Tichys Einblick
New normal?

Großeinsatz der Polizei zum Fastenbrechen

Schlägerei während des Ramadan - mittlerweile ortsübliches Brauchtum mit Bagatellcharakter oder Missbrauch des Gastrechts? Fassungslosigkeit macht sich breit.

© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Respekt und Vertrauen, welches man Flüchtlingen entgegen bringt, muss auf Gegenseitigkeit beruhen, ärgert sich ein Wolfenbütteler Stadtrat. Davon wäre man bisher ausgegangen. Aber eine große Randale nach dem „Fastenbrechen“ mit Großeinsatz der Polizei hätte ihn nun eines Besseren belehrt. Es gab verletzte Polizisten, Festnahmen und die Aussage der Polizeiführung, es handle sich hierbei nicht um Bagatellen.

Aber sind Missverständnisse zwischen der islamischen und der christlichen Kultur, zwischen der westlichen und östlichen Lebensweise, noch dazu, wenn sie so aufeinanderprallen wie jetzt in Europa, sind diese Missverständnisse wirklich zu verhindern? Wie pessimistisch muss oder darf man sein? Noch behaupten ja Einwanderungsbefürworter, irgendwann gäbe es die große Belohnung in Form einer vitalen Erneuerung der Gesellschaft.

Wie geduldig müssen wir sein? Wenn es um Terror geht, sind die Fronten klar. Und werden weiter nach vorne verschoben. Die britische Premierministerin May erweitert ihre Kampfzone gerade mit einem „Jetzt reicht’s!“ Sie will auf der Insel sogar den radikalen Islamismus gänzlich „ausrotten“. Einer der Attentäter soll in Pakistan geboren sein, ein anderer in Marokko oder Libyen.

Die FAZ schreibt gemäßigter vom „Ende der falsch verstandenen Toleranz“. Toleranz gegenüber Mördern allerdings gehörte noch nie zum Geschäft irgendeiner europäischen Regierung. Wer oder was ist also gemeint? Tatsächlich geht es der FAZ um eine falsch verstandene Toleranz gegenüber einem unsere europäischen Werte verachtenden Islam. „Schon vermeintlich harmlose Verständnisbekundungen, ob in Wort, Schrift oder Symbolik, gehören verfolgt.“, sagt die britische Premierministerin und bezieht sich dabei auf „diese eine böse Ideologie des islamistischen Extremismus”. Welche Ideologie ist gemeint? Wo findet sich das Lehrbuch dafür, wenn es der Koran nicht sein soll?

Und was sind vermeintlich harmlose Bekundungen? Wie ist das, wenn Asylbewerber damit drohen, ihre Unterkunft anzuzünden, nur deshalb, weil ihre Gaststadt Hausregeln in der zur Verfügung gestellten Unterkunft durchsetzen will, wie gerade in Wolfenbüttel passiert? Wieviel von ihrem „Jetzt reicht’s!“ würde Theresa May hier investieren, wenn Randale gegen die Staatsgewalt doch jede Woche in jedem Fußballstadion von Einheimischen zelebriert wird?

In Wolfenbüttel war es so: Die Gäste wollten ungestört ihr muslimisches Fastenbrechen feiern, die Gastgeber bestanden vehement darauf, zu wissen, wer sich zu welchem Zeitpunkt in ihren Unterkünften aufhält. Eine vorbeugende Gefährderanalyse halt. Und ohne drum herum reden eine politisch gewollte Reaktion auf die Gefahr der illegalen Einreise von islamistischen Terroristen im Gewande des Flüchtlings. Denn monatelang interessierte es niemanden, wer da wo lebt, wo er herkommt, wie er heißt und wo er hin will. Um etwas anderes kann es ja nicht gehen, wenn wir mal die vielen Fälle von Sozialbetrug außer Acht lassen, die man bis heute nicht in den Griff bekommt, selbst dann nicht, wenn man weiß, wie einer heißt oder heißen will, der woanders wieder ganz anders heißt oder Offizier bei der Bundeswehr ist.

„Wir sind bisher davon ausgegangen, dass der von uns den geflüchteten Personen entgegengebrachte Respekt und das entgegengebrachte Vertrauen auf Gegenseitigkeit beruht. Dies scheint leider nicht bei allen von uns aufgenommenen Personen der Fall zu sein.“, sagt der erste Stadtrat Wolfenbüttels. Nein, hier geht es nicht um Terror, sondern um ein falsches Verhalten von Gästen, um die Drohung von Asylbewerbern, ihre Unterkunft anzuzünden, wenn man sie nicht gewähren lässt, wie sie wollen.

Ist das alles überhaupt noch berichtenswert? Offensichtlich passiert doch, was im Folgenden geschildert wird, bundesweit längst in aller Regelmäßigkeit. Jedenfalls gibt es keine Anhaltspunkte, dass ausgerechnet im Einzugsgebiet von Braunschweig eine noch einmal aggressivere Klientel von Asylbewerbern unterwegs wäre als anderswo, weiß die Polizei. Quasi zeitgleich Randale im Flüchtlingsheim Dresden am Sonntagabend mit Großeinsatz der Polizei. Dienstag früh ein größerer Polizeieinsatz in Traunreut. Ein größerer Polizeieinsatz auch am Wochenende in Eichenau, als dort ein mit Messer bewehrter Asylbewerber droht, Amok zu laufen.

Wie geht Journalismus damit nun korrekt um? Was muss man unter den Tisch fallen lassen, um eine bestimmte Klientel in einer bestimmten so genannten Filterblase nicht immer nur neues Futter für Hass und Hetze hinzuwerfen?

Die Braunschweiger Zeitung, die auch für Wolfenbüttel und andere kleinere Städte im Umkreis zuständig ist, titelt Dienstag früh gleich auf der ersten Seite: „Flüchtlinge randalieren in Wolfenbüttel“. 14 Funkstreifenwagen seien unterwegs gewesen. Zusätzlich zu den Wolfenbütteler Kräften kamen noch welche aus Braunschweig und Salzgitter. Einzelheiten wissen verschiedene örtliche Newsportale wie news38.

So berichtet Einsatzleiter Aldo Sigmund, dass zwei Beamte beim Einsatz am Sonntagabend verletzt wurden. Sieben Personen seien in Gewahrsam genommen worden, befänden sich aber wieder auf freiem Fuß. Warum? Dafür hat Aldo Sigmund zunächst eine erstaunliche Erklärung parat: „Weil die in Gewahrsam genommenen Männer den ganzen Tag über nichts zu sich genommen hatten, boten die Polizisten ihnen auf der Wache Wasser an. Aus diesem Grund haben wir die Männer auch nicht die gesamte Nacht über in Gewahrsam gelassen.“

Hatte die Polizeikantine ebenso wie der Pizzabringdienst schon zu? Wem in der Zelle laut genug der Magen knurrt, der darf nach Hause gehen? Aldo Sigmund erklärt gegenüber TE, dass der Grund der Gewahrsamsnahme schlicht nach einigen Stunden weg fiel. Nach dem Gefahrenabwehrgesetz hätte einfach keine weitere Notwendigkeit bestanden, solange die verhängten Platzverweise eingehalten wurden. Vernehmungen der festgestellten Personen bei anhängenden Verfahren würden jetzt vom Ermittlungsdienst in Wolfenbüttel abgearbeitet.

Ein Gewalt-Hotspot gäbe es hier nicht. „Sicher gab es in diesem speziellen Fall kollektive Solidarisierungen der Asylbewerber gegen die Polizei.“ Aber der Beamte weiß zu berichten, dass es solche Solidarisierungen früher auch schon in Diskotheken von betrunkenen Einheimischen gab. Auf die Frage, ob bei den Asylbewerbern in dem konkreten Fall Alkohol eine Rolle spielte, wird das allerdings verneint. Das hätte hier keine Rolle gespielt.

„Aber natürlich: Respektloses Verhalten war es auf jeden Fall. Allerdings ist die Stadt Wolfenbüttel auch um seine Asylbewerber bemüht. Dazu gehört zu wissen, was bei uns erlaubt ist und was nicht. Auch das muss doch Teil der Integration sein über die Sprachkenntnisse hinaus. Das fängt ja schon beim regelgerechten Fahrradfahren an. Hier würde die Polizei auch gerne helfen und Hinweise geben.“, erzählt Aldo Sigmund.

Wie es zur Randale kam, ist schnell erzählt: Eine Regel der Unterbringung besagt, dass die Besuchszeiten um 22 Uhr beendet sind. Darauf hat der Sicherheitsdienst zu achten und tat das wohl auch in zwei Fällen. Zwei Besucher und die Heimbewohner wollten über 22 Uhr hinaus das Fastenbrechen feiern, berichtet der Einsatzleiter. Als die religiöse Feierlichkeit (gemäß der von der Stadt Wolfenbüttel vorgegebenen Hausordnung) für die Besucher um 22 Uhr beendet werden musste, eskalierte die Situation.

Der erster Stadtrat Wolfenbüttels, Knut Foraita macht am Folgetag seiner Enttäuschung Luft. Welche Fragen er sich persönlich stellt, wissen wir nicht. Gewalt ist immer ein Übel. Aber auch ein Stadtrat wird die Frage nicht beantworten können, welche Zutaten der friedlich gelebte Islam braucht, um sich zu islamistischem Terror auszuwachsen. Wehret den Anfängen gilt nur für den Fingerprint von Rechts. In Wolfenbüttel drohten Moslems damit, ihr Heim einfach niederzubrennen, wenn sie ihre religiösen Rituale und Feste nicht gegen die Regeln des Gastlandes ausleben dürfen. Nein, hier werden von den Gläubigen keine Abstriche gemacht gegenüber einem Gastland, das so oft bekundet, selbst etwas von den Gästen und ihrer Religion lernen zu wollen. Dessen Kinder an den Grundschulen von eifrigen Lehrerinnen gerade wieder den Ramadan erklärt bekommen. Und dessen Innenminister gerade erklärte, dieser Islam tauge als Kitt der Gesellschaft.