Tichys Einblick
Ein Alptraum für viele Eltern

Italien: Größere Tragödie verhindert, als Mann Schulbus in Brand setzt

Nur durch das beherzte, aber genauso umsichtige und schnelle Eingreifen von Polizei und Carabinieri, wurde wohl der größte Alptraum aller Eltern rund um Mailand im Bezirk San Donato Milanese gerade noch verhindert.

FLAVIO LO SCALZO/AFP/Getty Images

Man stelle sich nur vor, zwei Schulklassen mit 51 Kindern, befanden sich fast eine knappe Stunde gefangen in einem Schulbus, und vom Fahrer des Busses mit dem Tode bedroht. Alles minutiös geplant. Statt die Schüler von einer Sportveranstaltung im Freien wieder zurück zur Schule zu fahren, stoppte der Busfahrer, ein italienischer Staatsbürger senegalesischer Herkunft, plötzlich den Schulbus, verschloss die automatischen Türen und bedrohte sie eindeutig mit den Worten: „Diesen Bus verlässt keiner von euch lebend …“. Den schockierten wie verängstigten Kindern nahm der Kidnapper und Busfahrer, der bereits seit 2002 in Italien lebt, die Handys ab. Fast alle gehorchten weinend, aber einem Jungen gelang es sein Mobiltelefon unter den Beinen zu verstecken.

Dieser Dreizehnjährige berichtete später, die Medien verpixelten sein Gesicht, dass der Busfahrer alle anschrie: „Keiner wird überleben im Bus. Keiner kommt lebend raus, wir fahren gemeinsam zum Airport Linate, wo es weiter gehe“, das sei die gerechte Strafe für die Toten im Mittelmeer. Der gebürtige Senegalese, in den Medien als Ousseynou Sy, 47 Jahre alt, benannt, habe auch schon begonnen, überall Benzin zu verteilen, das er davor schon griffbereit deponiert hatte. „Diese Regierung mit Salvini und Di Maio“, müsse aufhören mit dieser Politik des Tötens auf dem Mittelmeer.

Kurioserweise just zu einer Zeit, wo das Übersetzen auf dem Meer und damit die Zahl der Opfer zuvor zurückgegangen sind.

Jedenfalls gelang es dem Jungen mit einem Freund die „1-1-2“ zu wählen, einem anderen Mädchen gelang es ebenfalls, die Eltern heimlich noch aus dem Bus heraus zu kontaktieren.

Der Busfahrer, in Rage und nicht mehr im Griff, bedrohte die Kinder, das Feuerzeug in der Hand, er würde auch für eine Tragödie, einen Anschlag, in Linate (dem Airport) sorgen.

Da waren die Carabinieri und Beamten vom Sondereinsatz bereits schnell am Bus angekommen, öffneten die Türen und überwältigten den Geiselnehmer, der den Bus bereits in Brand gesetzt hatte, als er die Erstürmung der Polizei bemerkte. Wie durch ein Wunder blieben die meisten Kinder unverletzt. Zwölf trugen jedoch schwerere Verletzungen davon. Schockiert waren alle.

Der senegalesische Busfahrer, der angab, drei eigene Kinder im Mittelmeer verloren zu haben, was noch nicht bestätigt wurde, war in der Vergangenheit schon wegen mehrer Delikte und Trunkenheit am Steuer aufgefallen. Dinge, die erklärungsbedürftig scheinen, wenn man Schulkinder sicher von A nach B befördern soll. Ousseynou wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht und konnte noch nicht vernommen werden. Die Anklage lautet wohl gewalttätige Geiselnahme Minderjähriger und Planung eines Terroranschlags am Mailänder Flughafen.

Ganz Italien atmete auf, als die Eltern ihre Kinder in die Arme schließen konnten. Und wenn ein Junge nach seiner Befreiung zitternd in die Kameras spricht: „Ich dachte, es sei mein letzter Tag im Leben“, dann weiß man, wie nah Leben und Tod beieinander liegen. Innenminister Salvini bedankte sich bei den Einsatzkräften.


Giovanni Deriu, Dipl. Sozialpädagoge, Freier Journalist, ist seit 20 Jahren in der (interkulturellen) Erwachsenenbildung tätig.