Tichys Einblick
Geheimhaltung statt Recht und Demokratie

Fauler Kompromiss UN-Migrationspakt: Was verschweigt das Auswärtige Amt?

Unter anderem wollte der Tagesspiegel wissen, warum die ursprüngliche Formulierung, dass Migration eine Quelle des Wohlstandes „darstellen kann“ in der finalen Ausführung des Papiers immer Quelle des Wohlstandes ist.

© Getty Images

Der Tagesspiegel überrascht heute mit einer dem UN-Migrationspakt gegenüber kritischen Berichterstattung. Thema ist eine recht unbefriedigend verlaufende Kommunikation mit dem Auswärtigen Amt (AA). So wollte der Autor einfach einmal wissen, mit welchen Verhandlungspositionen sich die Bundesregierung eigentlich im UN-Migrationspakt durchsetzen konnte und mit welchen nicht. Es ging also um die Chance für das AA, wenigstens nachgereicht Transparenz abzuliefern.

Aber offensichtlich war das Haus unter der Führung von Heiko Maas dazu nicht in der Lage, imstande oder bereit. Die Kritik an der Praxis der Maas’schen Behörde geht aber noch weiter, wenn Informationen gegenüber Medienvertretern generell ausschließlich vertraulich und nur „im Hintergrund“ gegeben werden. Ein neuer absolutistischer Gestus? Mindestens aber die Abwesenheit einer angemessenen öffentlichen Information.

Das Auswärtige Amt, so der Artikel weiter, würde bei Antworten auf Presse-Anfragen sogar regelmäßig auf diese Praxis zurückgreifen. Der Präsident des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall, wird noch deutlicher: „Die Kolleginnen und Kollegen werden hier sozusagen zum Teil des politischen Geschäfts.“ So also die angestrebte Zusammenarbeit von Heiko Maas mit der Presse?

Was dann aus dem AA zum UN-Migrationspakt bekannt gemacht wird, ist äußerst dünn: So soll es beim UN-Migrationspakt insgesamt sechs Verhandlungsrunden gegeben haben, bis sich die UN-Mitgliedsstaaten auf den vorliegenden Text geeinigt hätten. Für Deutschland, so das AA, stellt der UN-Migrationspakt „einen Kompromiss dar.“ Aber einen Kompromiss mit wem? Wer waren die Gegenspieler, wer vertrat indes ähnliche Positionen wie Deutschland und welche waren das überhaupt?

Wie dieser Kompromiss zustande kam, bleibt also auf alle Ewigkeit Geheimnis des Ministeriums? Aber warum eigentlich? Welches große nationale Interesse wird hier eigentlich verletzt, würde das Amt den Entstehungsprozess öffentlich machen? Oder geht es viel mehr darum, eine pikante wie unrühmliche Rolle der deutschen Delegation zu verschleiern?

Vom Pakt zum Gesetz
Migrationspakt – so einfach wird er zum Gesetz
Bestand bei seinen Befürwortern in der Regierung zunächst Hoffnung, die Kuh sei vom Eis, hat sich das Thema UN-Migrationspakt nicht zuletzt dank einer Reihe hochbrisanter und faktenreicher Auseinandersetzungen von Tomas Spahn hier bei TE vehement vorbeigeschoben am lancierten Interesse der Medien an der Wahl zum Vorsitzenden der CDU, die ja, so wie auch die Unterzeichnung des Paktes, im Dezember 2018 final gehen soll.

Als die Büchse erst einmal geöffnet war, passte der Deckel nicht mehr drauf: Die WerteUnion innerhalb der Union beispielsweise fordert mittlerweile nicht nur eine bundesweite Unterschriftensammlung zur Nichtunterzeichnung des Pakts, die WerteUnion organisiert die Sammlung gleich selbst und schreibt dem UN-Migrationspakt ins Tagebuch: Er befördert Einwanderung und unterscheidet nicht zwischen geregelter und ungeregelter Migration. Die WerteUnion möchte nach Selbstbekunden den wachsenden Unmut in der Union über diesen UN-Migrationspakt bündeln.

Dr. Wolfgang Hintze schreibt bei Vera Lengsfeld schon einmal vor, was der Regierungssprecher vortragen könnte, warum der Pakt dann doch nicht unterschrieben wurde:

„Es ist ein schwerer Fehler der Führung Deutschlands unter Angela Merkel gewesen, diese Öffentlichkeit und Offenheit nicht hergestellt zu haben. Man werde diesen Fehler in der nächsten Zeit aktiv korrigieren. (…) Die Bundesregierung gibt zu bedenken, dass die erste offizielle deutsche Übersetzung des Migrationspaktes der UNO erst am 18. Oktober 2018 vorlag.“

Bleiben wir kurz bei Vera Lengsfeld, die eine Petition gegen die Unterzeichnung des Paktes initiiert hatte und auch hier wohl eine Reihe erstaunlicher Gegenbewegungen der Bundesregierung erlebte, als die Petition vom zuständigen Ausschuss wie weitere Petitionen zum Thema nicht veröffentlicht wurden mit der Begründung, diese Petitionen würden mindestens in einem Falle den „interkulturellen Dialog“ behindern. Wir erinnern uns: Filiz Polat (Grüne) wollte in den Petitionen sogar Inhalte entdeckt haben, die „zutiefst antisemitisch sind.“

Aber kurz noch einmal zurück zum Tagesspiegel und seinen erstaunlich ätzenden Fragen an das Auswärtige Amt, als man wissen wollte, warum die ursprüngliche Formulierung, dass Migration eine Quelle des Wohlstandes „darstellen kann“ in der finalen Ausführung des Papiers so lautet:

„Migration war schon immer Teil der Menschheitsgeschichte, und wir erkennen an, dass sie in unserer globalisierten Welt eine Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung darstellt.“

Die Überschrift des Artikel ist dann auch unmissverständlich: „Regierung verschweigt Zugeständnisse beim Migrationspakt“. Die Regierung macht also gegenüber seinen Bürgern keine Zugeständnisse mehr. Transparenz ist gefährlich. Also hat sie zu unterbleiben.
Außenminister Heiko Maas lässt blickdichte Jalousien herunter.


Mehr zum Thema:
Roland Tichy (Herausgeber), Der UN-Migrationspakt und seine Auswirkungen. Tichys Einblick, 112 Seiten, 12,00 €.
Soeben erschienen und EXKLUSIV im Tichys Einblick Shop >>>