Tichys Einblick
Sisyphus grüßt

Was Afrika retten bedeutet

2050 – mit dann 125 Millionen jungen Leuten in Europa gegenüber 1.000 Millionen in Afrika – verlangen noch mehr Rentner und Hilflose eine menschenwürdige Bezahlung, und pro Nachwuchskraft müssen acht gleichaltrige Afrikaner voran gebracht werden.

(1st row L-R) Egyptian President Abdel Fattah al-Sisi, Guinean President and Chairman of the African Union Alpha Conde, German Chancellor Angela Merkel, Tunesian President Beji Caid Essebsi, Senegalese President Macky Sall ; (2nd row L-R) the President of the African Development Bank Akinwumi Adesina, the Managing Director of the International Monetary Fund Christine Lagarde, Ghanaian President Nana Akufo Addo, Italy's Prime Minister Paolo Gentiloni, Rwandan President Paul Kagame pose for a family picture during a two-day G20 Africa partnership investment conference in Berlin on June 12, 2017

© John MacDougall/AFP/Getty Images

Gut, dass Papst Franziskus die für den Süden kämpfende Kanzlerin „ermutigt, auf diesem Weg weiterzugehen.“ Immerhin sieht ihr Entwicklungsminister Gerd Müller alsbald 100 Millionen Afrikaner auf dem Weg zu den 82 Millionen Deutschen und ihren westlichen Nachbarn.

Die Zahlen klingen extrem, sind aber noch untertrieben. Von 180 Millionen auf eine Milliarde Einwohner 2017 springt allein der Subsahara-Raum seit 1950. Im selben Gebiet verlieren nach der Befreiung vom Kolonialismus rund 18 Millionen Menschen in Genoziden und Kriegen ihr Leben. Zudem ertrinken Tausende auf dem Weg nach Europa. Schon für 2009 ermittelt das Gallup-Institut zwischen Sahara und Kapstadt 38 Prozent Auswanderungswillige. Bei unveränderten Wünschen würden momentan also 380 Millionen übersiedlungsbereit für Europa sein. Niemand kann dem Minister Alarmismus vorhalten.

Bis 2050 sieht die UNO für Schwarzafrika zwar eine bedeutende Verlangsamung des Wachstums, aber immer noch 2,1 Milliarden Menschen. Während auf dem Höhepunkt des Imperialismus (1914) die heutige EU-Lokomotive Frankreich/Deutschland – bei jeweils rund 100 Millionen Einwohnern – gegen den Subsahara-Raum ein 1:1 schafft, soll es 2050 mit 1:15 aussichtslos hinten liegen (140 zu 2.100 Millionen).

Bis dahin muss der Aufschwung auf der Gegenküste des Mittelmeers gelungen sein. Dem Subsahara-Länderblock mit seinen 950 Millionen Menschen (ohne RSA) gelingen 2014 Exporte von knapp 70 Milliarden Dollar. Das bringt sie noch hinter die 5,4 Millionen Slowaken mit 74 Milliarden US-$. Diese Differenz um den Faktor 175 entscheidend zu verringern, stellt der Jugend beider Kontinente die entscheidende Zukunftsaufgabe.

Ahnungslos oder irreführend
Merkels Afrika-Plan wird scheitern
Gesamt-Europa (mit Russland) hat heute weniger als 140 Millionen Bürger unter 18 Jahren. In Gesamtafrika sind es rund viermal so viele. Ein junger Europäer muss eines Tages die vergreisende Heimat versorgen und sie gegen die Musterschüler Ostasiens in der Weltspitze halten. Dort gibt es 320 bis 500 Mathe-Asse (Japan bzw. Singapur) unter 1.000 Kindern. In Deutschland sind es 50 und in Frankreich sogar nur 20. Hinzu kommt nun Berlins Forderung, vier junge Afrikaner für die globalen Märkte fitzumachen. 2050 – mit dann 125 Millionen jungen Leuten in Europa gegenüber 1.000 Millionen in Afrika – verlangen hierzulande noch mehr Rentner und Hilflose eine menschenwürdige Bezahlung, während pro Nachwuchskraft acht gleichaltrige Afrikaner nach vorne gebracht werden müssen. Ein Spaziergang wird das nicht, weshalb Merkels Initiative keinen Tag zu früh kommt.