. Trotzdem stimmte eine Handvoll der am meisten qualifizierten Forscher weltweit darin überein, dass die Sache merkwürdig war und eine „Laborflucht“ mindestens plausibel, wenn nicht sogar sehr wahrscheinlich. Für zukünftige Laborunfälle fühlte sich Rambaut übrigens durchaus verantwortlich. Die Diskussion darüber wollte er aber lieber im geschlossenen Kreis („for limited dissemination“) führen.

Wenn die Forscheraussagen im Frühjahr 2020 und heute vor dem US-Covid-Ausschuss etwas zeigen, dann ist es, wie relativ auch die Wahrheit der Wissenschaft und wie beeinflussbar durch äußere Faktoren sie leider manchmal ist. In diesem Fall spielte auch das Selbstinteresse der virologischen Gemeinde eine gewaltige Rolle, die sich ihren Zweig Gain-of-function-Forschung nicht kaputtmachen oder zumindest die Kritik daran nicht öffentlich werden lassen wollte.

Der Covid-Unterausschuss des Repräsentantenhauses sollte ursprünglich die Ausgaben während der Pandemie überprüfen. Sein Zweck wurde am 9. Januar dieses Jahres dahingehend geändert, dass außerdem die Ursprünge von Covid-19, die internationale Gain-of-function-Forschung sowie die Wirksamkeit von Masken- und Impfpflicht behandelt werden sollen. Aus dem Ausschuss sind noch Nachrichten zu erwarten.

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