Tichys Einblick
Übersterblichkeit und Covid-"Impfungen"

Barmer-Studie als politische Beruhigungspille

Die Barmer will mit einer Studie widerlegen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Übersterblichkeit und Covid-"Impfungen" geben könnte. Dabei weisen ihre Ergebnisse auf diesen Zusammenhang hin – und da, wo nicht, hat die Studie methodische Mängel. Von Raimund Hagemann

IMAGO / imagebroker

Wie ist die faktisch bestehende Übersterblichkeit zu erklären? In den Medien dominiert die Tendenz, die Übersterblichkeit ausschließlich auf das Coronavirus zurückzuführen. Dieser Tendenz kommt die Studie einer Autorengruppe des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) entgegen. Die Autoren werten die Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung für den Zeitraum 2020 bis 2022 aus und behaupten, dass die Übersterblichkeit zu 80 Prozent durch Covid-19-Infektionen bedingt sei. Diese These wurde beispielsweise in der Berliner Zeitung unter dem Titel „Übersterblichkeit: Studie sieht Zusammenhang mit Covid-19, nicht mit Impfungen“ durch Wissenschaftsredakteur Torsten Harmsen wohlwollend besprochen.

Die Frage nach einem Zusammenhang zwischen Übersterblichkeit und Covid-„Impfungen“ hatte zuvor ein Fachaufsatz der Professoren Christof Kuhbandner und Matthias Reitzner aufgeworfen. Sie wiesen eine Korrelation zwischen Übersterblichkeit und Covid-„Impfungen“ nach und empfahlen „auszuschließen, dass diese Sicherheitssignale auf das Vorhandensein unerkannter Nebenwirkungen der Covid-19-Impfstoffe zurückzuführen sind“. Dieses Resultat rief jedoch keine Forderungen nach Überprüfung der Covid-„Impfungen“ hervor, sondern sorgte vielmehr im Gegenteil für einen Entrüstungssturm in den Medien: Sogar die Tagesschau brachte am 20. Juni 2023 eine Gegendarstellung zu Kuhbandner/Reitzner.

Aktuell wird die Barmer-Studie politisch instrumentalisiert, um die von Kuhbandner und Reitzner ausgelösten Alarmsirenen zu stoppen. Sowohl von den Autoren selbst als auch von Medien und Experten, wie der ehemaligen Abteilungsleiterin für „Sicherheit von biomedizinischen Arzneimitteln und Diagnostika“ des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Dr. Brigitte Keller-Stanislawski, wird die Barmer-Studie so dargestellt, als würde sie die Befunde von Kuhbandner und Reitzner widerlegen. Bei einer Befragung im Brandenburgischen Corona-Untersuchungsausschuss hob die Expertin des PEI am 13. Oktober 2023 beispielsweise hervor: „Es gibt eine neue Studie der Barmer zur Übersterblichkeit. Diese Studie ist auch sehr schön, aber die Barmer konnte das nicht für Impfstoffe auswerten. Sie kommt zu sehr anderen Ergebnissen als Herr Kuhbandner in seiner Publikation.“

Ist das aber wirklich so? Wohl nicht: Denn wesentliche Ergebnisse der Barmer-Studie bestätigen durchaus die besorgniserregenden Befunde von Kuhbandner und Reitzner, während ihr an den Stellen gravierende methodische Mängel zu attestieren sind, wo sie von den Resultaten der beiden Professoren abweicht. Die Barmer-Studie ist als bifg-ePaper erschienen und trägt keinen Hinweis auf eine Begutachtung durch unabhängige Fachexperten, während der Artikel von Kuhbandner und Reitzner einen siebenfachen anonymen Peer Review vor der Publikation durchlaufen hat. Ein Peer Review hat zum Ziel, methodische Mängel und Fehlschlüsse zu detektieren und zu beheben.

Schauen wir uns zunächst die Übereinstimmung zwischen den beiden Übersterblichkeitsstudien an, bevor wir die methodischen Mängel der Barmer-Studie aufzeigen.

Die beiden Studien zeigen im Grunde das gleiche Resultat

Kuhbandner und Reitzner weisen nach, dass „ab April 2021 etwas passiert sein muss, das zu einem plötzlichen und anhaltenden Anstieg der Sterblichkeit in den Altersgruppen unter 80 Jahren geführt hat“ (Seite 1). Dabei ist zu beachten, dass während der Covid-19-„Pandemie“ bis zu diesem Zeitpunkt keine derartigen Auswirkungen auf die Sterblichkeit beobachtet worden waren. Ein Blick auf die Grafik A 5 der Barmer-Studie bestätigt eindrucksvoll, wie richtig Kuhbandner/Reitzner mit dieser Aussage liegen. Die Grafik wurde der Bifg-Studie (Seite 20) entnommen und zur Verdeutlichung mit zusätzlichen Erläuterungen in den durch Stern markierten Textkästchen sowie mit Eintragung des Impfzeitraums durch die gelbe Fläche ergänzt:

Die fortlaufend über dem Erwartungswert liegende Zahl der Sterbefälle der 70- bis 79-Jährigen zeigt sich im Anstieg des hellgrün dargestellten Kurvenverlaufs. Aber auch die Sterbefälle der 80- bis 89-Jährigen und der über 90-Jährigen liegen ab Oktober 2021, der Phase der Booster-Impfungen, fast beständig über dem Erwartungswert. Die Autoren der Barmer Studie nehmen nicht zur Kenntnis, dass ihre Ergebnisse die von ihnen als bloße Vermutungen (Bifg-Studie, Seite 12) kritisierte Aussage von Kuhbandner und Reitzner damit für alle Altersgruppen über 60 Jahren bestätigen.

Die Kurven der 0- bis 59-Jährigen können dagegen infolge niedriger Todesfallzahlen bei einer Skalierung der Übersterblichkeitsachse von 7.000 in der Barmer-Studie nicht beurteilt werden. Kuhbandner und Reitzner aber hatten gerade in diesen Altersgruppen besondere Anstiege durch Vergleich zwischen Erwartungswert und den beobachteten Sterbefällen beobachtet; ähnliche Beobachtungen wurden auch in anderen Ländern, etwa in Frankreich, gemacht.

Die in der Barmer-Studie gewählte Skalierung erscheint in diesem Kontext betrachtet als Verschleierungstaktik, um das gravierende Problem der Übersterblichkeit in den jüngeren Altersgruppen unsichtbar zu machen.

Methodische Fehler der Barmer-Studie

Lässt sich angesichts dieser Übersterblichkeit in der Hauptphase der „Impfungen“ überhaupt ein Nutzen der „Impfung“ herleiten? Geht man dem vermeintlich starken Argument der Barmer-Studie nach, dass die Phasen der Übersterblichkeit zu 80 Prozent auf Covid-19 zurückzuführen sind, so müsste sich belegen lassen, dass die Impfkampagne die durch Covid-19-Todesfälle bedingte spätere Übersterblichkeit wirksam verhindert hätte. Das Gegenteil ist aber der Fall: Die Zahl der Covid-19 zugerechneten Todesfälle hat mit der Impfkampagne trotz nahezu vollständiger „Impfung“ der Risikogruppen weiter stark zugenommen. Dies sagen zumindest die Daten des Robert Koch-Instituts (Stand 16. Oktober 2023), die bis Ende Februar 2021 139.393 Todesfälle Covid-19 zuschreiben. Nach Durchimpfung der Risikogruppen sollte sich zu diesem Zeitpunkt allmählich eine spürbare Wirkung erkennen lassen. Trotz Impfkampagne kamen aber bis zum 16. Oktober 2023 weitere 213.293 Todesfälle dazu. Diese Zunahme lässt die Annahme eines Schutzes durch „Impfung“ vor schweren und tödlichen Verläufen als fragwürdig erscheinen. Sollte vielmehr das Gegenteil der Fall gewesen sein?

Statt diesen weiteren Anstieg der Sterblichkeit im Hinblick auf die Wirksamkeit und Risiken der „Impfungen“ zu diskutieren, erklärt die Barmer-Studie anhand der Kassendaten pauschal sämtliche Todesfälle im Zusammenhang mit einem positiven Covid-19-Test zur Ursache für die Übersterblichkeit. Dieses Vorgehen ist methodisch unzulässig, denn die Barmer-Studie übernimmt positive Covid-Tests als Todesursache, die sie nicht hinterfragt. Wenn die Barmer-Studie suggeriert, dass Abrechnungsdaten von einem Arzt nachgewiesene Befunde darstellen, ist dies irreführend, da es sich nicht um Untersuchungsergebnisse, sondern um Codes handelt. Diese Codes sind kein Beweis für die entscheidende Todesursache, da es weder Patientenakten noch Laborergebnisse oder pathologische Untersuchungen gab, um die tatsächliche Ursache zu bestimmen. Auch ist zu berücksichtigen, dass im Fall der Kombination mehrerer Codes zu Krankheitsbildern der auslösende Faktor für den Tod nicht ermittelt werden kann.

Erschwerend kommt hinzu, dass es bei den Abrechnungscodes auch zu Ungereimtheiten gekommen ist. Die eingeführten zusätzlichen Abrechnungscodes für Covid-19, mit oder ohne Labornachweis, waren willkommene Zusatzeinnahmen für Kliniken, denen vorübergehend die üblichen Behandlungen untersagt waren, was zu schwierigen finanziellen Situationen führte. Die unbedingte Angabe eines positiven Covid-19-Tests bei Todesfällen ergibt sich aus den Meldevorschriften des Robert Koch-Instituts und dürfte selbst bei Krebspatienten zu zahlreichen fragwürdigen Meldungen geführt haben. Bei Serientestung aller Klinikpatienten zum Beispiel zwischen November 2021 und April 2022, als die durchschnittlichen Positivraten bei 35,5 Prozent lagen, muss dies zu zahlreichen ungeklärten Todesursachen geführt haben.

Die Barmer-Studie bedarf also einer methodischen Revision und sollte in dieser Form zurückgenommen werden.

Hinweise auf kausale Zusammenhänge zwischen Covid-„Impfung“ und Übersterblichkeit

Die These, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Covid-„Impfungen“ und Übersterblichkeit bestehen könnte, lässt sich durch Forschung zum Schädigungspotenzial dieser neuartigen Impfstoffe erhärten. Unlängst erschien im Cicero ein vielbeachteter Artikel zur „Spikeopathie“, der anhand der Auswertung internationaler Forschung den Beleg führt, dass die gentherapeutische Covid-„Impfung“ „gefährlicher“ sei als die Covid-Infektion. Alexander S. Kekulé besprach diesen Artikel (ab Minute 41) in seinem Podcast „Corona-Kompass“ im MDR vom 26. Oktober 2023 und bestätigte, dass diese Forschungsergebnisse in der Tat gut bekannt seien – allerdings blieb er selbst Ausführungen zu Konsequenzen aus diesen Resultaten schuldig.

Es bleibt unklar, weshalb trotz dieser Kenntnis über statistische Risikosignale und wissenschaftliche Erklärungen für ein Schadpotential nicht die Schlussfolgerung gezogen wird, die Covid-„Impfung“ unverzüglich einzustellen, bevor nicht das Gegenteil, ihre tatsächliche Unbedenklichkeit, bewiesen ist.

Der Autor Raimund Hagemann ist Gymnasiallehrer für Chemie und Musik und seit 2021 im Ruhestand. Als Kenner der Statistik durch seinen wissenschaftlichen Hintergrund begann er im März 2020 sich mit den Corona-Meldezahlen auseinanderzusetzen und diese aufzuarbeiten.