Tichys Einblick
Corona-Proteste international

Die Idee vom Freiheits-Konvoi der Trucker zieht um die Welt

Der internationale Protest gegen Corona-Maßnahmen wird vielfältiger. Die kanadischen Trucker inspirieren mit ihrem entschiedenen Eintreten für die individuellen Grundrechte Demonstranten in aller Welt. Ihnen geht es vor allem um eines: ihr ganz normales Leben wiederzuerlangen. In den Niederlanden gelang das.

IMAGO / PanoramiC

Auch an diesem Wochenende gab es weltweit zahlreiche große Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen und die Impfpflicht. In Kanada ebenso wie weltweit standen die Proteste von Lastwagenfahrern im Zentrum der Aufmerksamkeit. Während die Blockaden durch LKW-Fahrer nach dem Willen von Premierminister Justin Trudeau in den nächsten Tagen aufgelöst werden sollen, intensivieren sich die Proteste in der Hauptstadt Ottawa und im Grenzbereich zu den USA noch immer. Im südwestlichen Ontario, also in direkter Nachbarschaft zu den USA, setzen sich die Trucker-Konvois gegen Masken- und Impfpflicht fort. Lastwagenfahrer protestieren so gegen die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit, vor allem im Grenzverkehr mit den USA.

Sie wissen, dass sich ihre Bewegung gerade rund um den Globus ausbreitet. Manche glauben, dass die Proteste auch dann nicht enden werden, wenn die Einschränkungen fallen sollten. Viele Bürger seien seit langem zornig und würden den Protest fortsetzen. Auch hier steht das Verhältnis zwischen Lohn und monatlichen Ausgaben im Zentrum; immer weniger Kanadier können sich ein eigenes Heim leisten. Auch Veteranenverbände stärkten den Truckern nun den Rücken, an der Grenze zu den USA.

Daneben versammelten sich erneut tausende Demonstranten vor dem Parlament in Ottawa wie auch im Zentrum von Toronto. Aus den USA unterstützte der republikanische Senator Rand Paul den „zivilen Ungehorsam“ der Kanadier: „Ich hoffe sehr, dass die Trucker auch in die Vereinigten Staaten kommen.“ Teils wurde aber auch Kritik an den Truckern laut, weil ihre Blockaden die wirtschaftlichen Probleme im Gastgewerbe und der produzierenden Industrie verschärften. In Victoria in der Provinz British Columbia sprach der ehemalige Premierminister von Neufundland, Brian Peckford, in einer Rede von den individuellen Freiheitsrechten, die jeder Kanadier besitze und die ihm folglich nicht durch neue Regeln genommen werden können.

Polizeigewalt in Paris – zäher Protest in Wien

In Paris haben sich am Samstag, wie jede Woche, tausende Demonstranten zu einem Protestmarsch gegen die 2G-Regelungen („passe vaccinal“) und die darin ausgesprochene implizite Impfpflicht versammelt. Aus Anlass des „Freiheitskonvois“ der französischen LKW-Fahrer, der am selben Tag in Paris ankommen sollte, griff die Polizei an diesem Samstag zu harten Gegenmaßnahmen. Es kam in mehreren Fällen zu Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten, Tränengas wurde gegen Bürger auf den Champs-Élysées und im Umfeld der angemeldeten Demonstration an der Place d’Italie eingesetzt. Immer wieder gingen Polizisten körperlich gegen Demonstranten vor. Dabei wurde ein Demonstrant schwer verletzt.

In Wien hatte es schon am Freitag einen Autokorso nach kanadischem Vorbild gegeben. 1.605 Anzeigen wurde ausgestellt und in einigen Fällen umgehend Kennzeichen und Führerscheine entzogen. Gegenstand der Anzeigen war vor allem das allgemeine Hupverbot in der österreichischen Hauptstadt. Der Korso war wegen der befürchteten „Lärm- und Abgasbelastung“ sowie der Ankündigung einer Blockade untersagt worden. Am Samstag gab es einen gewohnt bunten, sehr friedlichen Protestzug rund um den Ring. Auch ein Lastwagenfahrer schaffte es dorthin.

In Klagenfurt wurde auf einem Protestmarsch von mehr als tausend Demonstranten der Rücktritt der Bundesregierung gefordert. Weiter gab es Proteste in Graz und anderen Städten. Am Samstag war die 2G-Regelung für Geschäfte ausgelaufen. Laut dem Handelsverband übertraf der erste Einkaufssamstag „alle Erwartungen“. Als nächster Lockerungsschritt wird nun die Aufhebung von 2G im Gastgewerbe gefordert. Für den morgigen Montag ist ein LKW-Konvoi in der belgischen Hauptstadt Brüssel geplant, für den vorsorglich ein großer Parkplatz ausgewiesen wurde. Man darf gespannt sein.

Drangvolle Enge auf den Straßen, qualvolle Leere in den Geschäften

In London und anderen britischen Städten gab es hunderte Demonstrationen gegen die gestiegenen Lebenshaltungskosten, die nicht direkt im Zeichen der Pandemie standen, aber doch von ihr beeinflusst sein könnten. Auch italienische Kommunen setzten vergangene Woche ein Zeichen, indem sie die Beleuchtung bekannter Monumente ausschalteten. Die Gemeinden protestierten damit gegen die gestiegenen Energiepreise. Die entsprechenden Haushaltsposten würden dieses Jahr wohl um knapp ein Drittel steigen. Daneben gab es am Samstag Demonstrationen gegen den „green pass“ der Regierung Draghi in größeren Städten wie Rom,Turin, Triest und Bozen. Medien sprechen von „hunderten“ Demonstranten. Vorsicht ist auch hier, wie stets bei Zahlenangaben, geboten. Auch in Rom und Turin war viel die Rede von möglichen Blockaden durch Autokorsos und Konvois. Manch einer hielt schlicht den Kontrast fest, zwischen der drangvollen Enge auf den Straßen und der qualvollen Leere in den Lokalen – an einem normalen Samstagabend in einer italienischen Stadt.

Offene Clubs in Amsterdam, Dauerzelten in Neuseeland

Eine besondere Art des Protestes gab es in der Nacht zum Sonntag in den Niederlanden. In Amsterdam, Rotterdam, Utrecht und weiteren Städten gab es volle Nachtclubs, obwohl Geldstrafen bis zu 4.500 Euro drohten. Unter dem Motto „De Nacht staat open“ (Die Nacht steht offen) verweigerten sich Club-Besitzer und Feiernde dem Verbot. In Maastricht und Groningen knickten die Clubbesitzer angesichts drohender Strafen von bis zu 50.000 Euro ein. Die Jugendlichen feierten daraufhin laut der Zeitung Algemeen Dagblad „illegale Parties“ im Freien. Es ergaben sich insgesamt Bilder eines relativ normalen Lebens (siehe Video). Am 18. Februar sollen die meisten Corona-Maßnahmen in den Niederlanden fallen, bis Ende Februar dann alle Einschränkungen enden sollen.

In der australischen Hauptstadt setzten sich die Proteste rund um den „Canberra Freedom Convoy“ fort. Das dritte Wochenende in Folge versammelten sich Demonstranten rund um das Parlamentsgebäude. In vielen Medien war von „einigen tausend Demonstranten“ die Rede. Die Polizei hat den Demonstranten nun eine Frist gesetzt: Sie müssen die „besetzten Areale“ der Hauptstadt noch am Sonntag verlassen. Was im anderen Fall droht, wurde nicht gesagt. In Australien haben sich 94 Prozent der Bevölkerung „impfen“ lassen. Doch eine definitive Aufgabe der Pandemie-Restriktionen lässt auf sich warten.

Auch in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington protestierten Lastwagenfahrer und andere Demonstranten vor dem Parlament. Viele haben ihr Zelt auf dem angrenzenden Rasenstück aufgeschlagen. Gefordert wird die Aufhebung der Impfpflicht im Gesundheits- und Bildungswesen. Bis jetzt gab es mehr als hundert Festnahmen durch die Polizei, auch Wasserwerfer wurden eingesetzt. Doch selbst ein heranziehender Zyklon, der dem Land teils Stromausfälle und Schlammlawinen bescherte, konnte die Demonstranten zum Einlenken bringen. Ähnlich wie in den Niederlanden versucht man auch hier, dem Maßnahmendruck der Behörden durch normale Aktivitäten zu trotzen. Auch der traditionelle Haka-Tanz der Maori soll die neuseeländischen Impfpflichten beenden helfen.

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