Tichys Einblick
INDONESIEN – WOHIN GEHST DU?

„Gotteslästerung“ – die Waffe des indonesischen Islam

Der christliche Politiker Basuki Purnama, ehemaliger Gouverneur von Jakarta, ist nach eineinhalb Jahren Haft wegen Gotteslästerung wieder frei.

Jakarta's Christian governor Basuki Tjahaja Purnama (C), popularly known as Ahok, speaks to his lawyers after judges delivered their sentence during the verdict in his blasphemy trial in Jakarta on May 9, 2017. Jakarta's Christian governor was jailed for two years on May 9 after being found guilty of committing blasphemy, capping a saga seen as a test of religious tolerance in the world's most populous Muslim-majority nation.

BAY ISMOYO/AFP/Getty Images

2017 hatte Purnama (Spitzname: Ahok) hatte der ein paar Millionen Mitglieder zählenden radikalen Islamischen Verteidigungsfront (FPI) vorgeworfen, mit einem Koranvers den Muslimen weismachen zu wollen, keinen Andersgläubigen wählen zu dürfen.

Der Koranvers:

5|51|O ihr, die ihr glaubt! Nehmt nicht die Juden und die Christen zu Beschützern. Sie sind einander Beschützer. Und wer sie von euch zu Beschützern nimmt, der gehört wahrlich zu ihnen. Wahrlich, Allah weist nicht dem Volk der Ungerechten den Weg

Ahok sagte: Laut FPI-Propaganda verbiete der Koran angeblich die Wahl eines nichtmuslimischen Führers. Daraufhin demonstrierten eine halbe Million Muslime wegen Gotteslästerung gegen ihn. Kurz darauf wurde er für diese Aussage wegen Blasphemie zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Mit mehr als 200 Millionen Muslimen ist Indonesien der bevölkerungsreichste muslimische Staat der Welt. Darunter etwa 20 Millionen Christen. Ahok ist Christ und hat zudem chinesische Wurzeln. Er gehört damit einer weiteren, wegen ihres wirtschaftlichen Erfolges ungeliebten Minderheit an. Die 1998 erfolgten Gewalttaten gegen die chinesische Minderheit mit tausenden chinesischen Toten sind vielen noch in Erinnerung.

Ähnlich wie die Türkei war Indonesien vor Jahrzehnten ein liberaler muslimischer Staat. Dies hat sich nachhaltig geändert.

In Indonesien herrscht Religionszwang

Indonesien ist kein säkularer Staat. Religion und Staat sind nicht klar getrennt. Die Pancasila, die nationale Ideologie Indonesiens, schreibt den Glauben an Gott vor. Danach ist Indonesien eine religiöse Nation. Man MUSS Mitglied einer der sechs offiziell anerkannten Religionen sein: Islam, katholisches und protestantisches Christentum, Hinduismus, Buddhismus und Konfuzianismus. Diese Religionszugehörigkeit wird im Personalausweis vermerkt und öffnet offener oder verdeckter Diskriminierung natürlich Tür und Tor.

Entsprechend dem Religionszwang verabschiedet das Parlament Gesetze zu Fragen der Religion. Religiöse Erziehung ist an Schulen und Universitäten auf allen Stufen vorgeschrieben. Dem Islam folgend haben Atheisten in Indonesien keinen Platz. Die Verfassung gestattet, politische Führer nach Kriterien der Religion auszuwählen.

Islam und Christentum

Ich habe einige Zeit in Surabaya und am Lake Toba in Sumatra gelebt. Surabaya auf Java ist muslimisch geprägt, während der Lake Toba (der See ist fünf mal so große wie der Bodensee) von dem fünf Millionen starken Stamme der Batak beherrscht wird. Die Batak sind Christen. Wenn ich das Leben am Lake Toba mit dem Leben in Sumatra vergleiche, so stelle ich fest, dass die Menschen des Stammes einen wesentlich größeren Freiraum als im muslimischen Surabaya genießen. Alleine die Unmenge an Moscheen, die fünf mal am Tag ihre Megalautsprecher dazu benutzen, die Menschen in maximaler Lautstärke mit Texten des Koran zu beschallen, ist erschreckend.

Islam, Religion des Friedens?

Der Islam wird von Muslimen als friedliche Religion definiert. Die Frage ist, warum viele islamische Gesellschaften von dem blutigen Schisma zwischen Sunniten, Schiiten und Aleviten geprägt sind. Die Frage ist auch, warum es in keinem islamisch geprägten Land dieser Welt stabile demokratische Verhältnisse und eine tatsächlich pluralistische und offene Gesellschaften gib. Und es ist die Frage, warum inzwischen auch fast zwei Drittel der wahlberechtigten Türken in Deutschland den autoritären Staatschef Erdogan wählen.

Eine Differenzierung zwischen dem Islam und dem Islamismus ist kaum möglich. Die Vertreter eines wirklich toleranten Islam in Deutschland stehen oftmals unter Polizeischutz, weil diese von den Vertretern des „wahren“ Islam bedroht werden. Hamed Abdel Samad und Seyran Ates sind hier bei weitem nicht der einzige.

Der Einfluss Saudi-Arabiens in Asien

Wenn ich durch Java oder Sumatra fahre, bin ich jedes Mal fassungslos über die schiere Masse der Moscheen. In jeder Straße, jeder Gasse findet man eine Moschee, manchmal braucht es nur 100 Meter, um das nächste Haus Allahs zu finden. Um den Schein zu wahren, stehen verschleierte Frauen mit dem Klingelbeutel vor Allahs Häusern. In Wirklichkeit werden die Moscheen aber von Saudi-Arabien finanziert. Die Imam-Ausbildung, die muslimischen Schulen, Korruption und Bestechungsgelder von Armee und Verwaltung, alles bezahlt Saudi Arabien.

Indonesische Muslime studieren an arabischen Universitäten, arabische Organisationen sind in Indonesien aktiv. Viele propagieren einen wahabitischen reinen arabischen Islam. Dieser nutzt, so paradox es klingt, den Zuwachs an lokaler Demokratie, den Jakarta den Gemeinden gewährte. 10% der Kreise in Indonesien haben seitdem die Scharia eingeführt. Das heißt: Alkohol ist verboten, islamische Kleidung Pflicht, islamische Almosen sind vorgeschrieben, Schüler und Brautleute müssen den Koran auf Arabisch rezitieren können.

Die muslimische Eroberung Asiens

Nun ist Indonesien bis auf Bali schon vom Buddhismus befreit, aus Sicht der Moslem-Extremisten haben das die Philippinen, Indien und Burma noch vor sich. Auf den Philippinen regiert Duterte mit großer Unterstützung der Bevölkerung mit Härte. Dafür wird er von den islamfreundlichen Mainstream-Medien des Westens kritisiert.

Hinter allen islamischen „Befreiungsorganisationen“ steckt das Geld und der Einfluss von Saudi Arabien. Während Trump und andere westliche Politiker den Iran als Feindbild auserkoren haben, steckt hinter der Islamisierung auch in Deutschland das Geld der Saudis. Und das wird seltsamerweise wenig thematisiert.


K.-J. Gadamer: So fremd, so vertraut. Ein interaktives Buch über Indien und Deutschland. Zum Buch gibt es dort 19 Fotoshows und Filme