Tichys Einblick
Auch das Zehren der Substanz bald vorbei

Der Staat und seine Institutionen zerfallen

Was für Insider in der deutschen Verwaltung seit vielen Jahren zu sehen ist, bemerken nun auch die Bürger. Der Staat und seine Institutionen zerfallen. Seit langem zerfallen sie von innen heraus. Nun gibt ihnen der äußere Einfluss den Rest. Von Friedrich Pürner

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Die Tätigkeit von Amtsträgern reicht weit in die Antike zurück. Beamte und eine gut funktionierende und organisierte Verwaltung waren für die Entstehung und Weiterentwicklung großer Staaten notwendig. Deutschland war für seine Verwaltung lange Vorbild im Ausland. Dies scheint nun vorbei zu sein.

Was für Insider in der deutschen Verwaltung seit vielen Jahren zu sehen ist, bemerken nun auch die Bürger. Der Staat und seine Institutionen zerfallen. Seit langem zerfallen sie von innen heraus. Nun gibt ihnen der äußere Einfluss den Rest. Es ist wie mit Rost auf Metall. Langsam, aber sicher frisst sich Rost durch die Substanz und lockert sie. Provisorisch wird geschweißt, geklebt und gespachtelt. Am Ende reicht ein kleiner Stoß von außen – das Bauteil zerbricht.

Es ist mühselig, auf einzelne Parteien und Politiker zu blicken oder zu zeigen. Letztendlich versuchten sich über viele Jahre hinweg einige Parteien und noch mehr Politiker. Alleine oder in Bündnissen. Das Ergebnis blieb gleich. Wer in der Politik das Sagen hatte, gab den Ton an und die Spur vor, wie Ministerien besetzt wurden sowie welche Vorgaben aus diesen Häusern kamen. Diese Vorgaben nahmen dann, der Hierarchie folgend, die ersten Beamten unter den Ministern entgegen und verteilten sie. Diese Richtlinien prägten den kompletten Staatsapparat samt seinen Institutionen. Wer die Frage stellt, wie es soweit kommen konnte, muss zunächst bei der Politik und den nächstfolgenden Beamten in dieser Hierarchie zu suchen beginnen.

„Nazi“ und „Rechts“ hat den Widerspruch erstickt

So war es politischer Wille, dass Deutschland eine Migrationswelle erfuhr, die ihresgleichen sucht. Eine „Willkommenskultur“ wurde ausgerufen und jeder, der nur etwas kritisch darauf blickte, wurde mit dem Malus eines Nazis versehen. Jede Diskussion konnte im Keim erstickt werden, wenn der Kritiker als ausländerfeindlich bezeichnet wurde. Die meisten Kritiker ließ dies verstummen und die angeblich gute Sache hatte gewonnen. Diese brutale Verengung des Meinungskorridors wurde in sämtliche Ämter getragen. Von der Spitze aus an die Basis durchgereicht gereicht. Dies erstickte qualifizierten Widerspruch. Als Folge war eine Resignation in den Beamtenstuben sowie in den Institutionen zu beobachten. Man gab sich auf. Kaum ein Beamter hat Interesse, durch die eigene Meinungskundgabe und Hinweise auf Missstände mit beruflichen Nachteilen belegt zu werden.

Ohne dieses Korrektiv von der Basis konnten Narrative die Bevölkerung erreichen, sich etablieren und bis heute aufrechterhalten werden. „Mit der Flüchtlingswelle kommen viele Akademiker zu uns nach Deutschland.“ „Dem Fachkräftemangel wird durch die Flüchtlinge entscheidend entgegengewirkt werden.“ „Viele Migranten sind Pflegekräfte, die wir in Deutschland dringend brauchen.“ So oder so ähnlich wurde es kolportiert. Der Wahrheit entsprach dies nicht, denn die Wirklichkeit sah völlig anders aus. Wer damals tatsächlich an den Grenzen stand und die Einreisenden in Empfang nahm, der fragte sich, inwiefern man diese Aussagen treffen konnte. Die meisten hatten keine gültigen Papiere. Gab es Dokumente, waren diese für eine personelle Feststellung oder berufliche Anerkennung wenig brauchbar bzw. aussagekräftig. Das Bild prägten viele junge Männer, wenig Familien, noch weniger Alte und sehr wenig Frauen. Mit Blick auf die Reiserouten, die Beschwerlichkeiten und die Gefahren einer Flucht ist das nachvollziehbar. Aber auch hier galt: keine Kritik! Wer im Ansatz versuchte, darauf hinzuweisen, dass Tür und Tor auch für weniger friedliche und wohlgesonnen Menschen geöffnet wurde, der sah sich mit dem Begriff „Rechtsaußen“ belegt. Diskussion beendet. Wer wollte sich ernsthaft mit jemanden auseinandersetzen, der angab, seine Familie sei vor ein paar Tagen im Meer ertrunken?

„Wir schaffen das!“ war eine derbe Fehleinschätzung

Der Staat und seine Bediensteten waren mit der Ankunft, der Erfassung, Weiterleitung, Aufnahme und Integration der Ausländer heillos überfordert. Zugeben wollte man dies jedoch nicht. Es würde schon gut gehen – das war die einhellige Meinung der Politiker und der Vorgesetzten in den Amtsstuben. Der Ausruf der Bundeskanzlerin „Wir schaffen das!“ war Programm. Und ja, manche Zuwanderer haben sich hervorragend integriert. Sie sind fleißig, haben die deutsche Sprache erlernt, sind im Sozial- und Gemeinwesen eingebunden; kurzum, hier ist die Integration gelungen.

Doch bei vielen ist das nicht passiert. Hierfür trägt auch der Staat die Verantwortung. Eine erfolgreiche Integration ist keine Einbahnstraße. Natürlich muss der Staat kein Rundum-sorglos-Paket anbieten. Der Integrationswille muss vorhanden sein. Der Staat kann unterstützen und gezielt fördern. Aber vor allem muss er die Fortschritte kontrollieren. Denn für eine gelungene gesellschaftliche Integration ist auch das Vertrauen der Bevölkerung essenziell. Unsicherheiten, Ängste und Vorurteile sind vorhanden. Die Bevölkerung muss darauf vertrauen können, dass der Staat konsequent handelt, wenn ein Ausländer sich hier nicht an die Regeln hält und dies beispielsweise mit Straftaten unter Beweis stellt. Doch dieses Vertrauen haben die wenigsten Bürger. Regelungen, Schlupflöcher, überbordende Bürokratie, Personalmangel an allen Ecken und Enden machen eine konsequente staatliche Reaktion unmöglich. Und dies ist in vielen Herkunftsländern bekannt. Anstatt integrationswillige Ausländer besser zu fördern, werden Ressourcen im Duldungsmanagement verbraucht.

Die innere Haltung spiegelt das Tun

Auch die innere Haltung der führenden Politiker, die die Vorgaben für die jeweiligen Ministerien festlegen, lässt konsequentes Handeln nicht zu. Die Angst vor schlechter Presse oder vor einem „Skandal“, der die Wiederwahl gefährden könnte, ist groß. Sodass man sich eher für die Untätigkeit und „weitermachen“ entscheidet. An grundlegende Reformen traut sich niemand. Daher wird nachgebessert.

Um in vielen Bereichen handlungsfähig zu werden, braucht es mehr qualifiziertes Personal. Zwar haben die Stellen der Beamten zugenommen, nur leider nicht an der Basis, sondern in den Ministerien. An der Basis wird die Arbeit gemacht. Dort fehlen Fachkräfte. Wohlgemerkt Fachkräfte. Keine Hilfskräfte aus der Pandemie. Denn gerade an der Basis muss Verwaltung gelernt sein. Die Ausländerbehörden klagen seit Jahren über die hohe Belastung. Die Mitarbeiterfluktuation ist hier besonders hoch und viele Stellen werden aus unterschiedlichen Gründen nicht nachbesetzt.
Zur Bewältigung der Migrationskrise fehlt es an Mut, an Kraft und an Entschlossenheit. Kaum sind Politiker in Regierungsverantwortung, schon scheint die Realität ausgeblendet zu werden. Woke sein, Genderwahn, Multikulti, Inklusion, allerlei Beauftragte für dieses und jenes und vieles mehr sind Synonyme für eine entgleiste Politik. Inklusion ist eine schöne Idee. Doch sie hat Grenzen. Wer diese Grenzen anspricht, dem wird unterstellt, er möge Menschen mit Behinderung nicht. Mulitkulti bereichert das Leben. Doch wo viele Kulturen aufeinander treffen, da entstehen Konflikte. Wer kann diese Konflikte managen? Dieses Problem zu benennen, wird mit einer ausländerfeindlichen Gesinnung quittiert.

Öffentliche Gebäude ohne deutsche Flagge

Einige führende Politiker haben weder abgeschlossene Ausbildungen noch Berufserfahrung. Im normalen Leben ist ohne Ausbildung oder ohne Abschluss vieles nicht möglich. In der Politik scheint nahezu alles möglich zu sein. Die höchsten Ämter locken. Dieses Phänomen rächt sich nun. Menschen mit wenig Sachverstand und Lebenserfahrung treffen für uns weitreichende Entscheidungen. Wer hieran Kritik übt, wird als Störer der Demokratie wahrgenommen und als solcher bezeichnet. Es scheint, als hätten einige Politiker ein Problem, sich mit Deutschland zu identifizieren. An öffentlichen Gebäuden sieht man immer seltener die Flagge der Bundesrepublik Deutschland. Weshalb? Schämt man sich dafür? Stattdessen ist nun vermehrt die Regenbogenflagge zu sehen. Weshalb?

Möchte man sich solidarisch mit einem anderen Land zeigen, hisst man deren Nationalflagge oder bestückt sein Profil in den sozialen Netzwerken damit. Das mag eine nette Geste sein. Aber sonst?

Der aktuellen Bundesregierung fehlt das Format

Die Trägheit, die Unbeholfenheit sowie das Unwissen der politischen Akteure waren in der Pandemie und kurz danach im Ukraine-Konflikt erkennbar. In der Pandemie wurde die deutsche Gesellschaft zerrissen, gespalten sowie mürbe gemacht und die Wirtschaft an die Wand gefahren. Milliarden an Steuergelder wurden sinnlos verprasst. Kritiker wurden mundtot gemacht. Eine notwendige Aufarbeitung vollständig verwehrt.

Der Ukraine-Konflikt mit Russland wurde und wird mit irrwitzigen Summen am Laufen gehalten. Statt Diplomatie gibt es Geld und Material. Wer dies und den Tod der vielen Soldaten auf beiden Seiten und Zivilisten kritisiert, der macht sich direkt mit Putin gemein – so dann der Vorwurf. Was für ein Irrsinn.

Nun aber dürfte Deutschland pleite sein. Nach der Pandemie, den Zahlungen an die Ukraine sowie nun an Israel und an die Palästinenser gibt es nichts mehr zu verteilen. Schwach und ausgezehrt bleibt Deutschland zurück. Die Bevölkerung ist müde. Die Sicherheitslage ist in einigen Städten angespannt oder bereits am eskalieren. Die aktuelle Bundesregierung hat weder das Format noch die Fachlichkeit, sich dem Ganzen zu widersetzen. Der einst vollgedeckte Tisch ist leer. Von innen her hat der Rost die Ämter und Institutionen zersetzt. Nun reicht ein Stoß – und der deutsche Staat könnte zerfallen.


Dr. med. Friedrich Pürner, MPH
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen, Epidemiologe

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