Tichys Einblick
Identität verloren

Gründe für den Niedergang der deutschen Sozialdemokratie (SPD)

Die SPD hat ihre Ur-Klientel verraten, sich vom Arbeiter und Angestellten komplett entfremdet. Der Eindruck wird immer stärker, es würden in der Partei nur noch Gewerkschaftsfunktionäre und Berufspolitiker agieren.

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Die ARD macht ein Interview mit der in einer Ampelkoalition arbeitenden Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Malu Dreyer ist auch Vorsitzende des Verwaltungsrates des ZDF. Thema der viereinhalbminütigen Befragung ist die desaströse Situation in der SPD.

„Wenn man es gut meint mit der SPD“, sagt Malu Dreyer Richtung aktueller Kritik des Bundeskanzlers a.D. Gerhard Schröder, „dann sollte man an einem Strang ziehen und gemeinsam daran arbeiten, dass wir nach vorne kommen.“ Schröder hatte der Parteivorsitzenden Andrea Nahles zuvor zugunsten seines niedersächsischen Genossen Sigmar Gabriel eine Kanzlerschaft nicht zugetraut.

ARD fragt nach zur katastrophalen Situation der SPD: „Was ist denn das große neue Projekt, dass alles ändert und die SPD wieder in die Erfolgszone bringt?“

Antwort der Ministerpräsidentin: „Wir brauchen nicht das neue große Projekt, sondern wir brauchen Klarheit in Themen, wo wir im Moment noch nicht ganz klar sind, aber ich möchte darauf hinweisen, dass in den letzten Monaten ganz wesentliche Projekte auf den Weg gebracht worden sind, die ursozialdemokratisch sind. Und ein Teil dessen ist, was wir auch mit der Erneuerung verbinden.“

Dreyer nennt die Stärkung der Familien, die Auflösung des Wahlrechts durch Einführung der Parität für Gruppen, die der SPD nahestehen, die Grundrente – das alles sei ihrer Meinung nach Sozialdemokratie. Und Malu Dreyer beansprucht für die SPD es „als positiv herausstellen zu dürfen, dass man der jungen Bevölkerung sagen darf, 2038 wird dieses Land („Industrieland“, ergänzt sie) nicht mehr von Kernenergie und Kohleenergie abhängen und gleichzeitig achten wir darauf, dass Arbeitnehmer eine Zukunft haben in den betroffenen Regionen. Das ist SPD pur. (…) Ich bin mir sicher, dass das irgendwann auch in den Köpfen und Herzen der Bevölkerung ankommt.“

Die Arbeitnehmer der entindustrialisierten Regionen hätten eine Zukunft? Aber wie soll diese aussehen? Meint Dreyer nur eine staatlich alimentierte Zukunft oder eine vorübergehende in der Abwicklungsindustrie auf dem Bagger mit der Abrissbirne?


Gründe für den Niedergang der Sozialdemokratie (SPD)

Wenn die CDU sogar trotz des Systems Merkel besser geeignet scheint, ihren innerparteilichen Diskurs zu organisieren als die SPD, dann sagt das eigentlich alles.

Wie am Ende die SPD in Wahrheit schon ist, zeigte sich noch einmal eindrucksvoll, als die Partei nach dem gefallenen Martin Schulz nun den Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert als so etwas, wie eine neue Lichtgestalt vorstellte. Aber was machte der? Er torpedierte die Parteispitze vor und noch während der Koalitionsverhandlungen mit Kampagnen wie „Tritt ein, sag nein!“

Kühnert hatte die Treterei innerhalb der Partei so noch einmal befördert und der SPD-Führung oben auf dem Podest gnadenlos den Stinkefinger gezeigt. Er war es, der dem Widerspruch der SPD bezüglich des Eintritts in die GroKo erst unter diesen gigantisch grellen medialen Lichtdom gestellt hatte.

Die SPD ist am Ende. Und dafür gibt es mehr als nur einen Grund. Jeder einzelne davon allerdings ist hausgemacht.