Tichys Einblick
Politisches Tauziehen

Matteo Salvini schrieb Brief an Horst Seehofer

Basta - Italien will nicht länger der einzige Hotspot sein.

Stefano Montesi - Corbis/Getty Images

Die humanitäre Schwerstarbeit für die EU, verrichten momentan nur das kleine Malta und Italien. Sie sprechen sich untereinander ab, wer dann doch, wann und wie viele Migranten auf „Rettungsbooten“ an Land lässt, damit das Verhältnis wenigstens ein bisschen ausgewogen ist. Dass der Inselstaat Malta gar nicht über so viele Kapazitäten verfügt, ist allen klar.

Mit der Mediterranea „Saving Humans“, einer italienischen NGO, sowie mit dem Schiff Alan Kurdi unter deutscher Flagge, koordiniert Salvinis Innenministerium einmal mehr zwei Passagier-Ladungen mit Migranten aus Libyen, die wie zufällig und mit viel Glück aufgegriffen wurden, so die Crew der Alan Kurdi. Die libysche Küstenwache behauptet nachweislich, das deutsche Schiff habe sich in unmittelbarer Küstennähe aufgehalten.

Ungeachtet dessen wie die Gerichtsverhandlungen mit Carola Rackete weitergehen, machen Matteo Salvini und dessen Staff im Innenministerium Nägel mit Köpfen und klare Ansagen. Das Innenministerium Italiens gab ein klares Einreiseverbot für das Schiff Alan Kurdi in italienischen Gewässern bekannt, dem ist natürlich Folge zu leisten und ein Eindringen zu unterbinden. Vize-Premier Salvini bekräftigte zudem, dass sich weder Malta noch Italien diesem deutschen Schiff, auch mit der schwarz-rot-goldenen Flagge annehmen würden.

„Der nächste sichere Hafen“ sei in Tunesien, wo jährlich Millionen von Touristen ankommen würden, so Matteo Salvini zu den Reportern gestern. Oder aber es könne doch auch direkt Deutschland ansteuern, denn es ist ja bekanntlich ein deutsches Schiff – allein das laute Schweigen der Bundesrepublik sowie der Verweis auf die EU zeigen einmal mehr, wie scheinheilig es ist, eine deutsche Bootsführerin und Gesetzesbrecherin zu feiern und zu verteidigen, nachdem (!) das Schiff in Lampedusa gewaltsam angelegt hat, jetzt aber bei dem NGO-Schiff Alan Kurdi nur ein Pseudo-Meeresrauschen, wie wenn man eine angespülte Muschel ans Ohr hält, zu vernehmen wäre.

Doch es geht auch anders, denn nur ein paar Stunden später, vielleicht auch um Nachahmer der Sea-Watch zu vermeiden, sandte Salvini einen Eilbrief an den deutschen Innenminister Horst Seehofer, in dem er eindeutig und unmissverständlich erklärte, Italien wolle nicht länger der einzige Hotspot EU-Europas sein. Davon nichts zu wissen, kann die deutsche Regierung diesmal schlicht nicht mehr behaupten – wie bei der Sea-Watch.

Dass in Berlin wenigstens Verteilungsstrategien durchgesprochen werden, davon gehe man in Italien aus. Die Konstitution des Parlaments sowie der Kommissionen und des Rates, lassen die EU gerade etwas verpeilt oder nicht besonders interessiert erscheinen. Aber bitte, bloß keine unhübschen Bilder mit Migranten, künstlich in Not manövriert.

Nun hört und liest man aus Italien aktuelle Berichte sowie die der vergangenen Tage und gewinnt zunehmend und immer mehr den Eindruck, dass die angeblichen Seenotretter ihre Spielchen mit Menschen an Bord spielen – wahre Not und Krisen entstünden erst bei den Hilfsaktivisten an Bord. Ob unter italienischer oder deutscher Flagge, es könne nicht sein, dass Hilfen oder Häfen abgelehnt würden, nur um sich auf Italien zu kaprizieren. So auch mit einem italienischen Hilfsschiff „Alex“, das plötzlich La Valetta als zu weit entfernt einstufte.

Immer wieder heißt es dann, die Lage sei unerträglich, nur noch wenig Trinkwasser vorhanden, sogar die Skabies (Krätze) an Bord. Salvini sieht darin nur Tricksereien, um einer Registrierung und Kontrolle aus dem Weg zu gehen. Malta wäre somit das erste europäische Land, indem die Flüchtlinge ihren Fuß aufsetzten.

Während sie in Brüssel und Straßburg die internen Abstimmungen planen und ihren Coup (der keiner ist) feiern, war Salvini mit seinem ungarischen Kollegen und Außenminister Péter Szijjártó in Triest, um ein Wirtschaftsabkommen mit dem Hafengebiet zu unterzeichnen.

„Wir sind schockiert, dass sie in Brüssel diejenigen angreifen, die die europäischen Grenzen verteidigen. Sie unterstützen diejenigen, die die Souveränität der Mitgliedstaaten verletzen. Die NGOs wurden nicht gewählt. Wie kann die Europäische Union sie verteidigen?“, erklärte der junge ungarische Vertreter in seiner offiziellen Rede am Sitz der Region Friaul-Julisch Venetien.

See- und Landgrenzen gehören verteidigt. Und auch für NGO-Schiffe gelten nationale Regeln und Gesetze. Eine andere Antwort dürfte auch Horst Seehofer nicht finden, sollte er den Brief von Salvini beantworten. Aber vielleicht greift er auch zum Hörer, bevor es brenzlig wird und Schlimmeres geschieht.

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