Tichys Einblick

Die spanische Monarchie steckt in der Krise

Felipe VI. wird 50, aber auch wenn es offiziell anders aussieht: Es gibt keinen Grund zum Feiern. Was bringt die Monarchie von Francos Gnaden heute noch?

© Carlos Alvarez/Getty Images

Felipe VI. wird 50 Jahre alt, seit fast vier Jahren ist er König, aber einen nachhaltigen Eindruck hat er noch nicht hinterlassen. Anders sein Vater, ein Frauenjäger, der auf Elefanten schieβt und damit kurz vor seiner Abdankung 2014 immer wieder für Negativ-Schlagzeilen sorgte. Der gerade 80 Jahre gewordene Juan Carlos I. hat aber auch politische Zeichen gesetzt, er hat Krisen bewältigt. Er sprach einfach, aber klar, hatte Empathie und wusste, was für Spanien richtig war in den vielen historischen Momenten seiner Amtszeit. Sein Sohn dagegen ist farblos. Mit der Katalonien-Krise weiβ er nicht richtig umzugehen, dabei wäre seine Führungskraft und sein Vermittlungsinstinkt jetzt gefragt.

Dennoch: Spanien ohne König ist trotz einer wachsenden Bewegung für eine Republik derzeit nicht vorstellbar. „Ich bin überzeugter Republikaner, aber Spanien ohne König macht mir Angst,“ sagt der in Madrid lebende 70jährige Fernando Rodríguez, der noch die Diktatur miterlebt hat und auch für geraume Zeit nach Frankreich auswanderte: „Ich habe die französische Republik immer bewundert, aber in Spanien ist es derzeit undenkbar.“ Für ihn hat das auch damit zu tun, dass die Spanier von Natur aus misstrauisch sind, wie es der Journalist und Ingenieur Ignacio Sánches-León in seinem Buch „La moral inmoral“ (die unmoralische Moral) beschreibt. Das wiederum hängt damit zusammen, dass seit dem 15. Jahrhundert Kirche und Krone fester Bestandtteil des spanischen Lebens sind: „Jede Veränderung wird von diesem Macht-Establishment blockiert,“ schreibt Sánches-León.

Spaniens neuer König räumt auf mit der Korruption im eigenen Haus

Felipe VI. hat auch nur um seines eigenen Überlebens willen Veränderungen eingeführt. Gemäβ einer Studie des spanischen Büros der Organisation Transparency International bietet das Königshaus inzwischen viel mehr Information als noch vor ein paar Jahren. „Der Bürger weiß jetzt, wieviel der königliche Haushalt dem Steuerzahler kostet und in gewisser Weise kann er einschätzen, was er dafür zurückbekommt,“ sagt der Universitätsprofessor und Vorsitzende von Transperency International in Madrid, Jesús Lizcano. Mehr Transparenz, auch über die Webseite, war nötig geworden, weil die Schwester des Königs, Cristina und ihr Mann, Iñaki Urdangarin, seit ein paar Jahren in verschiedene Korruptionsfälle verwickelt sind. Cristina wurde von der Justiz bisher nicht als mitschuldig erklärt, obwohl sie Unterschriften für die von ihrem Mann geleitete und auf Mallorca angesiedelte soziale Stiftung leistete. Urdangarin wurde dagegen zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Der ehemalige Handballprofi hat das Urteil angefochten. Bis zum Frühjahr soll das Oberste Gericht in Madrid über seinen Einspruch entscheiden – und über den Antrag der Staatsanwaltschaft für ein noch höheres Strafmaß. Dieser Skandal hat dem Königshaus enorm geschadet, Felipe VI hält sich seitdem fern von seiner Schwester. „Bis vor wenigen Jahren war es in Spaniens Politik üblich, Menschen zu bestechen, um bestimmten Aufträge zu bekommen. Davon war die Monarchie auch nicht ausgeschlossen. Eine Hand wusch die andere. Heute kann sich das Land diese Vetternwirtschaft nicht mehr leisten, zumindest muss sie aufpassen, nicht erwischt zu werden,“ sagt Roberto Centeno, Wirtschafsprofessor und langjähriger Manager in der Ölindustrie.

Der bestausgebildeteste König, den Spanien je gehabt hat

Trotz einer scheinbar weiβerem Weste und einer sehr guten Ausbildung kann Felipe VI. die Herzen der Spanier nicht wirklich gewinnen, auch wenn sich diese in Umfragen mehrheitlich für die Monarchie aussprechen. Der 50jährige folgt vor allem dem Protokoll, anders als sein Vater, alles in enger Absprache mit dem Premier Mariano Rajoy. Auch Königin Letizia wirkt spröde. Beiden fehlt etwas, was man nicht an Universitäten oder Business-Schulen lernen kann und was auch Rajoy fehlt: Charme, Ausstrahlung, Witz.

Dennoch wäre es falsch zu glauben, dass die Monarchie nur von Francos Gnaden lebt, der sie noch vor dem Ableben 1975 einleitete. Ihr Fundament basiert inzwischen auf der Angst vieler Spanier vor dem Chaos, das sie mit den ersten beiden Republiken Anfang des 20.Jahrhunderts verbinden. Für die Franco-Anhänger war dieses Chaos und die Radikalisierung der Politik der Grund für den Bürgerkrieg. „Wenn man die zwei Systeme vergleicht, dann hat die Monarchie bei vielen Spaniern den besseren Eindruck hinterlassen,“ sagt der Politologe und Autor José Antonio García Muñiz.

Für den Politikwissenschaftler Lizcano gibt es in Spanien heute noch einen König, weil es keine Alternative zu ihm gibt: „Die Politiker der beiden Volksparteien PSOE und PP haben sich durch die ganzen Korruptionsfälle diskreditiert. Es gibt kein Vertrauen in ein politisches, von den Parteien gewähltes, Staatsoberhaupt wie man es in Deutschland kennt. Die spanischen Politiker sind keine moralischen Beispiele und scheinbar auch kein Garant für die Einheit, wenn man sich den Fall Katalonien anschaut.“ Dennoch bezweifeln wie er viele, dass die derzeitige Thronfolgerin Leonor jemals zum Zuge kommen wird.