Tichys Einblick
Auf zum Kompromiss-Konflikt

Jamaika: Der Kompromiss-Kompromiss

„Hört der Schwachsinn eigentlich nie auf?“, so und ähnlich klingen Fragen von Bürgern, die mit Parteien und Koalitions- und machterhaltenden Berliner Kungeleien wenig am Hut haben. Aber der Kompromiss-Kompromiss wird schon im Vorfeld zum Kompromiss-Konflikt.

© Gero Breloer/AFP/Getty Images

Die Verärgerung wächst unter denen, die einfach nur Gewissheit haben wollen, dass die Parteien endlich Lösungsvorschläge anbieten mögen. Politik ist für Einige alles, aber für die Allermeisten gilt es, Beruf, Alltag und Familie zu bewältigen; sie vergeben den Wählerauftrag und fragen jetzt: Wie schwer ist es eigentlich, beispielsweise illegale Zuwanderung via konsequenter Grenzsicherung zu unterbinden? Ist es wirklich unmöglich, Abschiebungen durchzusetzen und endlich denen eine Perspektive zu geben, die sie gewählt haben? Das muss man jetzt mal so sagen, obwohl es so ganz und gar unglaublich klingt: Es gibt ein Wahlvolk, und das will was. Aber offensichtlich sind Aufrichtigkeit und Handlungswillen beschränkt auf zwei Wochen vor dem Wahlgang.

Kompromiss für einen Kompromisskompromiss

Die via Wählervotum arg geschrumpfte Union lieferte ein fadenscheiniges und völlig unzureichendes Lösungspaket an, dass bereits alle Kompromisse beinhaltet, den zukünftigen Jamaikanern den Platz am Verhandlungstisch zu garantieren. Aber die sehen selbst in diesem Nichts an Lösungsansätzen noch ein zu viel an Lösungen. Solche beispielsweise, die endlich Schleppern an den südeuropäischen Grenzen den attraktiven Milliarden-Umsatz kappen und solche, die so unpopuläre wie notwendige Massenabschiebungen als Signal in die Welt bringen: Ja, wir handeln, aber wir versprechen, nach unseren Möglichkeiten via Entwicklungshilfe Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.

Erschütternder Unwille noch legitimiert von so zweifelhaften wie grotesken Wortmeldern wie der des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der sich aus seiner schrumpfenden Trutzburg heraus mitten hinein in die laufenden Koalitionsverhandlungen ausgerechnet damit zu Wort meldet, Familiennachzug sei für Katholiken in Deutschland „ein sehr entscheidender Punkt“, Wer auf Dauer in Deutschland bleibe oder geduldet sei, müsse seine engsten Familienangehörigen zu sich holen können. Einfach Mal still sein! In Klausur gehen am fett gedeckten Abendbrottisch. Darüber nachdenken, was Asyl eigentlich bedeutet.

Der Kardinal kann nicht schweigen mit Verstand

Damit ist der Kardinal allerdings in bester Gesellschaft der Handlungsverweigerer und Deutschlandverächter: der grüne Jürgen Trittin, von dem man noch vor Tagen nicht einmal wusste, ob er bei den Grünen in Sachen Koalitionsverhandlungen überhaupt noch ein Wörtchen mitzureden hat, appelliert in der gleichen Sache noch schriller an das christliche Abendland und wirft der Union vor, Verrat an den Urwerten eben dieses christlichen Abendlandes zu begehen. Die Pläne der Union seien „eine Verleugnung urchristlicher Werte. (…) Das läuft allen Integrationsbemühungen entgegen.“

Selten wurde deutlicher, um was es geht: Trittin sind die Menschen in Deutschland völlig egal. Es geht einzig um Machterhalt und eine für den Moment möglichst radikale Positionierung um am Ende der Verhandlungen besser dazustehen. Das Wahlvolk kann dafür kein Verständnis mehr aufbringen, aber die Wähler haben bereits gewählt, sie sollen nun stille sein. Die FDP hat ihrerseits reflexartig nachgelegt und ihren Ausputzer Wolfgang Kubicki sagen lassen, man dürfe doch das Einwanderungsgesetz der FDP nicht vergessen. Ach herrje.

Nein, nicht etwa, dass Kubicki nun im Gegenzug zu den Skandalforderungen der Grünen klare Kante einfordern würde, diese bis zur Unkenntlichkeit verwässerten Willensbekundungen der Union zur Lösung des Zuwanderungsproblems zu verschärfen. Nein, Kubicki weicht für seine FDP auf ein nachgereichtes Nebengleis aus und sinniert über noch mehr Zuwanderung, nur eben irgendwie nach Fachkräften geregelt.

Aber weil das alles noch nicht grauselig genug ist, erinnern wir uns an die Elefantenrunde und diesen kurzen emotionalen Moment der Wahrhaftigkeit des Verlierers Martin Schulz, der versprach: Dieses jämmerliche Jamaika, das so offensichtlich  nicht zusammen geht, wird die Kanzlerin schon zusammenraufen, darauf könnten sich Lindner und Göring-Eckardt schon verlassen.

Und so dürften auch Neuwahlen beerdigt sein, denn wer vereint im totalen Gegensatz so vorlegt, wie jetzt Trittin und Kubicki, der will definitiv kein Land um seiner Zukunft willen regieren und zukunftsfest machen. Der will um Biegen und Brechen um Posten schachern. Nun gut, das gehört immer dazu, ohne Posten geht´s halt nicht; aber gemeinsame Positionen über die Positionen der eigenen Lohnsteuerkarte hinaus wären schon auch gut. Nein, Neuwahlen wären nur noch mehr Stimmen für die AfD und die Linke, die Verbitterung steigt statt zu sinken. Das wissen die Jamaikaner zu verhindern indem sie Widerstände vorgeben, während sie sich bereits am wärmenden Feuer zusammenrotten, als wäre es das letzte Mal und indem man zusammenbringt, was nicht zusammen gehört. Und das in vielerlei Hinsicht…