Tichys Einblick
Die Unerträglichen

„Nichtregierungsorganisationen“ (NGO), die wie Regierungsorganisationen agieren

NGOs sind mit ihren Initiativen zu GOs geworden. Für die Demokratie ist es ein hohes Risiko, wenn nicht dazu legitimierte Organisationen nicht nur wie bisher die Agenda der politischen Themen prägen, sondern inzwischen zunehmend deren Umsetzung bestimmen. Von Detlef Brendel

IMAGO / Zoonar

NGOs, also Non Governmental Organisations, haben bei ihren Initiativen und Agitationen den großen Vorteil, dass sie nach landläufiger Meinung die „Guten“ sind, die gegen Politik und Unternehmen kämpfen, um die Welt besser zu machen. Das vermittelt ihnen Sympathien und Glaubwürdigkeit. Deshalb müssen sie es mit der tatsächlichen Glaubwürdigkeit nicht so genau nehmen. Während die von der Agitation Betroffenen mit Fakten, validen Daten und wissenschaftlichen Studien argumentieren, haben sie die Freiheit, mit kreativen Behauptungen und einer von ihnen definierten „Wirklichkeit“ ihre Kampagnen zu führen. Damit sind sie den Angegriffenen, die in der Defensive sind, strategisch und vor allem auch in der medialen Wahrnehmung überlegen.

Ein eindrucksvolles Beispiel lieferte Greenpeace in dem Meinungskrieg um die Ölplattform Brent Spar. 1995 kaperten Greenpeace-Aktivisten die Plattform und starteten eine massive Agitation gegen den Ölkonzern Shell. Den medialen Krieg in der Öffentlichkeit haben damals die vermeintlich guten Retter der Umwelt gewonnen. Im September 1995 hat sich dann Greenpeace bei Shell entschuldigen müssen, weil man gelogen hatte. Die Greenpeace-Zahlen über das angeblich noch auf den Plattformen befindliche Öl waren falsch, aber zweckdienlich. Die wissenschaftlichen Gutachten des Unternehmens Shell hatten gegen die Kampagnen-Behauptungen keine Chance.

Thilo Bode, der damalige Geschäftsführer von Greenpeace, sah keine Veranlassung, die wissentlich erlogenen Behauptungen zu korrigieren. Internationale Aufmerksamkeit und der daraus resultierende Fluss des Spendenaufkommens waren so hoch, dass sie durch die Tatsachen nicht gestört werden sollten.

Nach diesem bewährten Geschäftsprinzip gründete Bode 2002 die Organisation Foodwatch. Auch dort machte er aus fantasievollem Protest hartes Geld. Es ist ein Geschäft mit der Unsicherheit der Menschen. Bei komplexen und sehr differenziert zu betrachtenden Themen wie Gesundheit und Ernährung sind ebenfalls einfache und einprägsame Behauptungen, auch wenn sie nicht der Realität entsprechen, die erfolgreichsten. Der Vertrauensvorschuss angeblicher Verbraucherorganisationen, die gegen Unternehmen, Behörden und Politik antreten, funktioniert. Lautstarke Kampagnen bringen Geld in die Kasse der Organisationen. Das Geschäftsprinzip der plakativen Lüge generiert den wirtschaftlichen Erfolg.

Nur übertreiben sollte man nicht. Die Kampagne „Sex-Verbot für fleischessende Männer!“ der angeblichen Tierschutz-Organisation PETA im November 2022 war dann doch zu starker Tobak. Die Frauen sollten ihren Männern Sex verweigern, um ihnen zu zeigen, dass ein Würstchen nicht auf den Grill gehört. Jedes dadurch nicht geborene Kind würde nach PETA-Berechnung 58,6 Tonnen CO2-Äquivalenz pro Jahr einsparen. Wie menschenverachtend. Nicht ohne Grund gibt es keine Streicheleinheiten der Politik für solche Freaks.

Schleichende Machtverschiebung

Bei einer NGO wie Foodwatch ist das etwas anders. Auch hier bleibt die Politik auf Distanz. Die Gründe sind ersichtlich. Es gibt keine Basis für einen informativen Gedankenaustausch, da plakative Behauptungen und Forderungen über Medienkampagnen publiziert und bekannt sind. Zudem sind von den nicht legitimierten Verbraucherschützern keine evidenzbasierten Fakten zu erwarten. Als Vertreter der Verbraucher, die einzig und allein Spendengeld in die Kasse liefern sollen, verstehen sich die Aktivisten selbst nicht. Im Handelsblatt vom 15. Januar 2015 stellt Chefstratege Bode unmissverständlich fest: „Um unsere Rolle in der Demokratie zu spielen, müssen wir nicht selbst basisdemokratisch strukturiert sein. Meiner Meinung nach dürfen wir das auch nicht, weil wir dann nicht effektiv arbeiten könnten. Wir verstehen uns als Kampagnenorganisation.“ Verbraucherwünsche, Fakten, wissenschaftliche Grundlagen, Ehrlichkeit – alles störende Elemente für die zielgerichtete Kampagnen-Argumentation.

Wirkung in der Politik können über die Kampagnen-Schiene allerdings auch die Vorstellungen solcher NGOs entfalten. An den passenden Hebeln der Macht werden dazu willige Politiker benötigt, die ideologisch vorgeprägt sind und die zu ihrer eigenen Profilierung eine Chance darin sehen, sich mit medial stark positionierten Organisationen zu verbünden. Bei den Grünen fällt das auf fruchtbaren Boden. Hier gibt es eine traditionelle Affinität zu Kampagnen-Strategien. Mit der Gründung der Partei war eine Abgrenzung zum politischen Establishment verbunden. Man verstand sich zunächst selbst als eine Initiative der Guten mit der Überzeugung, die Welt besser machen zu wollen. Dieses Verständnis lässt heute eine ideologische Kumpanei mit NGOs zu, um deren Forderungen populistisch zu nutzen.

Dickmacher

Am 25. August 2021 haben auf einer Pressekonferenz von Foodwatch Prof. Berthold Koletzko, ein Stoffwechsel-Mediziner, und die Pharmazeutin Barbara Bitzer die forsche Behauptung aufgestellt, dass Werbung dick und damit ungesund macht. Dirigistische Eingriffe in das sogenannte Kindermarketing erschienen ihnen deshalb notwendig. Werbeverbote und Strafsteuern müssen her. Doch wo ist die Grenze zwischen gesunden und angeblich ungesunden Lebensmitteln?

Eine auf den ersten Blick unverdächtige Organisation ist die Weltgesundheitsorganisation WHO, die seit Jahren mantraartig behauptet, das zu wissen. Die Kompetenz der Weltgesundheitsorganisation liegt in dieser Frage allerdings unter null. Für die Strategie, Übergewicht zu einem zentralen Thema zu machen, sind ihre Protagonisten nachweislich von der Pharmaindustrie mit Millionen finanziert worden. Namhafte Institute und medizinische Fachmedien kritisieren durch fundierte Analysen, dass die Empfehlungen der WHO keine wissenschaftlichen Grundlagen haben, sondern auf konstruierten Behauptungen basieren. Die WHO behauptet, dass fünf Prozent an der gesamten Kalorienzufuhr die angebliche Grenze für Zucker in der Ernährung sind.

Für einen karrierebewussten Politiker der Grünen ist das verführerisch. Aus der von sympathisierenden Medien regelmäßig publizierten Foodwatch-Agitation kann er den politischen Auftrag ableiten, als Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Menschen gesünder zu machen. Dabei wird dem Ideologen Cem Özdemir gleich auch noch ein für ihn offenbar sympathisches Feindbild mitgeliefert. Wenn die Werbung dick macht, sind es die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft, die für die nach Meinung der WHO zu zuckerhaltigen Produkten die Werbung schaltet, um damit offenbar ihre Kunden zu schädigen. So einfach strukturiert schafft man sich eine politische Herausforderung, um sich als Schutzpatron der vermeintlichen Verbraucherinteressen zu positionieren. Treuherzig macht sich Özdemir zum Vollstrecker unsachlicher Agitation.

Ein verantwortungsvoll und ernsthaft handelnder Politiker hätte nicht kritiklos Kampfparolen von NGOs übernommen, sondern sich mit Fakten, in diesem Fall auch angeblichen Grenzwerten der WHO, beschäftigt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sollte dem BMEL bekannt sein. Diese europäische Institution hat Ende 2021 in einem Gutachten festgestellt, dass die WHO-Empfehlung substanzlos ist. Die EFSA dokumentiert, dass die gesamte wissenschaftliche Literatur keine Erkenntnisse für einen Zuckergrenzwert liefert und es deshalb keine wissenschaftliche Grundlage dafür gibt, eine Aufnahmemenge für Zucker festzulegen. Der von der WHO fantasievoll definierte Schwellenwert ist das Ergebnis von nachgewiesener Korruption und eine wissenschaftsferne Behauptung.

Einen Ideologen, der die Leute Mores lehren will, darf das nicht stören. Er will die Gelegenheit nutzen, mit grünem Paternalismus konsequent zur Gesundheitserziehung der beim eigenen Wohlergehen offenbar unfähigen Bevölkerung durchzugreifen. Eine solche auf NGO-Kampagnen basierende Politik beschneidet unternehmerische Freiheiten und entmündigt zugleich die Verbraucher durch Maßnahmen, die als gesunde Konsumsteuerung charakterisiert werden. Hier werden gesetzliche Regelungen initiiert, denen ein unternehmensfeindliches Denken zugrunde liegt, und die dazu dienen sollen, Unternehmer und Unternehmen unter staatliche Kontrolle zu bringen.

Problemorientierte und ernsthafte Politik ist etwas anderes als das Nachbeten einer Foodwatch-Kampagne, für die Özdemir sich hat instrumentalisieren lassen. Entsprechend kräftig ist der Gegenwind, dem er als Volkserzieher ausgesetzt ist. Bei seiner Vorstellung von Werbeverboten würde für rund 70 Prozent der Lebensmittel Funkwerbung zwischen sechs und 23:00 Uhr verboten sein. Nach einer Studie dürften im Bereich Frühstückscerealien beispielsweise 574 von untersuchten 721 Produkten nicht mehr beworben werden. Von insgesamt 674 auf den Markt erhältlichen Joghurts würde das Verbot 513 Produkte betreffen. Es würde sehr still werden bei der Information über unser reichhaltiges und ausgewogenes Nahrungsmittel-Angebot. Nicht Kinder und Jugendliche, sondern vor allem das Angebot im Handel dürfte schlanker werden. In der Konsequenz würden viele Produkte vom Markt verschwinden, weil ihre Produktion wenig Sinn macht, wenn sie nicht beworben werden dürfen.

Freiheitsrechte stören bei der Umgestaltung der Gesellschaft

Ein Werbeverbot ist nicht nur ein massiver Eingriff in die Wirtschaft, sondern auch ein erheblicher Angriff auf die Freiheit der Kommunikation. Prof. Martin Burgi, Lehrstuhl für Öffentliches Recht an der Universität München, bezeichnet den Referentenentwurf des BMEL als Dammbruch. Ein Werbeverbote für Produkte, deren Herstellung und Vertrieb in keiner Weise verboten ist und die auch weder gesundheits- noch lebensgefährdend seien, ist aus seiner Sicht nicht umsetzbar. Dann könnte, so der Jurist, künftig auch Werbung für Flugreisen, für bestimmte Sportarten oder Autos mit Verbrennungsmotoren verboten werden. Massive Eingriffe in die geschützten Kommunikationsfreiheiten und die Wirtschaftsfreiheiten ohne belastbare und evidenzbasierte Gefahrenprognosen sind nach Burgis Einschätzung weder auf dem Boden der deutschen Verfassung noch nach Europarecht möglich.

Zu einer ähnlichen Auffassung kommt Prof. Marc Liesching, Medienrechtler an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig. Er weist in seiner Studie detailliert nach, dass die Vorstellungen des Ministeriums vor dem Verfassungsgericht keinen Bestand haben werden. Er kritisiert ebenso wie Prof. Burgi, dass die Funktion der Eltern bei der Erziehung der Kinder komplett ausgeblendet wird, um eine Rechtfertigung für den staatlichen Eingriff zu haben. Grüne Pädagogik soll das ausgleichen. Beide Gutachter sehen ebenso das Fehlen wissenschaftlich begründeter Fakten und Erkenntnisse für den massiven Eingriff in die Kommunikationsfreiheit. Die Behauptung, dass Werbung dick macht, wird wohl kaum einer Plausibilitätskontrolle standhalten. So problematisch kann es sein, wenn Fakten ignoriert werden, um die Ideologie nicht zu stören. Herr Özdemir wird es wie bereits beim Scheitern seines Veggiedays erleben müssen.

Politische Umweltverschmutzung

Seit Jahren ist eine Professionalisierung von NGOs zu beobachten, die ihnen auch den Gang durch die Institutionen ermöglicht. Gelernte NGO-Mitarbeiter wechseln durch verschiedene Organisationen, sammeln strategische Erfahrungen und machen Karriere bis hinein in die GOs wie Behörden und Ministerien. Professionalisierung ist dabei nicht unbedingt mit einer Entideologisierung verknüpft.

Ein perfektes Beispiel liefert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Der Name ist Programm für die Fokussierung auf den Klimaschutz. Die Lage der Wirtschaft vom kontinuierlich nachlassenden Geschäftsklima über Rezession und Inflation, der Abwanderung von Unternehmen bis zum Zusammenbruch der Medikamentenversorgung steht offenbar nur partiell auf der Agenda. Dazu fehlen Ideologie und auch Ideen. Ideologisch ist dagegen der Klimaschutz, den der Minister in die Hände bewährter NGO-Strategen gelegt hat.

Die elitäre Hybris, mit der grüne Politik im BMWK betrieben wird, hat mit dem Graichen-Clan ein Gesicht bekommen. Hybris, also die hochmütige Anmaßung, Dinge nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, ist oft mit mangelnder Sensibilität für die Realität und der Überschätzung eigener Kompetenz verbunden. Hybris ist eine ignorante Grundhaltung, die leider vielfach in Kombination oder als Konsequenz von Machtpositionen auftritt. Anders ist die radikale Aussage des damaligen Staatssekretärs im BMWK, Patrick Graichen, wohl kaum zu interpretieren. Am 1. Juli 2022 empfiehlt er Unternehmen, denen in Deutschland die Energie zu teuer ist, ins Ausland abzuwandern.

In einem Wirtschaftsministerium sollte ein Staatssekretär im Interesse der Wirtschaft eine andere Position vertreten. Ihn interessiert aber nicht die Wirtschaft, sondern seine machtvolle Position, ideologisch getriebene NGO-Pläne aus der Organisation Agora Energiewende, deren Gründer und Geschäftsführer er war, in die Tat umzusetzen. Der ganze Clan von Patrick Graichen arbeitet unter den geschlossenen Augen von Robert Habeck an diesem Projekt. Graichens Schwester vom Öko-Institut, deren ebenfalls als Staatssekretär im BMWK tätige Mann und Graichens im Öko-Institut arbeitender Bruder sind die familiären Vertreter eines grünen Netzwerks in der Politik, das erst durch den eigenen Übermut zumindest vorerst gestoppt worden ist. Als Graichen auch noch seinen Trauzeugen in den Chefsessel der Deutschen Energie-Agentur (DENA) gehoben hat, wurde die für lange Zeit ignorierte Machtfülle der NGO-Repräsentanten im Ministerium zu offensichtlich.

Die ministerielle NGO-Familie ist ein Skandal, aber sie ist nicht das eigentliche Problem. Das Phänomen hat grundsätzliche Bedeutung und ist besorgniserregend. Es sind die engen Verflechtungen zwischen gut honorierten NGOs, der Politik und der Ministerialbürokratie. Die NGOs haben sich inzwischen selbst an die Macht gebracht und sind dabei von ihnen ideologisch verbündeten Politikern gefördert worden. Einige dieser Organisationen haben ihre charakterisierende Bezeichnung nicht mehr verdient. Sie sind zu GOs geworden, die der Politik nicht nur die Agenda, sondern inzwischen auch die Maßnahmen zur intendierten Regulation bei dem Weg zum Umbau der Gesellschaft vorgeben. Das gegenüber Demokratie und Gesellschaft ignorante Selbstverständnis zeigt sich inzwischen sogar in Formulierungen wie: „Die Bundesregierung beschließt ein Gesetz“. Diese kann jedoch keine Gesetze beschließen. Das Kabinett verabschiedet nach den Ressortberatungen die Entwürfe, die dann von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. So geht eigentlich der demokratische Prozess, auch wenn dies für den grünen Paternalismus hinderlich ist.

Duchsetzungsgesetz ist wirtschaftsfeindliche Ermächtigung

Im Windschatten des die öffentliche Aufmerksamkeit beanspruchenden Energiegesetzes hat Robert Habeck eine Behörde mit zusätzlichen Befugnissen ausgestattet, die das Wirtschaftsleben verändern werden. Hier zeigt sich eine Grundhaltung, mit der in Deutschland gegenwärtig Wirtschaftspolitik nicht mit der Wirtschaft, sondern gegen die Wirtschaft gemacht wird. Durch das Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz wird die Machtfülle des Bundeskartellamtes erheblich erhöht. Geschickt wird auch das als Segen für die Menschheit verkauft. Mehr Wettbewerb soll das Gesetz ermöglichen, damit die Verbraucher bessere Qualität zu besseren Preisen erhalten.

Das Kartellamt soll künftig, und das ist die entscheidende Formulierung „missbrauchsunabhängige Eingriffsbefugnisse“ erhalten. Die eigentlich im Recht verankerte Unschuldsvermutung kann im Kartellverfahren künftig durch eine Schuld-Unterstellung der Behörde ersetzt werden. Damit können auch solche Unternehmen von Verfahren überrascht werden, die strikt auf die Einhaltung des Kartellrechts achten. Was ein Verstoß ist, entscheidet in Zukunft die Behörde. Die Charakterisierung solcher Verfahren, die Prof. Wernhard Möschel, ein ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission als „Inquisitionsprozesse“ bezeichnet hat, ist damit perfektioniert worden. Solchen Maßnahmen liegt ein unternehmensfeindliches Denken zugrunde, das daran arbeitet, Unternehmer und Unternehmen unter staatliche Kontrolle zu bringen.

Für die Radikalität, mit der NGO-Ideologie durchgesetzt werden soll, gibt es offenbar keine Mehrheit in der Gesellschaft. Das Phlegma der Bürger ist wohl kleiner als man mit elitärer Hybris angenommen hat. Die Grünen können es an kontinuierlich sinkenden Zustimmungswerten ablesen. Die Liste der Zumutungen ist umfangreich. Der Zwang zum ruinösen Umbau der Heizungskeller durch das grüne Klimaschutzministerium, der Verzicht auf eine Wirtschaftspolitik im dafür ehemals zuständigen Ministerium, staatlich verordnete Ernährungsprogramme durch ein grünes Ernährungsministerium, auf dessen Führungspositionen inzwischen ebenfalls frühere NGO-Vertreter installiert worden sind, und Werbeverbote für keineswegs gesundheitlich bedenkliche Lebensmittel sollen das Leben der Bürger neu ausrichten. Die NGOs sind mit ihren Initiativen zu GOs geworden.

Für die Demokratie ist es ein hohes Risiko, wenn nicht dazu legitimierte Organisationen nicht nur wie bisher die Agenda der politischen Themen prägen, sondern inzwischen zunehmend deren Umsetzung bestimmen. Wohltuend sind da die Aktivisten der Letzten Generation. Sie haben keine inhaltlichen Ambitionen zur Umgestaltung der Gesellschaft, werden inzwischen von den Bürgern selbst mit Farbe übergossen und können den Gang in die Institutionen nicht antreten, weil sie auf der Straße kleben.


Detlef Brendel ist Wirtschaftspublizist.

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