Tichys Einblick
Bigott

Zentralkomitee der Katholiken macht Parteipolitik

Thomas Sternberg ist CDU Mitglied und sein katholischer Verein nimmt für sich in Anspruch, als Zentralkomitee für etwas mehr als 20 Millionen Katholiken zu sprechen.

Getty Images

Wie bedankt man sich für ein Bundesverdienstkreuz erster Klasse? Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken jedenfalls bekam seines im Mai diesen Jahres und gab nun der Osnabrücker Zeitung ein viel beachtetes Interview, in dessen Verlauf er die AfD „rechtsradikal“ nennt. Thomas Sternberg heißt der Mann. Er ist CDU Mitglied und sein katholischer Verein nimmt für sich in Anspruch, als Zentralkomitee für etwas mehr als 20 Millionen Katholiken zu sprechen.

Zunächst erinnert Sternberg daran, dass die NPD schon einmal im sächsischen Landtag saß mit über 14 Prozent der Stimmen. Die seien nun weg, weil, so Sternberg, „ ein demokratischer Staat das in den Griff bekomm(t).“

Aber Sternberg hat auch eigene Lösungsansätze. Für ihn lautet Ansatz Nummer eins „eine solide Politik mit transparenten Informationen“. Diese sollte beispielweise die „angebliche riesige Gruppe von Straftätern unter den Flüchtlingen“ als Lüge dechiffrieren. Denn, so Sternberg: „Diese Information stimmt einfach nicht. Im Jahr 2017 ist der Anteil von ausländischen Straftätern zurückgegangen.“

Der Präsident des Zentralrates der Katoliken beruft sich damit also im Herbst 2018 auf eine Kriminalstatistik, die mittlerweile allerdings längst auch von vielen Leitmedien ganz anders gelesen wird, wenn in bestimmten Deliktgruppen Asylbewerber, Geduldete, „unerlaubt Aufhältige“, subsidiär Geschützte und Kontingentflüchtlinge deutlich häufiger als Täter anzutreffen sind. Diese Deliktgruppen sind beispielsweise Taschendiebstahl, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, gefährliche und schwere Körperverletzung, Raubdelikte und Wohnungseinbruchsdiebstähle.

Gerade in Anbetracht der Opfer, die hier insbesondere Frauen, Minderjährige und Alte sind, muss man sich schon fragen, wie abgebrüht das eigentlich ist, was Sternberg da als Falschinformation in den Raum stellt. Für den frischgebackenen Bundesverdienstkreuzträger keine Sache. Verliehen wurde es ihm übrigens direkt aus den Händen des Ministerpräsidenten Armin Laschet. Der ist selbst ein engagierter Kämpfer gegen das rechtsradikale AfD-Böse und sagte in seiner Laudatio auf Sternberg: „Die Verdienste und die Vielfalt, die wir heute würdigen, haben ja sonst in einem Menschen gar nicht genug Platz. Es sei denn, er heißt Thomas Sternberg.“

Nun kommt Sternberg seinem Parteikollegen Laschet nicht nur in dieser Sache entgegen. Wo Laschet in seinem Bundesland bei der feierlichen Eröffnung der neuen DITIB-Moschee in Aachen verkündete: „Islam gehört zu NRW“, lehnt sich Sternberg auch hier gerne daran an, wenn er im Interview weiter sagt: „Auch der Islam ist nicht das Problem. Wir sollten aus dem Ende von Weimar gelernt haben: Es ist brandgefährlich, eine Religion für alle Probleme in der Gesellschaft verantwortlich zu machen.“

Nach oben ausschlagende Erregungskurve
Grüße aus der Welt der Funktionäre
Weiter geht es bei Sternberg auch um das Kirchenasyl. Hier ist die katholische Kirche in der komfortablen Lage, sich auf eine offizielle Vereinbarung mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge berufen zu können, so der Präsident des Zentralrates. Die allerdings sieht dann doch anders aus, als Sternberg sie darstellt, wenn er Kirchenasyl für legitim hält und behauptet, dass sei „zwischen dem BAMF und den Kirchen vereinbart.“ In Wahrheit dient die Kommunikationsstruktur zwischen BAMF und Kirche insbesondere dazu, problematische Einzelfälle so zu lösen, dass Kirchenasyle möglichst bereits im Vorfeld verhindert oder verkürzt werden können.

Nun scheut sich Sternberg in besagtem Interview mit der Osnabrücker Zeitung nicht, auch die Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe durch zehntausende katholische Würdenträger weltweit zu besprechen. Zunächst ist ihm allerdings wichtig, in der Sache einen persönlichen Eindruck mitzuteilen, der besagt, er glaube, „dass Gegner des Papstes den Umgang mit dem Missbrauchsskandal in den USA ausnutzen.“ Das findet er infam, wenn damit das Ansehen des Papstes geschädigt und zerstört werden soll.

Das Erstaunliche an diesem Interview ist tatsächlich diese Aufeinanderfolge einer doch ziemlich lässig vorgetragenen Diskreditierung, einer Diffamierung einer demokratisch gewählten deutschen Partei und gleich darauf die engagierte wie vehemente Verteidigung einer Institution, die jahrzehntelang (streng genommen Jahrhunderte lang) erfolgreich die massenhafte Vergewaltigung von vorwiegend kleinen Jungen gefördert, geschützt und erfolgreich vor Strafverfolgung verschleiert hat.

Besonders kurios wird es dann, wenn Sternberg zu Beginn seines Interviews Alexander Gauland vorwirft, der hätte diese oder jene Aussage getroffen und wenn Sternberg daraus den rechtsradikalen Charakter von Parteichef und Partei abliest. Dann aber, wenn es um seinen Papst geht, für sich in Anspruch nimmt, dessen Aussage, „man könne homosexuelle Kinder in der Psychiatrie behandeln“ sei eben „einer dieser zu schnell dahingesagten Sätze bei einer Pressekonferenz im Flugzeug, die dann in der Welt sind. Daraus Homophobie zu konstruieren, halte ich für absurd.“ Was für eine schreckliche Bigotterie aber ist das eigentlich noch dazu vom Präsidenten des Zentralrates der Katholiken vorgetragen?

Die Osnabrücker Zeitung fragt zu Recht nach: „Eröffnen nicht gerade unbedachte Sätze einen Einblick in die Gedankenwelt eines Menschen und auch der Kirche?“ Wir wissen nicht, ob Thomas Sternberg wirklich verstanden hat, was der Interviewer ihm hier serviert, jedenfalls gibt er den Unbedarften und empfiehlt den Lesern der Zeitung „die Lektüre des apostolischen Schreibens Evangelii Gaudium oder der wunderbaren Schrift Amoris Laetitia.“ Letztere ist laut Papst Franziskus „ein Geschenk für Ehepaare und Familien.“ Und da staunt man dann schon ein bisschen, wenn man sich einliest. Denn was Franziskus da über Gesellschaft und Familie schreibt, liest sich streckenweise, wie die Blaupause für das Parteiprogramm der AfD Stichwort „Familienpolitik.“