Tichys Einblick
Keine "schöne Leich"

Österreich: Geräuschlose Beerdigung der Corona-Politik

Nun gelte es, mit Corona leben zu lernen, da man die Lage ganz gut im Griff habe, und da zudem Probleme ganz anderer Größenordnung anstünden: die geräuschlose Beerdigung einer einst tosenden Corona-Politik.

Welchen Stellenwert die Corona-Politik in Österreichs Bundesregierung nunmehr hat, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch bei seinem heutigen Auftritt zusammen mit dem Infektiologen Herwig Kollaritsch vom Nationalen Impfgremium (NIG). Es reicht aber auch allein der Blick auf das Ambiente, in dem die beiden auftraten, im Vergleich zur ebenfalls heutigen Pressekonferenz der Bundesregierung zur „Wien Energie“.

Screenprint: ORF

„Wien Energie“ im ansatzweisen Spiegelsaal, in dem früher auch stets die Regierungsspitzen ihre Corona-Maßnahmen inszenierten, und im Vergleich dazu ein Minister und ein Experte zur Corona-Politik unter’m Dach.

Screenprint: ORF

Zur eher beiläufigen Einleitung des Gesundheitsministers vom Übergang im Lockdown-Umgang mit Corona zum Mit-Corona-leben in einer Zeit von Problemen ganz anderer Größenordnung gab es keine einzige Nachfrage. Die Einleitung war auch kurz im Vergleich zum Referat des Infektiologen, der im Kern zweierlei sagte:
  1. Das NIG empfiehlt die „Auffrischung“ mit einer Corona-„Schutzimpfung“ für alle ab 12 Jahren statt bisher ab 60 Jahren: den „vierten Stich“ frühestens sechs Monate nach dem letzten, auch wenn man nach dem dritten von einer Infektion genesen sei.
  2. Masken werden empfohlen, Maskenpflicht wird es im Herbst – vorerst – keine geben.

Die Impfung schütze zwar nicht mehr so gut vor einer Ansteckung, aber sehr gut gegen einen schweren Verlauf, wiederholte Rauch. Für beide Feststellungen nannte der österreichische Gesundheitsminister wie der deutsche keine Belege oder Quellen für solche. Kein Journalist fragte nach.

Eine Nachfrage gab es hingegen, ob die aufgegebene „Impfpflicht“ wieder auf die Tagesordnung kommen könnte, was Rauch verneinte.

Wenn Sie mich als geborenen und gelernten Österreicher (nicht trotz, sondern gerade nach 50 Jahren D) fragen, das war im Wiener Maßstab keine „schöne Leich“, weil dieses Begräbnis weder würdig noch stilvoll vor sich ging.