Tichys Einblick
Worum geht es wirklich?

Cannabis-Legalisierung: verantwortungslose Veteranen-Veranstaltung

Während bürgerliche Freiheiten in multipler Form per Gesetzgebung beschnitten werden, ist man auf der Gegengeraden für eine Drogen-Legalisierung. Ein Schelm, der da einen inneren Zusammenhang künstlich konstruieren wollte.

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Von der erhofften Bewusstseinserweiterung in die intellektuelle Bewusstlosigkeit hinüber in einen Zustand geistiger Besinnungslosigkeit mit diesem wunderbaren Moment, wo es dann nur noch wenige Züge braucht, bis die ganze Welt eine einzige Fake-News geworden ist. Zugegeben, dieser bombastisch geile Zustand braucht das beste Dope aller Zeiten. Aber schon beim nächsten Joint könnte es ja soweit sein.

So in etwa klänge eine humoristische Annährung an ein viel zu ernstes Thema: Diese pop-romantische Legalisierungsdebatte rund um die Freigabe von Cannabis-Produkten. Eine Diskussion in Endlosschleife. Und die Protagonisten werden immer älter und leider auch immer blöder. Nur ab und an funkt auch mal ein junges frisches Gesicht dazwischen. Die FDP hat es vorgemacht, andere ziehen nach, trauen sich aus der Deckung. Nun ist die Abwesenheit von „Krankheitseinsicht und Abstinenzmotivation“ offensichtlich keine Altersfrage. Jeder kann betroffen sein. Selbst noch ein Christian Lindner, der auch damit erfolgreich war, mit einem albernen Bob-Marley-Feeling den Sprung seiner Partei ins höchste deutsche Haus zu schaffen. Nun hat noch kein Sportler einen Wettkampf bekifft für sich entscheiden können, aber Lindner kifft ja nicht. Er will es nur anderen gönnen und damit punkten.

Cannabis
Legalize it!
Andere, das sind vier-sieben Prozent Abhängiger unter Cannabis-Konsumenten, die dann laut Suchtklinik Fredeburg an weiteren psychischen Störungen leiden wie „Einschränkungen der Aufmerksamkeit, der Konzentration und des Gedächtnisses.“ Weiter heißt es dort, Cannabiskonsum gehe „häufig mit dem missbräuchlichen Konsum von Alkohol und Drogen, besonders Amphetaminen, Ecstasy, Kokain und biogenen Drogen einher.“ Klinikeinweisungen sind hier das Gebot der Stunde, weil ein Teil der abhängigen Cannabiskonsumenten einen so schweren Störungsgrad aufweisen würde, dass eine ambulante Behandlung nicht ausreichend erscheint. Der Focus schrieb 2013: „Vor allem sehr junge Menschen schaffen es oft nicht, mit dem Kiffen aufzuhören – und müssen für den Entzug sogar in stationäre Behandlung.“ Das Magazin titelte: „Cannabisabhängigkeit – Die unterschätzte Sucht“.

Aber diese Sucht wird nicht unterschätzt, sie wird vorsätzlich ignoriert. Denn noch jeder, der mit Kiffern sozialisiert wurde, Cannabis-Abhängige in der Familie hat oder beruflich, sei es in der Gastronomie oder bei den Sicherheitsbehörden, mit diesem Suchtbild zu tun hat, weiß es besser. Selten noch hat ein Verdrängungsmechanismus besser funktioniert. Beliebte Argumentation für die Legalisierung von Cannabis ist der frei zugängliche Verkauf von Zigaretten und Alkohol – übrigens völlig ungeachtet dessen, dass hier schon hunderte von Millionen Euro in die Prävention und Aufklärung geflossen sind, eben diese Süchte einzudämmen. Von den ärztlichen Behandlungskosten der schwer Erkrankten ganz zu schweigen.

Nein, die Ignoranz und Fahrlässigkeit geht so weit, das es Eltern gibt, die es für ihre vornehme Aufgabe halten, mit ihren minderjährigen Sprösslingen den ersten Joint zu rauchen, verbunden mit solchen schwachsinnigen Rechtfertigungen wie jener, dass man doch vermeiden wolle, dass gleich der erste Joint von schlechter Qualität wäre und das der Nachwuchs doch sowieso an das Zeug kommen würde, wenn er es nur wolle. Aber will er wirklich? Und will er tatsächlich die volle Dröhnung, weil Papas Dealer schon das vielfach wirkmächtigere synthetische Zeugs liefert, das so zuverlässig ballert, weil Vati und Mutti schon so abgestumpft sind, dass es ihnen immer schwerer fällt, sich aus diesem so blöden Alltag zu beamen, der ihnen sonst nichts Aufregendes mehr zu bieten hat als Fressen und Fernsehen?

Die Süddeutsche weiß über der Behandlung der Cannabis-Abhängigkeit: „Nach der ersten Entgiftung, die man mit gesunder Ernährung, frischer Luft und viel Flüssigkeit gut übersteht, ist die psychische Abhängigkeit nach wie vor da und muss behandelt werden.“ Zitieren wir eine weitere Klinik: „Marihuana ist ein Narkotikum, das eine ganze Reihe von schädlichen Folgen hervorruft, wie gesundheitliche, so auch psychologische und soziale.“

In dieser leidigen Debatte darf es auch nicht um die Frage gehen, wie aufwendig oder sinnlos eine Strafverfolgung ist, denn zum einen ist das Mitführen von Kleinstmengen der Droge sowieso in der Regel straffrei, zum anderen ist die viel wichtigere Frage jene, nach dem Sinn und Zweck gesellschaftlicher Tabus. Erfolgreiche Unternehmer schmücken sich ungehemmt mit ihrem angeblichen Cannabiskonsum und populäre Magazine begründen sogar, warum Cannabis zum Schulunterricht dazu gehören sollte.

Wer sich hingegen hinstellt und Tabus einfordert, gilt als Spielverderber. Alles soll und muss erlaubt sein. Nur was soll das für eine Freiheit sein, die in einem anhaltenden Kiffzittern endet und eben nicht in einer erfolgreichen Managerkarriere? Sie kennen dieses „Kiffzittern“? Diese stereotype Verhaltensweise von Cannabis-Konsumenten, wenn es gilt, auf den Punkt ein paar Dinge stringent, möglicherweise noch im Multitasking-Modus oder einfach nur in einer handelsüblichen Chronologie zu erledigen? Diese körperlich sichtbare Reaktion, das Unvermögen, am Leben auf akzeptable Art und Weise teilzunehmen. Wohlgemerkt, nicht unter Einfluss der Droge, sondern noch viel mehr nüchtern. Also eine Form von Entzugserscheinung, eine traurige Überwältigung von der Intensität des Lebens der anderen verbunden mit dem persönlichen Versagen, daran noch teilnehmen zu können. Willkommen in einer Welt, die man sich nicht mehr erobern muss, weil sie doch nur noch wie alberne Fake News der anderen erscheinen.

Nun wissen die allermeisten, die schon mit Drogen Kontakt hatten oder in einem Arbeitsfeld tätig sind, das mit Drogenkonsumenten zu tun hat, dass es gerade bei Cannabis zwei Typen Mensch gibt, jene, die vorgeben, es zu vertragen und andere, die schnell merken, dass ihnen dieser Kontrollverlust Angst macht oder einfach keine Freude. Ängste, die sich insbesondere bei Jugendlichen in der sozialen Interaktion zu behandlungsbedürftigen Störungen auswachsen können. Im Prinzip wissen das übrigens auch diejenigen älteren Semester, die sich für eine Legalisierung aussprechen. Aber hier wird erfolgreich zugunsten eines offenbar als modern und zeitgeistig empfunden Standpunktes das Wort geredet, die damit allerdings vor allem einer Zielgruppe schaden: viel Jüngeren.

Cannabis-Legalisierung
Ist das der neue FDP-Song?
Dummheit und eine gewisse asoziale Grundhaltung gehören natürlich auch dazu, wenn prominente Persönlichkeiten in den Medien angeberisch mit einem angeblichen oder tatsächlichen Drogenkonsum vergangener Zeiten prahlen, als gelte es der Welt zu beweisen, was sie doch einst für relaxte und experimentierfreudige Jungs und Mädels waren und gar keine Spielverderber, als die sie in der öffentlichen oder politischen Funktion dann doch immer wieder in Erscheinung treten. Da ist es doch ein Klacks, einmal etwas für die Freiheit zu tun. Während also die bürgerlichen Freiheiten in multipler Form per Gesetzgebung beschnitten werden, setzt man sich auf der Gegengeraden für eine Drogen-Legalisierung ein. Zunächst für die Freigabe von Cannabis. Ein Schelm, der da einen inneren Zusammenhang künstlich konstruieren wollte.

Wie lächerlich ist das eigentlich, wenn dieser personifizierte Mister Harmlos der Grünen, der gewesene Bundesvorsitzende Cem Özdemir, provokant und ganz „aus Versehen“ ein Video von seinem Balkon veröffentlicht, während im Hintergrund seine private Cannabispflanzenzucht zu sehen ist, also eine, mindestens bei Jugendlichen unter dringendem Verdacht der körperlichen Schädigung stehende, Droge angebaut wird?

Fehlt noch ein Blick auf die Frage nach Haschisch als Einstiegsdroge für Kokain, Heroin usw. Wer hier behauptet, das gäbe es nicht, handelt grob fahrlässig. Denn natürlich ist mit der Akzeptanz der einen Substanz generell der Damm auch gebrochen für weitere Substanzen – inklusive einer erhöhten Verfügbarkeit. Manche nennen es Experimentierfreude. Andere sehen darin ein gesamtgesellschaftlich zu bewältigendes Problem.

Bringen wir doch endlich gemeinsam den Mut auf, „Nein“ zu sagen zu einer Legalisierung aller Drogen. Auch wenn das uncool erscheinen mag, auch wenn wir es sogar selbst einst probiert haben. Allerdings im eindeutigen Bewusstsein, das uns die Absolution durch Staat und Gesellschaft verwehrt blieb. Gut so. Denn das ist der eigentliche Deal. Und keine anderer. Wir sollten uns nicht scheuen, dazu beizutragen, dass unsere Kinder ihre Auszeiten und Belohnungssysteme dauerhaft so programmieren, dass Abenteuer-, Sport- und Kulturangebote an erster Stelle stehen. Vom Spaß am erfolgreichen Lernen wollen wir hier nicht einmal reden, aber selbstverständlich gehört auch das dazu. Wenn das jemand spießig findet – gut, dann ist das eben so. Komisch allerdings, dass gerade jene, die sich die Legalisierung auf ihre Fahnen geschrieben haben, oft so entsetzlich spießig wirken, wie der FKK-Verein, der die ach so ungezwungene körperliche Nacktheit propagiert, während der lausige Dackel des Vorsitzenden im Regencape durchs Bild läuft. Aber damit täten wird dem armen Dackel unrecht. Der kann ja nichts dafür.

In was für einer Welt wollen wir also zukünftig leben? Es liegt an uns, unseren Kindern zumindest deutlich zu zeigen, was unsere Ideale sind. Wir müssen dafür nicht dauerhaft geliebt werden wollen. Und diese Ideale werden nun einmal auch am Tabu konkret. Am Verbot aus gutem Grund. Manchmal auch aus Erfahrung. Der allerdings muss man sich mindestens stellen. Was unsere Kinder dann letzten Endes daraus machen, liegt nicht in unserer Hand. Aber wir haben dann wenigstens getan, was richtig ist. Hoffentlich.