Tichys Einblick
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SPD-Banker in Frankfurt und Angola

Ausrangierte Politiker wie Sigmar Gabriel verdienen Geld als „Berater“ oder Aufsichtsräte. Manche – etwa der Hesse Ernst Welteke – haben auch keine Berührungsängste mit korrupten Ländern.

Horacio Villalobos/Corbis via Getty Images
Jüngst überraschte die Nachricht, dass Sigmar Gabriel Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank wird. Das angeschlagene Geldhaus und der abgehalfterte SPD-Politiker – passt das zusammen? Ausgerechnet auf Fürsprache von Katar wurde Gabriel befördert.

Ein anderer ehemaliger SPD-Politiker hat noch weniger Skrupel bei der Annahme von Beraterjobs gezeigt. Ernst Welteke war mal in der Hessen-SPD eine größere Nummer, kurzzeitig Wirtschafts- und Finanzminister, dann hessischer Landeszentralbankchef. 1999 hievte ihn die rot-grüne Bundesregierung in den Chefsessel der Bundesbank in Frankfurt. 2004 stürzte er über die sogenannte Adlon-Affäre. (Er hatte sich und seine Familie von einer Bank ins Berliner Luxushotel Adlon einladen lassen. Dann kam auch noch raus, dass er und seine Frau von BMW eine Einladung zu einem Formel-1-Rennen in Monaco angenommen hatten.)

Welteke war politisch erledigt. Was macht man in so einer Situation? Man wird Berater. In Deutschland war er offenbar nicht ausgelastet. Der Hesse nahm also Posten in fernen Ländern an: in Aserbaidschan und in Angola. Ausgerechnet in Angola. War es der unbändige Drang nach sozialer Gerechtigkeit oder der Wunsch, Entwicklungshilfe zu leisten, der ihn in das westafrikanische Land führte, dessen Langzeitherrscher José Eduardo dos Santos trotz des großen Erdöl- und Diamantenreichtums über eine völlig verarmte Bevölkerung regiert?

Vielleicht war Welteke auch unzufrieden mit seinen eigenen Finanzen. Er klagte in Deutschland vergeblich darauf, eine 24.000-Euro-Pension zu bekommen, das Verwaltungsgericht kürzte sie auf 8.400 Euro; später erstritt er sich mehr, gut 13.000 Euro, weil ihm neben den Bezügen aus seiner Abgeordnetenzeit noch Ruhestandsbezüge als Ex-Bundesbankchef zustehen.

In Angola hat der geschasste SPD-Politiker eine Zweit-Karriere gestartet als Chairman einer Bank, die ausgerechnet der Präsidentensohn Jose Filomeno dos Santos aus der Taufe gehoben hatte. Die politischen Verbindungen dürften Gold wert gewesen sein. Zudem wurde Welteke in der Schweiz noch Board-Member einer Fondsgesellschaft namens Quantum Global, die ein Freund des Präsidentensohns betreibt, der schweizerisch-angolanische Geschäftsmann Jean-Claude Bastos de Morais.

Wie praktisch: Der Präsidentensohn wurde Chef des angolanischen Staatsfonds, platzierte dann mehrere Milliarden Dollar bei seinem Freund in der Schweiz, der sie auf allerlei Inseln parkte und zig Millionen Dollar Gebühren kassierte. Die dubiosen Aktivitäten der Fondsgesellschaft wurden schon aufgedeckt durch die Panama Papers. Internationale Medien berichteten (z.B. hier und hier).

Nur in Deutschland blieb es still, kaum einer fragte nach bei Welteke, was er mit der ganzen Sache zu tun habe. Es gab ein Buch des linken Journalisten Jürgen Roth mit einem Kapitel „Wo nicht nur ein Ex-Bundesbankpräsident aktiv ist: Kleptokratie Angola“, doch ansonsten konnte Welteke ungestört seinen Beratergeschäften nachgehen.

(Nur der portugiesische Dienst der Deutschen Welle thematisierte einmal, dass Welteke mit seinem Anwalt gegen einen kritischen Artikel über seine Tätigkeiten vorging.)

2018 wurde der Präsidentensohn, für dessen Bank Kwanza Invest Welteke über Jahre „Chairman“ spielte, vom neuen angolanischen Präsidenten als Chef des Staatsfonds entlassen, inzwischen sitzt er in Untersuchungshaft und wartet auf einen Prozess. Es geht auch um eine dubiose Überweisung von 500 Millionen Dollar, die er nach England leiten wollte. Der Verdacht lautet auf Untreue, Korruption und Geldwäsche. Die Präsidententochter Isabel, die es auf ein 2-Milliarden-Dollar-Vermögen gebracht hat, ist ebenfalls wegen Korruption und Bereicherung angeklagt.

Jetzt, wo der Dos Santos Clan international am Pranger steht, gibt sich Welteke ahnungslos. Bei der Bank Kwanza von Jose Filomeno dos Santos sei er schon länger nicht mehr Chairman, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen“, die einen größeren Artikel über seine „Angola-Verbindung“ brachte. Bis heute kann man auf der Website der Investmentbank aber eine „Message of the Chairman“ unter seinem Namen lesen.

So ist das, gestürzte und gescheiterte Politiker und Zentralbanker kommen irgendwo noch unter, um weiter Geld zu verdienen.


Frank Hansen

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