Tichys Einblick
Trump-Rally in Florida

Wie im Rock-Konzert: vor allem Hispanics/Latinos bejubeln Donald Trump

Ein Wahlkampfauftritt von Donald Trump ist vergleichbar mit einem Konzert der Rolling Stones. Die Musik ist laut, die Fans begeistert, es gibt massenweise Fanartikel und Buden, an denen man Burger, Tacos, Coke und Wasser kaufen kann – und der Mann am Mikrofon dirigiert die Massen.

Bild: Susanne Heger

Miami. 30 Grad im Schatten. Die Sonne brennt. Kurz zuvor hatte es noch wie aus Badewannen geschüttet. Ein typischer Tag in Florida am Ende der Regenzeit. Weder den Besuchern der Trump Rally noch deren Akteuren scheinen die extremen Wetterbedingungen etwas auszumachen. Auf der ungeschützten Open Air Bühne feuern die unterschiedlichen Redner auch klatschnass an. Vor der Bühne jubeln die Massen, eingehüllt in Trump-Flaggen, gekleidet mit passenden T-Shirts, Baseball-Caps und Hüten. Das gesamte Stadion ist ein einziges Meer aus roten Mützen mit Make-America-Great-Again und anderen Republikaner-Botschaften .

Die meisten Zuschauer kamen bereits passend gekleidet zum Event. Wer noch Accessoires benötigte, wurde direkt vor dem Eingang fündig. Strümpfe, Bade-Enten, Mützen, Shirts, Banner, Fahnen – was immer das republikanisch-patriotische Herz begehrte, es war im Angebot. Ein Teil 20 Dollar, zwei für 30. Beliebteste Accessoires waren dieses Mal die „FJB“ Baseball-Caps und „Let´s go Brandon“ T-Shirts.

„FJB“ und „Let´s go Brandon“ bedeuten übrigens das gleiche. Nämlich „Fuck Joe Biden“. Die Geschichte dahinter: Während eines Live-Interviews mit dem Sparks 300 Rennfahrer Brandon Brown riefen die Zuschauermengen im Hintergrund „Fuck Joe Biden“. NBC-Sportreporterin Kelli Stavast merkte, dass man die Sprechchöre beim Interview nicht einfach ausblenden konnte und behauptete fälschlicherweise, die Mengen würden „Let’s Go Brandon“ skandieren, um den Gewinner des Rennens anzufeuern. Natürlich flog der Schwindel auf und seither gilt „Let´s go Brandon“ als Synonym für – sagen wir es vornehm – Kritik an Biden.

Die Veranstaltung begann um 13.00 Uhr Ortszeit, mitten während des ersten Wolkenbruchs. Schirme waren nicht erlaubt, der Secret Service kontrollierte streng und beschlagnahmte alles, was auf der verbotenen Liste stand. Ein Blick auf die umliegenden, zum Teil weit entfernten Dächer zeigte, dass dort Scharfschützen platziert waren und das Event überwachten. Wie konnte es nur sein, dass das Haus von Nancy Pelosi so komplett ungeschützt war und hier sicherlich hunderte Secret Service Agenten im Einsatz waren, ging mir durch den Kopf. Aber das nur nebenbei.

Auf dem Weg zur Bühne werde ich angesprochen. Von Samy, einem orthodoxen Juden. Er fragt, ob ich ebenfalls Jüdin sei. Nein, bin ich nicht. Aber es stellt sich schnell heraus, dass wir einmal fast Nachbarn waren, als ich noch in Antwerpen wohnte. Samy studiert jetzt in Florida und kam zusammen mit Juden aus aller Welt, um Trump zu unterstützen. „Jews for Trump“ war sein Motto. Ebenso konnte man „Gays for Trump“ oder „Blacks for Trump“ Schilder sehen.

Die überwiegende Zahl der Zuschauer, grob geschätzt 80 Prozent, waren aber Hispanics/Latinos. Und genau sie wurden von Trump gezielt angesprochen. Sie wüssten, was Sozialismus, Kommunismus und Meinungsdiktatur bedeutet, das hätten sie in ihrem Heimatland oder dem Land ihrer Väter erlebt. Minutenlanger Beifall folgte. Auch die Bemerkung Trumps, sie würden wissen wie wichtig es sei, Grenzen zu schützen, wurde bejubelt.

Wie weit Trump und seine Anhänger bereit sind, andere Grenzen zu verschieben, wird deutlich, als er verlauten ließ, wenn es nach ihm ginge, könnten Drogendealer von einem Schnellgericht zum Tode verurteilt werden. Auch diese befremdliche Aussage wird mit aufbrausendem Applaus und gestreckten Fäusten quittiert.

Trump dirigierte die Massen. Er gab das Stichwort, die Menge reagierte. Genau wie im Rockkonzert, wenn der Star die großen Hits anspielt. „Hillary“, „Comey“, „Drain the swamp“, „They stole the election“ ergaben zuverlässig Jubelstürme. Nicht einmal der erneut einsetzende Wolkenbruch konnte der Stimmung Abbruch tun. Trumps Anzug war in wenigen Minuten komplett durchnässt, ihm und dem Publikum war es egal.

Senator Marco Rubio und Senator Rick Scott, die beiden Senatoren aus Florida sprachen nur sehr kurz. Auch wenn die gesamte Rally nur der Wiederwahl von Marco Rubio gewidmet war. Lang dagegen fiel die Rede von Donald Trump jr aus, der als Einheizer das Publikum begrüßte. Er sprach frei, wurde bejubelt. Fast konnte man den Eindruck haben, er würde selbst kandidieren. Im Anschluß an seine Rede konnten Fans gemeinsame Fotos mit ihm und einer Pappfigur seines Vaters im Hintergrund machen lassen. Gegen eine gewisse Spende, versteht sich. Die Schlange: sehr lang. Für mich entstand der Eindruck, dass Trump junior und senior eine Familiendynastie ähnlich der der Kennedy- oder Bush-Familien zu werden anstreben und Donald jr. demnächst für einen politischen Posten kandidieren wird.

Ein wichtiger Punkt wurde in Miami nur am Rande erwähnt. Die Abwesenheit von Govenor Ron DeSantis. Donald dankte „The greatest Govenor und Senator Rick Scott“ für seine Anwesenheit, den aktuellen Govenor DeSantis erwähnte er nur ganz am Schluss: “You’re going to reelect the wonderful, the great friend of mine Marco Rubio to the United States Senate and you are going to reelect Ron DeSantis as your governor”.

Gibt es Knatsch mit DeSantis hinter den Kulissen? Die beiden Platzhirsche gelten beide als heiße Kandidaten für die Präsidentschaftskandidatur in zwei Jahren. Bei seiner Rally am Vortag in Pennsylvania war Trump plötzlich ausfallend geworden und nannte den Govenor „Ron DeSanctimonious“. Sanctimonious bedeutet scheinheilig. Er erklärte, er hätte über 70 Prozent Zustimmung bei den Republikanern, „Ron DeSanctimonious“ 10 Prozent und Mike Pence „erstaunlicherweise“ 7 Prozent. Diese Bemerkung stieß auf viel Kritik. Anscheinend hat Trump gelernt. Der Begriff fiel in Miami kein einziges Mal.

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