Tichys Einblick
Taktieren statt regieren

Jamaika: Spiele für das Volk

Wenn es in der Politik nur noch um Posten geht, dann bleibt der Bürger auf der Strecke. Ok, der eine oder andere Abgeordnete ist auch auf der Strecke geblieben, aber hat es was genutzt? Fragt Markus Mittwoch von KonradsErben.

© John MacDougall/AFP/Getty Images

Man könnte anführen, dass zumindest die SPD aus dem Wahlergebnis Konsequenzen gezogen hat, während die CDU und gerade Frau Dr. Merkel nichts begriffen haben. Wenn überhaupt sieht man die Stimmenverluste bei der CDU als kleinen Kollateralschaden, kein Grund, um in Panik zu verfallen.

Warum auch ? Frau Merkel kann ja weiter regieren, oder sollte ich sagen weiter machen wie bisher. Denn, sind wir mal ehrlich, 12 Jahre Angela Merkel hat ja nicht wirklich was mit regieren zu tun gehabt. Es war wohl eher ein Stolpern von einer schlechten Entscheidung in die Nächste. Mit viel gutem Willen kann man eventuell noch ein „Sie war stets bemüht“ in ihr Zeugnis schreiben.

Nun aber muss es ja weiter gehen für die Merkelpartei.

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Und jetzt wird es tricky … Wie erkläre ich dem Bürger, dass man jetzt eine Koalition eingeht, die dieser so nie gewählt hat? Und was für taktische Manöver vollzieht die Union erst, damit diese Partnerschaft überhaupt zu Stande kommt? Martin Schulz, Sie erinnern sich, dass war der Messias der SPD, der prophezeite „Die Kanzlerin wird alle Zugeständnisse machen, die ihre Koalitionäre verlangen, Hauptsache sie regiert weiter“.

Und genauso wird es kommen, denn das Wohl des Landes hatte Frau Merkel bei ihren Entscheidungen noch nie groß im Auge (Bankenrettung, EURO-Rettung, Energiewende, Asylpolitik sprechen da wohl für sich). Dumme Entscheidungen werden einfach als „alternativlos“ hingestellt, und selbst nach offensichtlichen Fehlentwicklungen wird daran festgehalten.

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Aber nichts desto trotz muss dem gemeinen Bürger ja noch klar gemacht werden, warum Jamaika jetzt alternativlos ist, und wie ginge das besser, als mit einer wohl durchdachten Theaterinszenierung. Offiziell nennt man das Sondierungsgespräche. Um wenigstens den Anschein zu geben, dass Frau Merkel und ihre Gefolgschaft besonnen die nächste Koalition zusammenführen, werden für den Bürger regelrechte Sitzungsinszenierungen veranstaltet, Sondierung über Sondierung. Das ganze Theater hat schon etwas von „Spiele für‘s Volk“. Es wird geredet und gerungen was das Zeug her gibt.

Jeden zweiten Abend werden uns dann die leicht verschwitzten Gladiatoren mit denselben hohlen Phrasen vorgeführt. „Es war eine gute Atmosphäre, aber wir haben noch viel Arbeit vor uns“. Wirkliche Gewinner gibt es bei diesen neuen „Spielen für das Volk“ wohl nicht, aber mit Sicherheit einen großen Verlierer. Denn sind wir mal ehrlich, am Ende kommt Jamaika, und das hat weder der Grünen-Wähler, noch der FDP-Wähler und mit Sicherheit auch kein Union-Wähler gewollt. So kann doch nur der Bürger, der große Verlierer sein.

Die Frage ist nur, wie reagieren die Wähler der einzelnen beteiligten Parteien, lassen diese sich von den Inszenierungen beeindrucken? Ich denke, es wird zumindest sehr schwierig, dem Volk eine Wundereinigung zu präsentieren, und noch schwieriger wird es zu erklären, dass jeder das bekommt was er gewählt hat.

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In Bayern will man anscheinend nicht mal mehr auf das Ergebnis der Sondierungen warten, auch will man sich die zweifelsohne dazu perfekt ausformulierte Erklärung sparen. Es verlangt die CSU nach einem Kopf, und das kann nur der Vorsitzende sein. Seehofer ist schon soweit angeschlagen, dass es ein Wunder wäre, wenn dieser die Koalitionsverhandlungen überhaupt bis zum Ende mitmacht. Und die CDU? Diese wird weiter an Zuspruch verlieren (die letzte Landtagswahl, war nur ein Vorgeschmack dessen, was da noch kommt).

Die FDP sollte bei dieser ganze Show aufpassen, dass sie ihr gerade wieder erlangtes Vertrauen nicht gleich wieder verspielt. Mitregieren um jeden Preis, ist schon einmal für die Liberalen derbe nach hinten los gegangen. Wenn die FDP ihre klare Haltung in der „Flüchtlingspolitik” für ein paar Regierungsposten aufgibt, wird auch die beste Theaterinszenierung nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich mal wieder verkauft hat.

Meines Erachtens sind die Grünen die Einzigen, die aus diesem Schmierentheater schadlos heraus kommen werden. Solange die Generation der 68er noch zur Wahlurne schlüren kann, solange werden die Grünen wenigstens ihr Stammklientel behalten. Sind wir mal realistisch 5-8 % sind doch ausreichend, um ein paar Ideologen in Lohn und Brot zuhalten.

Nein so aufwendig dieser Theater-Marathon ist, kann er trotz aller Bemühung nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir eine Kanzlerin und hinter ihr eine Union haben, die einfach nur die Angst vor Neuwahlen plagt.

Markus Mittwoch von KonradsErben.