Tichys Einblick
Echo des Echos

Echo Empörung als Ablenkungsmanöver

Warum es einfacher ist, einen Rapper mit einer antisemitismus-verdächtigen Textzeile zu kritisieren, als echte Courage zu zeigen gegenüber jenen Protagonisten, die massenhafte muslimische Zuwanderung uneingeschränkt befürworten, aber gleichzeitig Antisemitismus aus diesen Kreisen geflissentlich ignorieren.

© Andreas Rentz/Getty Images

Die Echo-Empörung über eine als antisemitisch bezeichnete Songtextzeile der Echo-Preis ausgezeichneten Rap-Künstler Kollegah & Farid Bang ist eine einhellige. Wer sich hier positioniert, der kann allerdings nicht viel falsch machen. Mehr noch: Selten war es so einfach, „Courage“ zu zeigen. Der Sänger Andreas Frege alias Campino der ebenfalls preisausgezeichneten Toten Hosen hatte diese Form der Courage auf die Bühne getragen. Nur was ist an Freges Vortrag couragiert? Laut Duden lauten die Synonyme für Courage „Beherztheit, Bravour, Draufgängertum, Entschlossenheit, Forschheit, Furchtlosigkeit, Kühnheit, Mut, Tapferkeit, Unerschrockenheit, Unverzagtheit; (umgangssprachlich) Mumm, Schneid“.

Keines dieser Synonyme kann für Campinos medial viel zitierten Echo-Auftritt Anwendung finden, denn auch er wusste zu dem Zeitpunkt längst um die Diskussion der Veranstalter vor Beginn der Preisverleihung. Diese hatten allerdings entschieden, Kollegah & Farid Bang wegen besagter Textzeile nicht vom Wettbewerb auszuschließen. Wenn Campino diese Entscheidung sofort unerträglich gefunden hätte, wäre es also viele Tage lang möglich gewesen, sich vorab lautstark zu positionieren bzw. der Veranstaltung medienwirksam fern zu bleiben. Auch hier wäre ihm ein gewisses Maß an Presse garantiert gewesen.

Was nun leider dank Campinos Auftritt weniger Aufmerksamkeit verbuchen konnte, ist die Courage eines ganz anderen Künstlers: Des ebenfalls in der Sparte Hip-Hop/ Urban national für sein Album „Started From The Bottom / KrabbenKoke Tape“ nominierten Rappers SpongeBOZZ alias Sun Diego. Der nämlich hatte Kollegah und Farid Bang sofort explizit verteidigt, als der Veranstalter noch diskutierte, die beiden auszuschließen, nachdem zunächst öffentlich-rechtliche Journalisten die Textzeile für sich entdeckt hatten.

SpongeBOZZ ist der jüdische Künstler Dimitri Aleksandrovic Chpakov. Gemeinsam mit Kollegah soll er früher einmal in Osnabrück ein Studio betrieben haben. SpongeBOZZ war laut Kollegah vollständig im kreativen Prozess bei der Entstehung eines seiner Alben involviert gewesen, er hätte nach Abschluss der Aufnahmen sogar die Abmischung übernommen. Ein späterer Beef (aggressive Auseinandersetzung zwischen zwei Rappern als explizites Ausdrucksmittel innerhalb der Hip-Hop-Kultur) zwischen den beiden wurde zwischenzeitlich beigelegt.

So manches Geschäft stinkt eben doch
„Echo“-Auszeichnung für antisemitische Rapper
Der jüdische Künstler SpongeBOZZ also hat Kollegah und Farid Bang verteidigt. Das nun nicht für relevant zu halten, wäre fahrlässig. SpongeBOZZ befürwortete die Entscheidung des Ethik-Beirats der BVMI die Nomminierung aufrecht zu erhalten. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Berlin erklärte er: Die kritisierte Zeile aus ihrem Song „0815“ sei „geschmacklos – aber nicht antisemitisch. (…) Deswegen muss ich als Rapper sagen, dass ein Ausschluss Zensur wäre. (…) Die Kunstfreiheit ist ein zu hohes Gut in Deutschland, als dass wir sie einschränken sollten, nur weil uns eine bestimmte Kunst nicht passt.“

Aber er ging noch weiter: Gegenüber dpa äußerste sich der Rapper dahingehend, er sehe kein explizites Antisemitismus-Problem in der Rap-Szene. Nein, der Ansatz von SpongeBOZZ ist ein anderer: „Ich sehe ein Antisemitismus-Problem in unserer Gesellschaft.“

Sun Diego aka SpongeBOZZ hat vor kurzem mit dem Ghostwriter Dennis Sand, Journalist der WELT-Gruppe, seine Biografie „Yellow Bar Mitzvah – die sieben Pforten vom Moloch zum Ruhm“ veröffentlicht. Auch Sand verteidigt in der Welt die in der Kritik stehenden Rapper, wenn er schreibt, die Songtextzeile „ruft nicht zum Hass gegen Juden auf. Und sie schürt auch keinen Hass auf Juden. Die Zeile verhöhnt die Opfer des Holocausts. Das kann und das muss man kritisieren. Insofern war der erste mediale Aufschrei auch richtig. Sie in irgendeiner Form zu zensieren, wäre aber falsch gewesen.“

SpongeBOZZ, der sich schon Mal mit glitzerndem David Stern statt der üblichen dicken Goldketten ablichten lässt, sprach darüber auch mit der Welt. Das Hip-Hop-Magazin zitierte daraus: „Wenn man so lange mit jemandem befreundet war, dann weiß man, wie er tickt. Und man weiß, dass sich das öffentliche Bild nicht unbedingt mit dem Bild der Privatperson deckt.“

Auf das Leben!
Wenn Courage zur Pflicht wird ...
„Ich sehe ein Antisemitismus-Problem in unserer Gesellschaft.“ sagt der jüdische Kollege und stößt damit offensichtlich ein Tor auf, welches die aufgeregten Kritiker aus Medien und Politik lieber ganz unaufgeregt geschlossen halten wollen. Zu einfach ist es da, denn Antisemitismus-Vorwurf am Künstler einer Subkultur fest zu machen, wo es ein gehöriges Maß mehr an Courage verlangen würde, Antisemitismus dort zu verorten, wo er in Massen eingewandert ist. „Jude“ als Schimpfwort ist weniger an Schulen in Brandenburg oder Sachsen etabliert, sondern viel mehr in jenen großstädtischen Ballungszentren, wo Kinder und Jugendliche mit muslimischem Migrationshintergrund zur Schule gehen. Und das basiert ganz sicher nicht zuerst auf antisemitischen Textzeilen des Hip-Hop. Hier ist mutmaßlich das Elternhaus wichtigster Initialgeber.

Die Frankfurter Allgemeine berichtete schon 2015, dass das Wort „Jude“ mittlerweile auf vielen deutschen Schulhöfen als Schimpfwort verwendet würde. „Manchmal geht das Hetzen gegen jüdische Mitschüler vor allem durch arabische Kinder so weit, dass die Betroffenen (jüdische Kinder) die Regelschule verlassen und auf eine jüdische Einrichtung wechseln.“ Die FAZ schrieb mit lesbarer Befremdung, dass der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) standhaft leugnen würde, dass es solche Problemstadtteile überhaupt gebe. Seine Stellvertreterin würde sogar äußern, „dass die Annahme, es handele sich vor allem um überwiegend muslimisch geprägte Stadtteile, empirisch nicht gedeckt sei.“ Die antisemitischen Täter kämen zum größten Teil aus der rechtsextremen Szene. Die Union gewichtet das mittlerweile schon anders und forderte Anfang des Jahres die Ausweisung von Zuwanderern, die antisemitischen Hass verbreiten.

Nun kann niemand ernsthaft bestreiten, dass es unter den arabisch-stämmigen Rappern eine explizite Anti-Israel-Haltung gibt. Und der Bogen von hier zum Antisemitismus ist oft schnell gezogen. Der Integrations-Bambi-Preisträger Anis Mohamed Youssef Ferchichi, Künstlername Bushido, hatte vor Jahren in den sozialen Medien eine Israel-Karte in palästinensischen Farben als Profilbild gepostet, „free Palestine“ dazu geschrieben und so Kritiker auf den Plan gerufen. „Erst Frauen, dann Schwule, nun #Israel: Wir sind stolz darauf, zu den Opfern des Integrationspreisgewinners #Bushido zu gehören“ twitterte damals ironisch die Botschaft des Staates Israel.

Wenn wir nun aber feststellen würden, dass eine negative Haltung gegenüber der Israelpolitik – gar die Verleugnung des gesamten Staates – automatisch antisemitisch ist, dann hätten auf den Spickzettel von Campino einflussreichere Protagonisten gehört. Nämlich solche aus der deutschen Politik, mit denen der Rocksänger sich gerne regelmäßig ein Stelldichein in deutschen Talkshows gibt. Da ist es deutlich einfacher, einen Rapper mit einer antisemitismus-verdächtigen Textzeile in den Fokus zu stellen, wenn man keine Courage besitzt, dort zuzulangen, wo es ein echtes Echo geben könnte: Bei jenen politischen Parteien und ihren Protagonisten, die weiterhin uneingeschränkt muslimische Zuwanderung befürworten und gleichzeitig den Antisemitismus aus diesen Kreisen ignorieren, während sie indirekt die Hamas im Gaza-Streifen mit Milliarden Euro subventionieren.