Tichys Einblick
Israel allein zu Haus

UN-Resolution fordert Waffenruhe in Gaza

Die gnadenlose, menschenverachtende Strategie der Hamas konnte aufgehen, weil die „internationale Öffentlichkeit“ mit Empörung und Entsetzen auf die Not und das Elend der zwei Millionen palästinensischen Zivilisten reagierte und faktisch Israel mehr oder minder allein verantwortlich machte.

IMAGO / Pacific Press Agency

Kein Volk, keine Nation hat mehr Feinde als Israel. Nun hat auch noch der traditionell engste Freund der Juden in der modernen Geschichte, die USA, den Weg frei gemacht, Israels Verteidigungsfähigkeit zu lähmen. Die Vertreterin von US-Präsident Joe Biden im Sicherheitsrat enthielt sich der Stimme, als das wichtigste UN-Gremium zur Wahrung des Weltfriedens Israel aufforderte, alle Kampfhandlungen in Gaza zumindest bis zum Ende des Ramadan (bis 9. April) einzustellen.

Grotesk, zynisch und international wenig beachtet war es, wie der zweite Adressat der UN-Resolution 2728, die Hamas, reagierte. Denn der Beschluss verlangt auch von der palästinensischen Terrororganisation, 130 israelische Geiseln freizulassen. Die Hamas begrüßte hocherfreut die „völkerrechtlich bindende“ UN-Resolution, ließ aber nicht den geringsten Zweifel daran, dass ihr eine Waffenruhe, und dann auch noch eine zeitlich begrenzte, keineswegs genüge, um die seit dem 7. Oktober in Israel entführten, unschuldigen Frauen, Männer und Kinder freizulassen.

Strategie der Hamas hat sich bewährt

Warum sollte sie auch nachgeben? Die Strategie der Hamas und anderer Palästinenser-Organisationen, das eigene – tragischerweise nicht einmal widerstrebende – Volk im Krieg gegen Israel als Schutzschild zu benutzen, hat sich bestens bewährt.

Hamas-Quartiere mitten in den Stadtvierteln, Stützpunkte, Kommando-Zentralen, Militär-Basen, Raketen-Rampen und Waffenlager in und um Wohnhäuser, Kindergärten, Schulen und Hospitälern forderten bei den Kämpfen zwar das Leben von Tausenden Kindern, Frauen und Alten. Aber für die Terror-Organisation konnte es keinen besseren Schutz geben.

Der Guerrilla-Krieg in den dicht besiedelten Teilen des Gaza-Streifens sowie die Nutzung eines mehrere hundert Kilometer umfassenden Tunnelsystems unterhalb der Ortschaften bescherte der Zivil-Bevölkerung bei den Kampfhandlungen zwangsläufig verheerende Zerstörungen ihrer Häuser, Büros, Werkstätten und Geschäfte, produzierte bitteres Massenelend in provisorischen Lagern und in Ruinen-Landschaften.

Israel will Krieg „human führen“

Die historisch wohl einmaligen Versuche der israelischen Militärs, die Menschen in Gaza im Internet, auf sozialen Plattformen, mit Flugblättern und sogar per Telefon und SMS-Nachrichten vor drohenden Einsätzen in ihren jeweiligen Vierteln zu warnen, verpufften oft – manchmal kamen sie zu spät, manchmal hinderten auch Hamas-Kommandeure, so berichteten israelische Medien, Familien, Frauen und Kinder daran, durch die angebotenen Fluchtkorridore zu fliehen.

Oft waren es israelischen Angaben zufolge auch die straff organisierten Islamisten, die sich vor den wirklichen Adressaten der internationalen Hilfslieferungen einen Gutteil der Nahrungsmittel-Pakete und Trinkwasser-Gallonen unter den Nagel rissen.

Die gnadenlose, menschenverachtende Strategie der Hamas konnte aufgehen, weil die „internationale Öffentlichkeit“ mit Empörung und Entsetzen auf die Not und das Elend der zwei Millionen palästinensischen Zivilisten reagierte und faktisch Israel mehr oder minder allein verantwortlich machte.

Überwältigende Mehrheit in der UN ist gegen Israel

In mehreren Resolutionen hatten UN-Vollversammlung und UN-Organisationen immer wieder Israel aufgefordert, die Kämpfe zu beenden – die schließlich einzig und allein Folgen der grauenvollen Massaker der Hamas und anderer Palästinenser-Organisationen am 7. Oktober 2023 im israelischen Grenzgebiet waren. Nur wenige Staaten stimmten konsequent gegen Israel-feindliche Beschlüsse, darunter Ungarn, Tschechien und Österreich. Deutschland gehörte oft nicht dazu, enthielt sich gerne der Stimme.

In Medien und Politikerreden ist schon lange nur noch wenig von dem Horror des 7. Oktober zu hören. Die islamistischen Terroreinheiten hatten an einem Tag mehr als 1200 Menschen getötet und etwa 5400 verletzt – die meisten waren Zivilisten, viele Frauen, Kinder, feiernde Jugendliche bei einem Rave-Konzert in der Wüste. Die Gräueltaten, begangen auch an Frauen, Mädchen und Kindern, wurden von den arabischen Tätern auf Videos festgehalten und stolz im Netz verbreitet.

Gaza-Bevölkerung feierte den Terroranschlag

Das Entsetzen, keineswegs weltweit, sondern vor allem im freien Westen, wich binnen weniger Wochen den Meldungen und Berichten über das Schicksal der Menschen im Gaza-Streifen, die in ihrer großen Mehrheit den barbarischen Überfall der Terroristen auf Israel begeistert gefeiert hatten.

Am 7. Oktober wurde wieder einmal deutlich, dass die Palästinenserorganisationen willens sind, ihren Parolen „Juden ins Meer“ und „Palästina vom Fluss bis zum Meer“ Taten folgen zu lassen, sobald sie nur können. Selbst die linke taz sprach angesichts der sichtbaren Lust der Dschihadisten am Morden und Foltern von einer deutlich „genozidalen Botschaft“ des Hamas-Angriffs.

Nun, mehr als fünf Monate nach dem Terror-Anschlag spricht die Welt scheinbar nur noch vom Elend der Palästinenser. Schon kurz nach dem 7. Oktober hatten manche Politiker – wie UN-Generalsekretär Antonio Guterres – auf den „historischen Kontext“ des Terrorangriffs hingewiesen. Damit wollte er auf die Vertreibung der Araber aus Israel bei der Staatsgründung 1949 und die zahlreichen Kriege seither verweisen.

Naives Plappern über eine „Zwei-Staaten-Lösung“

Inzwischen geht es fast nur noch um die Frage, wie man die Menschen in Gaza schützen könne und wie eine „politische Lösung“ des israelisch-palästinensischer Konflikts aussehen könnte. Völlig geschichtslos plappern westliche Politiker wieder von einer „Zwei-Staaten-Lösung“, obwohl seit Jahrzehnten immer deutlich geworden ist, dass die Palästinenserorganisationen – und ihre Drahtzieher in Teheran und am Golf – letztendlich nur ein Ziel haben: Israel von der Karte auszulöschen.

Eine „Zwei-Staaten-Lösung“ mit internationaler Unterstützung zur Lösung des Probleme in diesem Jahrzehnt scheint ähnlich sinnvoll, wie ein gemeinsamer, schön ausgestatteter Käfig für Wölfe und Schafe, in dem Tier-Therapeuten ihren Schutzbefohlenen das friedliche Zusammenleben beibringen wollten.

Es scheint, also ob in diesen 20er-Jahren des 21. Jahrhunderts weltweit Gedächtnisverlust und Geschichtsblindheit dominieren. Das gilt sich weniger für die Staaten des Nahen Ostens, Asiens oder auch Osteuropas – hier spürt man sehr wohl ein Bewusstsein für die immerwährenden Gefahren, die von starken Nationen ausgehen, hier gibt es viel Furcht vor Fremdbestimmung und feindlichen Aggressionen. Auch scheint man hier zu wissen, was Krieg bedeutet, kennt Kategorien wie Sieg und Niederlage, Unterwerfung und Eroberung.

Wenn Erfahrungen der Geschichte ausgeblendet werden

In den Staaten des freien Westens scheinen Eliten und Entscheidungsträger infiziert von einem geschichtslosen Weltbild, das die Vergangenheit verdrängt und uminterpretiert, im Nachhinein sogar versucht, „Wiedergutmachung“ zu betreiben, fast in der Manier der Taliban die Zeugnisse der Vergangenheit, Denkmäler, Straßennamen, Bauwerke, Gemälde oder Literatur zu beseitigen, ja, sogar Begriffe und Sprache zu ändern, damit die Vergangenheit, die Geschichte, erträglicher erscheinen.

Nur mit einem solchen Bewusstsein der Geschichtsvergessenheit können Politiker, Wissenschaftler oder andere Intellektuelle das kleine, demokratische Israel immer und immer wieder an den moralischen Pranger der Welt stellen, weil es alles tut, um seine Existenz zu bewahren. Dass es dabei auch israelische und jüdische Stimmen gibt, die ähnlich naiv argumentieren, belastet die Politik des jüdischen Staates erheblich.

Es gibt keine „humanen“, „sauberen“ Kriege

Die überheblichen Kritiker Israels tun so, also ob in Kriegen, beispielsweise im Kampf der Alliierten gegen Hitler, die Rücksicht auf die Zivilbevölkerung eine große Rolle gespielt hätte. Die Zerstörung großer Städte wie Dresden spricht eine andere Sprache. Auch die Amerikaner nahmen in Hiroshima und Nagasaki den Tod Hunderttausender Menschen, von Frauen und Kindern, Alten und Behinderten in Kauf, um den Krieg gegen Japan zu verkürzen und damit Tausende von US-Soldaten zu retten.

Kriege sind etwas Schreckliches, die entscheidende Frage ist, wer führt den Krieg gegen wen und warum? Mal abgesehen von den zuweilen fast lächerlichen, meist wenig gebildeten Pazifisten, scheinen auch klügere Politiker zu denken, ein Krieg gegen einen fanatisch entschlossenen Gegner könne geführt werden, ohne dass nicht auch das Blut Unschuldiger vergossen wird. Wer Krieg führt, wird, das zumindest zeigt die Geschichte, weder saubere Hände noch eine weiße Weste behalten können.

Die Kriege der Moderne standen in ihrer Grausamkeit den Feldzügen des Alten Testaments, den Eroberungskriegen der Griechen und Römer, den Schlachten eines Dschingis Khan oder Attilas, den kolonialen Verbrechen und der Ausrottung ganzer Völker nicht nach. Die gigantischen Schandtaten der Sowjets, der Nazis, der Japaner oder der chinesischen Kommunisten zeichneten sich nur durch eine größere Systematik und Perfektion im Morden und Quälen aus.

Israel ist immer öfter allein – die Islamisten frohlocken

Israels politische Führung seit 1949 fühlt sich den Menschenrechten und der Zivilisation verpflichtet, auch in den zahlreichen Kriegen, bei denen es um ihre schiere Existenz ging. Das Verständnis dafür scheint immer geringer zu werden.

Wer die moderne Geschichte des Islamismus nüchtern betrachtet, das faschistoide Schreckensregime der Mullahs in Teheran, die grausame, menschenverachtende Diktatur in Afghanistan, die unzähligen Terroranschläge der religiösen Fanatiker in den USA und in Europa, wie erst jetzt in Moskau, der kann nicht anders, als hier einen ungeheuer aggressiven, barbarischen Feind der Freiheit und der Zivilisation zu erkennen.

Genau gegen deren Stellvertreter in Gaza und anderswo kämpfen die Israelis. Wer ihnen in die Arme fällt, sie hindern will, die Hamas zu besiegen, der gibt weltweit den Kräften Auftrieb, die gegen die Freiheit und die Demokratie sind, gegen Menschenrechte und Zivilisation, wie wir sie kennen.

Hoffen auf Trump?

Die Israelis wissen schon lange, dass sie nur sehr wenige verlässliche Freunde haben. Westliche Politiker knicken schnell ein, wenn die öffentliche Meinung, angeheizt von einer Allianz der internationalen Linken, den Islamisten und den expansionswilligen Imperialisten in Peking und Moskau sich gegen sie wendet.

Bei allem Elend der Menschen im Gaza-Streifen, für das historisch betrachtet ganz sicher nicht die Israelis die Verantwortung tragen – es geht darum, einen erneuten Sieg der Extremisten und Terroristen zu verhindern. Deren Erfolg wird aus ihrer Sicht von noch so vielen eigenen Opfern nicht geschmälert – was zählt ist nur, den Feind zu schwächen.

Der freie Westen ist bezüglich Israel dabei, Jubel in Teheran, Peking, Moskau und vielen anderen Orten, die sich vor allem durch die Abwesenheit von christlichen Kirchen und jüdischen Gemeinden auszeichnen, auszulösen.

Israel ist heute ziemlich allein. Es könnte sein, dass sich das am 5. November doch noch etwas ändert. Sollte nämlich Donald Trump zum Präsidenten gewählt werden. Allerdings ist das aus israelischer Sicht nur eine sehr, sehr optimistische Spekulation.

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