Tichys Einblick
Replik auf Artikel in NY Times

Hände weg von den Kerzen!

Daniel Mosseri widerspricht einer Kritik in der NYT: Chanukka ist genau das Gegenteil eines fundamentalistischen Feiertages: es ist die Feier der Freiheit, man selbst zu sein, im Rahmen der Achtung vor dem Gesetz und vor anderen.

Kena Betancur/AFP/Getty Images

Am 1. Dezember veröffentlichte die New York Times unter der Überschrift „The Hypocrisy of Hanukkah“ einen Kommentar über das jüdische Lichterfest. Der Autor des Beitrages schreibt acht Tage in Folge über Süßigkeiten, Kerzen und Geschenke für Kinder und erklärt: „Hanukkah ist ein großartiger Feiertag für die meisten wie mich assimilierten Juden“.

Das ist die erste der Heucheleien. Und doch ist erstmal nichts falsch daran. Laut einem sehr wichtigen Juden, dem Lubawitschen Rebbe, der ein eingebürgerter New Yorker war, habe das Anzünden einer Kerze sogar die Macht, einen rückfälligen Sünder wieder Gott näher zu bringen und der gesamten Welt Erlösung zu bringen.

Aber die Frage ist nicht eschatologisch. Der Autor des Kommentars in der NY Times, Michael David Lukas, hat sich Chanukka grundsätzlich vorgenommen: „Es ist eine acht Nächte dauernde Feier des religiösen Fundamentalismus und der Gewalt“, schreibt er. Das Fest erinnert an die Revolte, mit der der jüdische Priester Mattatias der hasmonäischen Dynastie 165 v. Chr. eine Volksrevolte gegen den Seleukidenkönig Antiochus Epiphanes führte.

Der hellenistische Herrscher hatte das Studium der Tora und die männliche Beschneidung verboten und auch den Tempel von Jerusalem für die Verehrung des Jupiters geweiht. Nach etwa vier Jahren Guerilla-Krieg wird Judas Maccabeus, Sohn von Mattatias, den Ort der Anbetung wiedererobern und ihn neu einweihen (Chanukka). Schließlich werden die Seleukiden den jüdischen Untertanen wieder die Freiheit der Anbetung gewähren. Eine Geschichte, die laut NY Times Artikel eine gruselige ist: „Die Makkabäer siegten am Ende und setzten ihre Version des Judentums den ehemals hellenisierten Juden auf“.

Hier sieht der Autor die zweite Heuchelei: „Unsere assimilationistische Antwort auf Weihnachten ist tatsächlich ein Feiertag über die Unterwerfung assimilierter Juden“. Es ist traurig zu sehen, wie der Autor ein sehr beliebtes jüdisches Fest kurz und klein schlägt. Vielleicht sind seine Gründe politisch und sieht er den Sieg der Makkabäer als Vorläufer der zionistischen Nationalbewegung, mit den erschwerenden Umständen der religiösen Komponente – zwei Dinge, die die amerikanischen Liberalen entsetzen, egal ob sie nun jüdisch oder nichtjüdisch sind. Und vielleicht wäre es besser gewesen, den Versuch der US-Diplomatie zu unterstützen, von der UNO eine Verurteilung der gegenwärtigen Gewalt der Hamas zu erhalten, anstatt zu versuchen, die historische und kulturelle Vergangenheit des Volkes Israel in düsteren Farben zu malen.

„Warum sollte ich Kerzen anzünden und Lieder singen, um eine Gruppe von gewalttätigen Fundamentalisten zu feiern?“, fragt sich Michael David Lukas. Eine Übung des Selbsthasses, typisch für die westliche Linke jedes Glaubens, die sicherlich nicht dazu bestimmt ist, zum Frieden in der Welt beizutragen. Gut, dass es eine Entgegnung auf den Artikel in der NY Times gibt. Mit Geistesschärfe und Kompetenz antwortet Rabbi Shmuley Boteach in der Jerusalem Post. Er erinnerte daran, dass Juden und Hellenisten Seite an Seite 60 Jahre lang gelebt hatten, bevor Antiochus die Politik der Toleranz seiner Vorgänger verriet.

Bei allem Respekt, Chanukka ist genau das Gegenteil eines fundamentalistischen Feiertages: es ist die Feier der Freiheit, man selbst zu sein, im Rahmen der Achtung vor dem Gesetz und vor anderen.


Daniel Mosseri ist italienischer Journalist in Berlin.