Tichys Einblick
Immer Opfer

Macht oder Liebe?

Zwei neue Filme zeigen an der Macht leidende Frauen. Das verwirrt: Kaum hat Frau mittels Quote die sogenannte „gläserne Decke“ durchstoßen, sieht sie sich schon wieder als Opfer. Was nun? – fragt Gerhard Amendt.

"Maria Stuart, Königin von Schottland" (2018)

imago/ZUMA Press

Vor einigen Jahren noch wurden Quoten mit Diskriminierungen jeder Art gerechtfertigt. Heute braucht es solche Argumente nicht mehr. Das Milieu der linken Parteien hält den Nachweis des weiblichen Genitals für ausreichend, um die Gleichstellung von dessen Besitzerinnen zu betreiben. Gleiche Chancen gelten nicht, Wettbewerb folglich ebenso wenig. Es geht nur noch um Gleichstellung. Ein enormes Projekt für linke Parteien. Nach der Verherrlichung des Proletariats in der Vergangenheit, oder, wie es in Bremen hieß, der „Mehrheit der Bevölkerung“, sollen nun die Frauen Hoffnungsträger der Zukunft sein – Merkel! Nahles! Ob das stimmt, steht nicht zur Debatte, und ob die Rechnung aufgehen wird, ebenfalls nicht. Denn die neue Perspektive für den Aufbruch ist, eine andere Polarisierung der Gesellschaft wahlstrategisch aus dem Boden zu stampfen. Frauen gegen Männer.

Frauen und Macht sind das Thema von zwei gerade laufenden Filmen: The Favourite, der am englischen Königshof des 18. Jahrhunderts unter der Regentschaft von Königin Anne spielt und Maria Stuart, ein Film, der den Konflikt zwischen Maria Stuart und Königin Elisabeth I. thematisiert. Beide Filme stellen Frauen als Machthaberinnen dar, die an der Macht leiden. Sie auszuüben macht ihnen keinen Spaß, was sie jedoch nicht daran hindert, sie trotzdem behalten zu wollen. Schließlich geht es doch um Quotenlogik. In diesen Filmen wird das Persönliche mit dem Politischen verschmolzen, so, wie wir es heute von Frauenmagazinen und ursprünglich aus der Rhetorik der 68er kennen, die inzwischen in alle Poren der Gesellschaft eingesickert ist. Und dann werden die gängigen Klischees gezeigt. Denn selbst die mit Machtfülle Ausgestatteten leiden an der Macht, die sie unbedingt haben wollen. Folglich kommt das Persönliche zu kurz. Und im Handumdrehen sind selbst die mächtigen Frauen wieder feinsinnige Opfer.

Die Lehre dieser Filme – vermutlich ungewollt – ist, dass Frauen für die Macht nicht sonderlich tauglich sind, weil sie dabei nicht glücklich werden. Sie müssten, genau wie die Männer und alle anderen, die in diese Sphären vorgestoßen sind, einen hohen Preis für die Macht zahlen. In den Filmen geht es darum, dass Frauen den Preis nicht zahlen wollen, der mit solchen Positionen jenseits der vermeintlichen gläsernen Decke nun einmal verbunden ist.

Irgendwie muss diese weibliche innere Zerrissenheit erklärt werden, die auch Männer in diesen oder ähnlichen Positionen kennen und die ihnen zumeist wie ein natürlicher Widerspruch entgegentritt. Und hier kommt die Allzweckwaffe von der männlichen Gewalt als Fundament aller Beziehungen zwischen Männern und Frauen ins Spiel. In einem Film kann man das nicht so platt sagen, denn sonst blieben die Zuschauer weg. Und hier kommt das für die Quotenpolitik typische Element der Realitätsverleugnung ins Spiel. Gerade in Maria Stuart wird das sehr deutlich. Die wahrhaft Mächtigen sind immer noch die Männer, obwohl Elizabeth und Mary die Königinnen sind. Um diesen Widerspruch glaubhaft zu machen, bedient sich die Regie eines Mechanismus, der keineswegs unbekannt ist. Die Mächtigen werden als starre Fratzen oder bewegte Masken dargestellt. Das Emotionale und das sexuelle Begehren verkörpern die Frauen. Die Männer sind allerdings nur Lieferanten von Sperma für die dynastische Folge. Sie sind Hampelmänner, an deren runter hängendem Strick die Königinnen oder die Entourage gelegentlich erfolgreich ziehen. Letztlich predigen die Filme ohne viele Worte, dass Frauen für diese Welt nicht gemacht sind. Diese Welt muss sich erst ändern, damit Frauen sich in ihr heimisch fühlen können. Sonst ist der Preis, den sie für ausstehendes Glück zu zahlen haben, einfach zu groß.

Mary Stuart wird am Ende von ihrem Kopf befreit in einer der Modebranche zu Ehre gereichenden narzisstisch gefälligen Hingabe an sattestes Rot. Soll das die schöne Seite der alltäglichen Predigten von der weiblichen Opferverliebtheit sein? Opferverliebtheit als einigendes Band, das Frauen zusammenführt? Quotenpolitik schwärmt bis zum heutigen Tage vom Vorbildcharakter hochgestellter Frauen, wobei die Bewährung durch Leistung tunlichst verleugnet wird. Diese Filme gehen noch einen Schritt weiter. Sie zeigen, dass Frauen, sei es durch königliches Geblüt, Quote oder gar durch eigene Leistungen oben angekommen, mit dem Erreichten immer noch nicht zufriedenzustellen sind. Bleibt nur zu klären: Was will Frau?