Tichys Einblick
Mehr gesunder Menschenverstand als Verbote

Ferienvermietung treibt nicht die Immobilienpreise hoch

Die Hotelbranche macht Druck auf Politiker, Airbnb&Co. noch mehr Grenzen zu setzen. Der spanische Erfolgs-Touristiker Kike Sarasola hält das für falsch.

Kike Sarasola gilt in der Branche als „bizarr“. Der ehemalige spanische Olympia-Reiter ist nicht nur ein Pferde-Narr, weswegen der Tierkopf auch im Logo seiner Hotelkette Room Mate verewigt ist, sondern anders als viele seiner Wettbewerber sieht er Kurzzeit-Wohnungsvermieter wie Airbnb nicht als Konkurrenz an. „Es ist normal, dass diese Option existiert und erfolgreich ist. Es ist ein anderes Erlebnis, privat bei jemanden zu übernachten oder in einem Hotel“. Statt gegen die neuen Anbieter zu wettern, hat er 2016 seine Nische in dem Geschäft gesucht. Er startete „Be Mate“ – Ferienwohnungen mit Hotelservice. Sie zielen auf zahlungskräftige Touristen ab, die städtische Luxuswohnungen aus Diskretionsgründen einem Hotel vorziehen. Diesen Schritt haben ihm viele aus der Branche übel genommen.

Inzwischen ziehen jedoch einige wie Hotusa, Marriot und Accor nach. Sarasola, der bereits sehr erfolgreich drei Gebäude in Madrid in Ferienwohnungen umgewandelt hat und mit seinem Konzept jetzt auch nach Mexiko expandieren will, ist kampflustig: “Ich würde gerne wissen, wie die Hotel-Lobby inzwischen über mein Vorgehen denkt?“

Sarasola, der abgesehen von Be Mate 26 Hotels in sieben Ländern, darunter auch in den EEUU, managt und elf weitere in den kommenden 18 Monaten eröffnet, hält allgemein nicht viel von Restriktionen. „Ich bin dagegen zu verbieten, um zu verbieten. Dass Urlauber und Touristen in einem Gebäude zusammen leben, ist eine Realität“, sagt der Hotelier. Der Rest wird vom Markt geregelt, glaubt er. Die Verpflichtung der Meldung von Einnahmen durch touristische Vermietung, der notwendige Erwerb einer Lizenz in vielen Städten und die stärkeren Kontrollen durch das Finanzamt, haben vielerorts bereits ausgereicht, um die Kurzzeit-Vermietung automatisch zu begrenzen: „Wir haben uns nach Jahren bei Airbnb entschieden, dass wir unser Studio in Madrid lieber wieder zur Langzeitmiete freigeben, weil es sich am Ende mit den Gebühren für die Nutzung der Plafform und dem Ärger, den man mit Urlaubern und auch mit dem Finanzamt hat, nicht mehr rechnet“, sagt Wohnungs-Eigentümer Ricardo Zafra, der reagierte, bevor das Verbot für die Vermietung in seinem Viertel in Kraft trat. Die gerade abgewählte Madrider Bürgermeisterin Manuela Carmena hatte durchgedrückt, dass in einigen Teilen der bei Touristen immer beliebteren spanischen Hauptstadt, keine Lizenzen mehr für die private Kurzzeitvermietung ausgegeben wurden: „Wir wollen nicht, dass die Stadt sich komplett dem Tourismus unterwirft“, war ihr Argument.

Rückgang von Ferienvermietung senkt nicht die Preise

Carmena hoffte zudem wie viele andere Bürgermeister, dass damit auch die Mietpreise runtergehen würden, was sich bisher jedoch nicht einstellte. Auch in Berlin und Palma de Mallorca ist die Strategie des Verbots bzw. der Einschränkung von privaten Ferienvermietungen eher nach hinten los gegangen. Seit Jahren steigen hier die Kauf- und Mietpreise. „In Palma haben die Restriktionen keinen Preisrückgang bewirkt“, bestätigt der dort tätige deutsche Anwalt Tim Wirth, der sich vor allem auf Immobilien spezialisiert hat. Die durchschnittliche Miete in Palma stieg von 1.316 Euro im November 2018 auf 1514 im April 2019. Erst im Mai ging sie leicht runter. In Berlin, wo die Entwicklung ähnlich ist, gibt es jetzt eine Gesetzesvorlage von der Stadtentwicklungssenatorin, nach der die Mieten für die kommenden fünf Jahre nicht mehr steigen dürfen.

Berliner Mieten gehen stets nach oben – trotz Restriktionen

Durchschnittlicher Quadratmeter-Mietpreis für 30 Quadratmeter-Wohnung, 2012 – 2018

Jahr – Berlin – Deutschland

2012 9,02 €      7,91 €
2013 10,08 €    8,38 €
2014 11,06 €    8,62 €
2015 11,55 €    9,41 €
2016 14,25 €    11,59 €
2017 12,04 €    9,68 €
2018 13,93 €    11,06 €

Quelle: Mietspiegel, Wohnungsbörse 

Überhitzung beruht immer auf starker Nachfrage

Für Marco Wölfle, Professor für Immobilienwirtschaft, sind Verbote jedoch auf Dauer nicht der richtige Weg: „Erhöhte Preise stehen im Zusammenhang mit einer stark wachsenden Nachfrage“. Das trifft auf alle oben genannten Märkte zu, die nicht nur bei Touristen, sondern auch bei Einheimischen wegen der Arbeitsmöglichkeiten und Lebensbedingungen sehr beliebt sind. „In Deutschland steigen die Preise, weil viele junge Leute in die Städte ziehen und dort für Nachfragedruck sorgen. Während in ländlichen Regionen kaum Preisveränderungen stattfinden, steigen die Preise in den Großstädten wie Berlin, Hamburg und München sehr deutlich an“, sagt Wölfle.

Er glaubt, dass wir uns besser mit den Ursachen für hohe Mieten auseinandersetzen müssen, bevor wir in Panik handeln: „Wenn etwas knapp ist, wird es teuer. Das gilt leider auch für Mietwohnungen in den Städten und deswegen müssen wir noch mehr bauen an den Stellen, wo das der Fall ist“. Von Enteignung hält er gar nichts: „Das widerspricht einem Grundrecht der Bundesrepublik Deutschland. Von der ganzen Diskussion halte ich gar nichts, weil Grundrechte nicht verhandelbar sind. Wir diskutieren ja auch nicht, ob die Würde des Menschen doch angetastet werden sollte, Männer und Frauen doch nicht gleichberechtigt sind oder wir künftig nicht mehr unsere freie Meinung sagen dürfen“.