Tichys Einblick
Zentralkomitee versus AfD

„Das linksliberale Milieu hat sich das Zentralkomitee der Katholiken zur Beute gemacht“

Die ZdK-Chefin Irme Stetter-Karp hatte gefordert, AfD-Mitglieder aus Laienämtern auszuschließen. Die kirchenpolitische Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion erkennt darin die „Zuspitzung“ einer „Diffamierungskampagne“. Gegenüber TE spricht die Katholikin über eine Reform des ZdK.

IMAGO / Christian Spicker
Im Gespräch mit Kirche+Leben hatte die Präsidentin des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, gefordert, dass AfD-Mitglieder in Laienorganisationen und auch in kirchlichen Laienämtern nicht zugelassen werden dürften. Die Partei sei menschenfeindlich, rassistisch und antisemitisch. Sie widerspreche damit christlichen Werten. TE hat die Kirchenpolitische Sprecherin der AfD im Bundestag, Nicole Höchst, zu den Vorwürfen befragt.

Frau Höchst, die Vorsitzende des ZdK, Irme Stetter-Karp, fordert den Ausschluss von AfD-Mitgliedern von kirchlichen Laienämtern. Was entgegnen Sie auf das Argument, AfD-Mitglieder disqualifizierten sich aufgrund ihrer politischen Gesinnung für den Dienst in der Kirche?

Nicole Höchst: Das ist ja eine nicht ganz neue Behauptung, AfD-Mitgliedschaft und Christentum seien unvereinbar. Es ist ein wiederkehrendes Motiv in einem politischen Kampf, der inhaltlich natürlich jeden Realitätsbezug vermissen lässt. Die jüngsten Äußerungen der Vorsitzenden eines kaum repräsentativen Laiengremiums (ZdK) stellen aber in der Tat eine weitere Zuspitzung einer Diffamierungskampagne dar, die ein enormes Spaltungspotential in die Gesellschaft hineinträgt. Einen großen Teil katholischer Gläubiger quasi mit einem Bannfluch zu belegen, erinnert an schlimme Zeiten der Vergangenheit. Ich finde das auch persönlich verletzend.

Das ZdK als Vertreterin linksliberaler Position – in der Kirche wie in der Politik – hat sich nicht zum ersten Mal mit der AfD angelegt. Sehen Sie in diesem Vorstoß eine neue Qualität der Konfrontation?

Ja, zusammen mit der Äußerung von Bischof Overbeck, der von konservativen Katholiken als reaktionär-restaurativen Kreisen mit Verbindung zum Rechtsextremismus spricht, sind wir in eine höhere Eskalationsstufe eingetreten. Ich bin auch beunruhigt: Was folgt, nachdem man Menschen das Christsein abspricht, deren politische Überzeugungen nicht dem linken Zeitgeist entsprechen? Wird ihnen auch bald das Menschsein abgesprochen? Eine solche Haltung empfinde ich meinerseits als unchristlich.

Das ZdK spricht viel über eine Reform der Kirche. Bräuchte es aus Sicht der AfD eine Reform des ZdK? Wie müsste diese aussehen?

Das Zentralkomitee der Katholiken ist ja ein Gremium, dass überwiegend aus Funktionären verschiedener kirchlicher Ebenen besteht. Die Auswahlkriterien sind mir dabei zu intransparent. Die Mitglieder werden auch nicht von den Gemeinden gewählt, wie es demokratischer Usus zu sein hätte, meinte man es mit Synodalität ernst, sondern werden entsendet. Die Mehrheitsverhältnisse bei den Abstimmungen lassen aber erkennen, dass sich dort das linksliberale Milieu das Zentralkomitee zur Beute gemacht hat. Das eigentliche Kirchenvolk ist so gar nicht adäquat repräsentiert. Im ZdK sollte man also mehr „Demokratie wagen“.

Auch in der Katholischen Kirche in Deutschland gibt es zahlreiche AfD-kritische Stimmen. Verläuft die Kommunikation dort ebenfalls so konfrontativ? Oder gibt es differenziertere Erfahrungen Ihrerseits?

Ich bin erst seit November letzten Jahres Kirchenpolitische Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion. Meine Mitarbeiter in diesem Bereich berichten mir aber von vielen, guten Einzelgesprächen mit kirchlichen Funktionären auf verschiedenen Ebenen. Vor Ort, also in der Lebenswirklichkeit gelebten Glaubens, sind die Menschen eben nicht so konfrontativ unterwegs, wie es einige Vertreter links-grüner Kreise gerne hätten. Im September stehen zwei hochrangige Gespräche mit Spitzenfunktionären beider großen Kirche an, die mich eingeladen haben. Es ist auch ganz undenkbar, dass vernünftige Leute eine 20-Prozent-Partei in Deutschland von jedem Diskurs ausschließen. Ich bin da für die Zukunft optimistisch.

Stetter-Karps Forderung fällt in eine brisante Zeit. Der Bundespräsident hat in seiner jüngsten Rede nicht nur die AfD, sondern auch ihre Wähler angegriffen. „Feindlisten“ mit Adressen von AfDlern kursieren bei Linksextremisten. Sehen Sie einen Kontext?

Die unglücklichen Äußerungen des Bundespräsidenten belegen, dass er in diesem Amt nicht einigt, sondern spaltet. Das ist sehr bedauerlich und der Würde dieses hohen Amtes nicht zuträglich. Jüngste Gewaltexzesse gegen Politiker der AfD belegen hier auch eine Zuspitzung der Gewaltbereitschaft gegen eine demokratisch legitimierte Partei. Die Gewaltverbrecherin Lina E. steht hierbei exemplarisch für ein Klima zunehmender Gewaltbereitschaft, das von Teilen der Politik geschürt wird. Zwischen den Äußerungen des Herrn Bundespräsidenten und der Vorsitzenden des ZdK muss ich bedauerlicherweise einen Zusammenhang erkennen. Es ist ein verzweifelter Versuch, den politischen Gegner zu delegitimieren und dabei von jeder Form von Anstand und Sitte abzulassen. Die AfD wird aber ihren Weg besonnen, gewaltfrei und klug fortsetzen. Dieser Kurs wird auch von immer mehr Menschen in Deutschland mit ihrer Stimmabgabe goutiert.

In dem Zusammenhang spricht man häufig davon, man solle „Brücken bauen“. Was tut die AfD dafür, um den Faden zu Kirchen und Laienorganisationen nicht abreißen zu lassen, trotz solcher Angriffe?

Wie schon erwähnt, arbeitet mein Büro an der Kontaktpflege mit verschiedenen, kirchlichen Einrichtungen und Funktionären. Dabei finden die Gespräche aktuell, der politischen Lage geschuldet, noch diskret statt. Das hat aber Ausbaupotential und ich bin zuversichtlich, dass wir zusammen noch große Fortschritte machen werden. Und erlauben Sie mir noch zum Schluss festzuhalten, dass der Sinn des christlichen Glaubens vor allem das gemeinschaftliche und geschwisterliche Zusammenleben meint, auch bei durchaus verschiedenen Lebensentwürfen. Hierzu stärke Gott unsere Herzen und schenke die nötige Kraft.

Frau Höchst, vielen Dank für das Gespräch.

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