Tichys Einblick
Er wollte, die TU nicht

Professor Werner Patzelt politisch in Dresden abgestraft?

Einfach einmal die Fakten aneinander gereiht.

Nun gut, die Technische Universität Dresden hätte es sich wahrscheinlich auch ganz einfach machen und die Bewerbung ihres prominenten Politikwissenschaftlers Professor Werner Patzelt zum Seniorprofessor einfach ablehnen können, ohne hier eine umfangreiche, zudem verdächtig politische, Begründung abzuliefern. Sicher hätten sich auch unverfänglichere Absageargumente finden lassen. Aber offensichtlich wollte man eben diese Form wählen und also auch diese Art von Aufmerksamkeit und Debatte ins eigene Haus holen.

Zur abgelehnten Seniorprofessur muss man sagen, dass es diese in vielen Bundesländern noch gar nicht so lange gibt. So hatte Niedersachsen gemeinsam mit der Volkswagen-Stiftung 2008 die sogenannte „Niedersachsen-Professur 65+“ eingeführt. Idee dahinter war es, exzellente Forscher nach Erreichung des Pensionierungsalters weiterbeschäftigen zu können. Nun begnügten sich einige Medien in der Berichterstattung damit, den Worten Patzelts gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zu folgen. Wobei es allerdings ein Leichtes wäre, die aufgeschlossene und gut erreichbare Pressestelle der TU Dresden zu befragen, die auch gerne und umfangreich Auskunft gibt, auch auf eine Online gestellte Presseerklärung kann verwiesen werden.

Aber bleiben wir zunächst bei Professor Werner Patzelt. Dessen bisherige Professur endet regulär Ende März 2019. Er bewarb sich deshalb um eine „Anschlussverwendung als Seniorprofessor“. Diese wurde abgelehnt. Nach Angaben von Patzelt mit folgender Begründung:

Er hätte laut Universität „auf unzulässige Weise die wissenschaftliche und die politische Rolle“ vermengt. Ein zweiter Vorwurf der Universität sei, dass er Universitätsleitung und Landeswissenschaftsministerin in der Debatte um die Gründung eines Universitätsinstituts öffentlich kritisiert habe. Damit habe er nach Darstellung der Universität „gegen das Mäßigungsverbot verstoßen“, dem er als Professor unterliege. Beide Vorwürfe wies er zurück: „Ich habe keine Rollen vermengt. Ich habe mich immer nur für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eingesetzt – auch gegenüber ihren Feinden und Gegnern.“ Patzelt sagte weiter, er habe nur Fakten beschrieben.

Nun erklärt die Pressestelle den Fall so: Eine Seniorprofessur sei für Personen gedacht, die man unbedingt halten wolle. Das wäre bei Patzelt wohl einfach nicht der Fall gewesen. Was man ungewöhnlich finden könnte, immerhin gilt Patzelt als prominenter Vertreter der TU. Die Pressestelle sagt es kurz und knapp: „Er wollte, wir nicht.“ Damit könnte die Geschichte beendet sein, denn einen Rechtsanspruch gibt es nicht.

Mutmaßlich sah sich die TU Dresden nun allerdings ihrem bekannten Professor gegenüber zu Wahrhaftigkeit verpflichtet und sprach Tacheles mit ihm. Kurz verweist die Pressestelle darauf, dass Patzelt eine Zeit lang einen privaten politischen Blog unter der Adresse der TU betrieben hätte, was er auf Hinweis dann aber unterließ.

„Wer nicht hören will, wird eben fühlen“
Professor Patzelt: Warum AfD und Grüne so stark werden und SPD wie CDU/CSU verlieren
Die Presseerklärung ist umfangreich. Zunächst wird bestätigt, das Patzelt ganz regulär zum März 2019 in den Ruhestand geht. Die Philosophische Fakultät hätte keinen Antrag für eine Seniorprofessur für ihn gestellt. Diese Möglichkeit bestände in Dresden seit dem Wintersemester 2009/2010. Eigenbewerbungen sind nicht möglich. Darüber entscheiden alleine der Dekan und der Rat der jeweiligen Fakultät. Im Falle Patzelt wurde diese Entscheidung nicht gefällt.

Der Stein des Anstoßes dürfte hier also alleine in der nachgereichten Begründung liegen, nachdem Patzelt eigeninitiativ Interesse angemeldet hatte und sich der Dekan der Philosophischen Fakultät, Prof. Lutz Hagen, mit den Mitgliedern des Fakultätsrates besprochen und letztlich gegen die Beantragung einer Seniorprofessur für Prof. Patzelt an das Rektorat entschieden haben.

Begründet wird es damit, dass Professor Werner Patzelt „Politik und Wissenschaft derart vermischt habe, dass dem Ruf der TUD und der Fakultät dadurch geschadet wurde.“ Eine harte Aussage. Der private Blog auf der TU-Internetseite soll dafür der alleinige Grund sein? Nein, ein weiterer Grund sei, so die Presseerklärung, „die öffentliche, aus Sicht der TU Dresden nichtzutreffende Kritik seitens Professor Patzelt, der Rektor der TUD habe die Bundesfinanzierung für ein von und für Prof. Patzelt geplantes wissenschaftliches Institut verhindert.“

Daraus dürfte schon eher ein Schuh werden. Aber weitergehend äußert sich die Erklärung dann nicht. Die TU Dresden betont allerdings abschließend: „Auch ohne Seniorprofessur bleibt Prof. Werner Patzelt wie alle Professoren, die beim Eintritt in den Ruhestand an der Technischen Universität Dresden unbefristet beschäftigt waren, Angehöriger der TU Dresden. Er behält seinen Professorentitel und kann selbstverständlich seine laufenden Projekte beenden.“

Wie nun damit umgehen? Die Universität hat es sich mit ihrer offenen Haltung nicht einfach gemacht und einen Rechtsanspruch auf die Stelle gibt es nicht. Selbstverständlich ist es ein leichtes, nun aus dieser Ablehnung ein Politikum zu stricken. Besonders dann, wenn man die aktuellen Debatten um wissenschaftliche Gutachten des Professors für die AfD verfolgt. Besonders pikant hier wohl auch für seine Skeptiker, dass Patzelt parallel als Berater der CDU Sachsen agiert. Der Spiegel titelt hier populistisch: „TU Dresden verweigert CDU-Berater Patzelt Seniorprofessur“. Nun wäre es auch für das Hamburger Magazin ein leichtes gewesen, sich bei der TU zu informieren, um anschließend festzustellen: Da wurde nichts verweigert, es wurde nur nicht beantragt.

Auch der Spin weiterer Medien dabei ist schon bemerkenswert:

Lassen wir Werner Patzelt abschließend selbst zu Wort kommen. Der nämlich schreibt auf seinem privaten Blog vor wenigen Tagen, er hätte nie Kontakte zu Parteien gescheut, das würde für die PDS und die SPD ebenso gegolten haben wie zu anderen Parteien. Die Initiative, wissenschaftlichen Rat zu erfragen, „ging dabei stets von den Einladenden aus. (…) Ebenso habe ich es gehalten, als die AfD als parlamentarische Oppositionspartei anfing, meine Expertise zu suchen.“

Anschließend listet Patzelt eine Reihe von diesbezüglichen Arbeiten auf, beginnend mit Januar 2015 und einem Gutachten „Der Sächsische Koalitionsvertrag von 2014 im Licht des AfD-Wahlprogramms. Ansatzpunkte parlamentarischer Oppositionsarbeit“ und endend mit Oktober 2018 und einem „Referat und Teilnahme an einer Veranstaltung von Frank Magnitz, AfD, zum Thema „Ein Jahr AfD im Bundestag – ein Jahr populistische Opposition im Bundestag?“

Es folgt eine Liste von eigenen Publikationen über die AfD, die sechzehn Schriften umfasst. Unter ihnen auch „Warum AfD und Grüne so stark werden und SPD wie CDU/CSU verlieren“, Interview in: Tichys Einblick, 7. Oktober 2018.

Wir zitieren daraus:

TE-Autor Oswald Metzger fragte damals: „Besonders zwei Parteien profitieren derzeit massiv: die AfD und die Grünen.“

Und Werner Patzelt antwortete: „Ja, und aus gutem Grund: Beide vertreten in diesem Großkonflikt in sich stimmige Positionen und stehen einander gegnerisch gegenüber. Die Grünen sind für weltweite Freizügigkeit, für die Überwindung von Nationalstaaten und Grenzen, für den Verzicht auf die Idee nationaler Kulturen. Hingegen will die AfD jede rein selbst ermächtigte Zuwanderung stoppen, den Nationalstaat mitsamt seinen Grenzen sichern und eine deutsche Kultur pflegen.“

Weiter fragte Oswald Metzger:
„Sie sind persönlich als „Pegida-Versteher“ diskreditiert worden, als verkappter AfD­Sympathisant und Rassist. Vergangenes Jahr wurde Ihr Privatauto vor dem Haus durch Brandstiftung zerstört. Sind die Täter eigentlich ermittelt worden?“

Antwort Patzelt: „Die Antifa Nordost hatte angekündigt, dass ich für meine politisch unwillkommenen Aussagen schon noch bezahlen würde. Nach dem Abfackeln des Familienwagens veröffentlichte sie dann im Internet ein Bekennerschreiben, das die Polizei für glaubwürdig hält. Jedenfalls ist klar, dass die – weiterhin unbekannten – Täter aus der linken Szene stammen.“