Tichys Einblick
Garmisch-Partenirgendwas?

Gauweiler und der bayrische CSU-Muslim, der seine Bürgermeisterkandidatur zurückzog

CSU-Politiker Peter Gauweiler wird zu einem bayrischen Muslim in der CSU befragt, der seine Bürgermeisterkandidatur nach Protesten zurückgezogen hat. Gauweiler stellt zunächst einmal klar, dass ein CSU-Mitglied „weiß und achtet, dass es Garmisch-Partenkirchen heißt und nicht Garmisch-Moschee.“

imago images / Gerhard Leber

Spätestens seit dem Besuch des polnischen Papstes „in der Umayyaden-Moschee in Damaskus vor einigen Jahrzehnten“ ist für Peter Gauweiler klargestellt, „dass Muslime zur Gemeinschaft der Gläubigen gehören“, erklärte der CSU-Politiker gerade gegenüber der Neuen Züricher Zeitung. Aber Gauweiler geht noch einen Schritt weiter, wenn er seine Partei deutlich abgrenzt für Leute, die maximal wegen der schönen Stimmung und an Weihnachten in die Kirche gehen: „Gläubige Christen sind den Muslimen sogar mehr verbunden als den Atheisten“.

Anlass für diese selbst für konservative Geister möglicherweise antiquiert erscheinende Diskussion um das, was der Staat eigentlich zur Privatsache erklärt hat und was bei Karl Marx Opium war, ist die Absage eines muslimischen Bürgermeisterkandidaten nach Bürgerprotesten. Eine antiquierte Diskussion? Wohl doch nicht so ganz, wenn selbst der Spiegel noch 2019 fragte: „Wie säkular ist Deutschland? Trennung von Staat und Kirche – wer’s glaubt“. Dort heißt es dann: „In Deutschland gibt es zwar keine Staatskirche – die Bundesrepublik und die christlichen Kirchen sind dennoch eng miteinander verknüpft. Schwieriger wird es, wenn es um die islamische Religion geht.“

Für den Münchner CSU-Politiker Gauweiler jedenfalls, der schon mal mit der Grünen Claudia Roth in die muslimische Republik Iran flog, um sich für inhaftierte deutsche Journalisten einzusetzen, ist der zwar christliche geborene aber nicht gläubige Deutsche eine so große Gefahr, dass er meint, diese Ungläubigen gehörten nicht in die CSU.

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Nun mag man sich denken, wie viele Parteimitglieder einen christlichen Glauben heucheln, um unter den Gauweilern der Partei nicht negativ aufzufallen. Ironie der Geschichte ist hier, dass Peter Gauweiler selbst nicht einmal Katholik ist und sehr wohl weiß um die Schwierigkeiten für die Nachfolger Luthers im Land der Bayern noch weit in die Nachkriegszeit hinein. Im Interview mit der NZZ erinnert der Politiker daran, dass es seit der Gründung der CSU solche Debatten gäbe: „Damals ging es darum, das wir in der Nachfolge der bayrischen Volkspartei keine nur streng katholische Partei mehr sein konnten.“ Aber wünscht Gauweiler deswegen irgendwann eine christlich-muslimische Partei? Gar eine CMSU als gemeinsame Frontstellung gegen Atheisten frei nach dem Motto, meines Feindes Feind ist mein Freund? Tatsächlich ähnelt mancher Hardcore-Katholik heute im Gebaren strengen Muslimen: eine kaum zu leugnende Verwandtschaft. Eine übrigens, die eine aufgeklärte humanistische Gemeinschaft durchaus fürchten sollte.

Gesprächsbedarf bestand jetzt also, weil im bayrischen Wallenstein der Unternehmer Sener Sahin für die CSU als Bürgermeister ins Rennen geschickt wurde und Teile der Bevölkerung daran Anstoß genommen hatten, weil Sahin muslimischen Glaubens ist. Der Unternehmer hatte seine Kandidatur daraufhin zurückgezogen.

Für Gauweiler aber kein Skandal und auch kein so großes Problem, eher ein Grund, Sahin Respekt zu zollen, wenn er sagt: „Das Herr Sahin nach der Kandidatur selber Zweifel bekam, müssen wir respektieren.“ Für Gauweiler ist Sahin deshalb „einer von uns“, weil er sich „auch in die Menschen hineinversetzt hatte, die sagten: „Ich habe damit Schwierigkeiten.“ Nun gut, das mag für den Unternehmer ein schwacher Trost sein. Noch mehr, wenn Gaulweiler ihm hinterherschickt: „Wenn Herr Sahin dann selber sagt, das ist mir zu viel, dann ist das seine Angelegenheit.“

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Jetzt geht es dem aus der aktiven Politik zurückgezogenem Peter Gauweiler in München nicht anders als Sahin in Wallenstein, er meint um seine bayrische Klientel zu wissen und beendet das Gespräch damit, dass er rasch noch erklärt und wohl als Beruhigungspille, warum es in absehbarer Zeit keinen CSU-Chef muslimischen Glaubens geben kann: „Das ist so abwegig wie eine katholische Pfarrstelle in Mekka.“ Aber wohl nicht so abwegig, als würde sich ein Atheist aus einer ursprünglich christlichen deutschen Familie für so ein Amt bewerben.

Ein CSU-Mitglied muss für Peter Gauweiler heimatverbunden und gläubig sein, die christlichen Werte achten. Mehr noch: Ein CSU-Mitglied müsse wissen, „dass ein Bayern, in dem nicht mehr geglaubt würde, seine Seele verloren hätte.“ Dieses CSU-Mitglied „weiß und achtet, dass es Garmisch-Partenkirchen heißt und nicht Garmisch-Moschee.“ Wer das akzeptieren würde, der passe zur CSU.

Gauweiler selbst hätte auf dem Oktoberfest schon Besucherinnen im hübschen Dirndl gesehen die dazu Kopftuch trugen. Das hätte ihm gut gefallen. Diese Bemerkung im Kontext mit der Pfarrstelle in Mekka und der Garmisch-Moschee mag in etwa abbilden, wie widersprüchlich es in der Partei insgesamt aussehen mag, wenn schon die Altvorderen der CSU so einen Spagat machen müssen.

Ist das der Ausblick auf den Eiertanz, den die Partei demnächst auf Landesebene vollführen muss, wenn es darum geht, sich zukünftig auf den grünen Partner einzulassen? Es sieht ganz danach aus, wenn der Parteichef und bayrische Ministerpräsident Markus Söder jetzt die über Jahrzehnte beherzigte Warnung des Übervorsitzenden Franz Josef Strauß ignoriert, der einmal sagte: „Wer jedermanns Liebling sein will, der ist am Ende jedermanns Depp.“

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In besagtem Spiegel-Interview wird noch einmal daran erinnert: »Deutschland ist ein säkulares Land. „Es gibt keine Staatskirche”, so steht es in Artikel 140 des Grundgesetzes.« Natürlich weiß auch das Blatt aus Hamburg: „Trotz des neutralen Staats sind sich Staat und Kirche nah – sie kooperieren auf vielen Gebieten miteinander.“ Deutschland mag also weitestgehend säkular sein, aber es ist noch lange kein laizistischer Staat. Die Autoren der Weimarer Verfassung hätten einen Kompromiss gefunden: „Es sollte zwar keine Staatskirchen mehr geben, gleichzeitig wurden aber Kooperationsmöglichkeiten zwischen dem Staat und den Kirchen eröffnet.“

Aber diese jetzt einhundert Jahre alte Konzessionsentscheidung darf kein Grund dafür sein, ausgerechnet aus dem überwiegend katholischen Bayern heraus Muslime in Deutschland zu ermuntern, Politik und Religion in der Tradition der CSU zu vermischen, wenn Muslime immer öfter auch politische Ämter für sich beanspruchen. Nein, nicht jeder Muslim ist in seinem Glauben so weichgespült wie der Fast-Außenminister Cem Özedmir.

Denn das Nebeneinander wird immer schwerer, seit sich immer weitere Muslime radikalisieren. Oder wie es zuletzt Rebecca Sommer gegenüber TE im Gespräch erklärte, als sie mahnte, dass der Islam keine friedliche Religion sei: „Auch wenn die Leute moderat wirken, beispielsweise keine Bärte tragen, sogar Alkohol trinken und im Berufsleben stehen, bestellen sie sich trotzdem ihre Frau zum Heiraten und denken in Halal und Haram beziehungsweise stufen die Welt in Halal und Haram ein.“

Wenn also Peter Gauweiler betont, dass Atheisten nichts in der CSU verloren hätten, aber Muslime zur Gemeinschaft der Gläubigen gehören, dann werden damit – an allen sonstigen Zoten („Garmisch-Moschee“) des Politikers vorbei – offene Fragen beantwortet. Dann ist es jedenfalls in Bayern mit dem „Gottvertrauen“ in einen Humanismus, der es schon regeln wird, immer noch nicht so weit her. Dann braucht sich die Partei von Franz Josef Strauß nicht wundern, wenn sie demnächst ganz unchristlich mit den ungläubigen Grünen auch über Garmisch-Partenirgendwas regieren muss.

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