Tichys Einblick
Fähnchen im Zeitwind

Fußball-WM: Liebe Deutsche, mässigt euren Jubel

Liebe Deutsche, ein kleiner Tipp vorm Spiel: Mässigen Sie bitte Ihren Jubel. Freude über die Mannschaft ist Selbstbeweihräucherung. Patriotismus führt zur Verletzung von Gefühlen und grenzt aus. Bitte beherrschen Sie sich und hängen Sie um Himmels willen die Fähnchen ab.

Ich hoffe ja sehr, meine lieben deutschen Freunde, dass ihr euch heute oder auch das nächste Mal über die Tore der Deutschen Nationalmann …… pardon, der Mannschaft, nicht zu fest freut. Euch nicht zu fest von Stolz und Heimatgefühlen hinreissen lasst. Nicht zum Patrioten mutiert. Denn solche Gefühle, die sind ein großes Problem.

Fähnchen mutieren zum Politikum

Was bei der WM geht und was nicht, eine kleine Erklärung: Fähnchen aufhängen, das dürft ihr. Also zumindest, wenn es nach der Grünen-Politikerin Claudia Roth geht. Sie hat es explizit erlaubt. Im Tagesspiegel steht es geschrieben: „Natürlich darf man sich freuen, wenn die deutsche Mannschaft gut spielt und gewinnt. Und ich will auch niemandem verbieten, ein Fähnchen aufzuhängen.“

Grünes Wort zur Fußball-WM
Roth warnt vor „nationaler Selbstbeweihräucherung“
Fähnchen gehen also für sie in Ordnung. Aber bitte, übertreibt es nicht, denn Frau Roth sagt weiter: „Ich finde aber, dass es uns Deutschen gut zu Gesicht steht, wenn wir Zurückhaltung walten lassen mit der nationalen Selbstbeweihräucherung.“ Persönlich deute ich das so, dass zurückhaltendes Klatschen und zu einem Lächeln verzogene Mundwinkel im grünen Bereich liegen, die Arme hochreissen und lautes Herumgekreische jedoch die Grenze des Zumutbaren überschreiten, und somit nicht wirklich gehen. Auf keinen Fall geht blasiertes Klopfen auf die stolz geschwellte National-Brust und frenetisches Riesenfahnen-Schwenken, denn das ist der direkte Weg in den Nationalsozialismus. Prompt bringt Frau Roth in ihrer Argumentation ja auch eine rechte Partei ins Spiel, die „auch die deutsche Fahne instrumentalisiert, um Ausgrenzung gegenüber Menschen zu signalisieren, die in ihren Augen nicht dazugehören“. Das ließe sich nicht einfach so ausblenden und Leute sollten das beim Feiern im Blick haben.

So weit, so „Nazi“. Jetzt aber haben wir ein Problem mit den Fähnchen. Während Frau Roth dieses bedrohliche Stück Stoff erlaubt, haben ihre jugendlichen Freunde im Geiste, die Linksjugend „Solid“, etwas dagegen. Ja, was denn jetzt? Unter dem Motto „Deutschland knicken“ riefen sie auf ihrer Webseite jüngst zur „kritischen Intervention im nationalen Fahnenmeer“ auf. Konkret steht da, man solle Deutschlandfähnchen an Autos und auch sonst wo „fangen“ und „knicken“ – im nicht-linken Sprachmilieu auch bekannt, unter zerstören und stehlen. Auf der Webseite von Linksjugend „Solid“ steht, dass während der WM der „öffentliche Raum zunehmend schwarz-rot-gold gefärbt“ sei und diese Tatsache oft als „harmloser Party-Patriotismus verklärt“ würde. Das Mitfiebern für das eigene Team verletzte aber und werte diejenigen ab, die dabei ausgeschlossen werden: „Außen vor bleiben insbesondere Migrant*innen, People of Colour und andere Menschen, die nicht als Teil des nationalen Kollektivs betrachtet werden.“ Auch würde die Zahl rassistischer Gewalttaten zu Zeiten von Fußballmeisterschaften steigen.

Spaßförderer oder Spaßbremser?

Die beherzten jungen Spaßförderer haben für ihr „Deutschland knicken“ extra eine Broschüre angefertigt. Unter dem Titel „Techniken und Kniffe für das Fähnchenfangen“ erklären sie in aller Gründlichkeit die Pros und Kontras von „Abbrechen, Abreissen, Abschneiden und Anbrennen“. Weil sie die verschiedenen Varianten zuvor getestet haben, wird für den größtmöglichen Erfolg das Abschneiden empfohlen, bei dem „eine mitgeführte Schere schnelle und sichere Ergebnisse liefert.“

Es ist nicht das erste Mal, dass junge linke Denker in Deutschland mit scharfsinniger Logik aufwarten. Die Grüne Jugend Rheinland-Pfalz schrieb schon bei der Fußball-EM 2016, dass „Nationalstolz die Gewalt und nationalistisches Gedankengut stärkt“. Unter dem Slogan „Patriotismus = Nationalismus, Fußballfans Fahnen runter!“ forderten sie ein Fahnenboykott. Bei der Fußball-EM 2012 verteilte die Jugendorganisation der Grünen, Anti-Patriotismus-Aufkleber, die eine durchgestrichene Deutschlandfahne zeigten und die Aufschrift „Patriotismus? Nein danke!“. Der Fahnen-Zirkus ist unter jungen Linken aus aller Welt beliebt: Wegen Gefahr von Nationalismus und „Militarisierung der ganzen Welt“ riefen die Jungsozialisten Schweiz 2014 anlässlich unseres Nationalfeiertages zu Verzicht auf Schweizerkreuz-Flaggen auf.

Patriotismus ist nicht mehr zeitgemäß

Wenn also Patriotismus zu Ausgrenzung führt, zu Nationalismus auch, und wenn aus Fußballfans übergangslos Nazis werden, müssen bei künftigen Weltmeisterschaften einige Punkte neu betrachtet werden: Wir sollten damit beginnen, jegliche Verbundenheitsgefühle einzudämmen – Gefahr wegen rassistischer Gewalttaten. Wir sollten bei den Sporttrikots auf die Landeszeichen verzichten – Gefahr von Radikalismus. Den Jubel bestmöglich unterdrücken – Gefahr wegen Selbstbeweihräucherung. Fähnchen verbieten – Gefahr der Ausgrenzung, Abwertung und Verletzung von Gefühlen. Wir sollten Turniere mit Nationalbezug möglicherweise streichen – Gefahr wegen Militarisierung. Und Nationalitäten grundsätzlich abschaffen – Gefahr wegen Isolationismus … und allem anderen zusammen.

Da die Empfehlung von Politikern, wie genau man die Freude über seine Mannschaft ausdrücken sollte, erfahrungsgemäss sehr, sehr, sehr viele Fußball-Begeisterte interessiert, solltet ihr diesen Text teilen, teilen, teilen. Damit es ja alle mitbekommen. Fürs erste jedoch, solltet ihr jetzt gleich rausgehen und eure Fähnchen subito abhängen. Denn diese am Auto, oder sonst wo anzubringen, liebe deutsche Freunde, ist nicht nur Ausgrenzung. Vor allem ist es Anstiftung zu Straftaten, denn damit hetzt ihr die Linksjugend auf und stachelt sie zu Diebstahl und Sachbeschädigung an. Das ist euch schon bewusst, oder?