Tichys Einblick
Palmers Heuchelei kommt ans Licht

Über einen Brandbrief, der alle kalt lässt

Brandbrief an Lauterbach wegen schwerer bis sehr schwerer Nebenwirkungen der COVID-"Impfung" im Dezember 2021. Doch dem scheint der Inhalt egal zu sein. Den Brandbriefverfassern allerdings auch. Von Friedrich Pürner

IMAGO /photothek, Eibner - Collage: TE

Die Berichte über Lauterbachs Umgang mit Impfnebenwirkungen mehren sich. Der Öffentlichkeit hinlänglich bekannt ist, dass Karl Lauterbach mehrmals in der Vergangenheit Impfnebenwirkungen verneinte – also nicht die Wahrheit sagte. So wird es auch nicht weiter überraschen, wenn nun die Berliner Zeitung über angebliche Unwahrheiten im Lebenslauf von Lauterbach berichtet. Erneut gibt es hier zumindest widersprüchliches.

Interessant ist dieses Mal, dass der eigentliche Skandal – über den die Berliner Zeitung berichtet – erst gegen Ende des Artikels auftaucht. Aufgrund der Länge des Artikels wird eventuell nicht jeder Leser zu diesen interessanten Zeilen vordringen.

Die Berliner Zeitung berichtet, dass der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer und eine durch ihren Impfeinsatz bekannt gewordene Ärztin und Pandemiebeauftragte (Lisa Federle) dem damals frisch gebackenen Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen Brandbrief schrieben: dies bereits am 10. Dezember 2021. Der Oberbürgermeister und die Ärztin hatten ein „Anliegen von großer Dringlichkeit“ und informierten Karl Lauterbach über ihre Sorgen. So weisen sie auf eine auffällige Übersterblichkeit jüngerer Jahrgänge und ihren beobachteten schweren bis sehr schweren Impfnebenwirkungen der COVID-Impfung hin. Hierüber drang nichts an die Öffentlichkeit. Ungewöhnlich angesichts der Vielzahl an Brandbriefen, die Boris Palmer in den letzten Jahren verfasste und damit hausieren ging.

Screenprint: Berliner Zeitung

Brandbrief? Egal! Hauptsache Politik

Wäre der Inhalt des Brandbriefes an die Öffentlichkeit geraten, wäre der Imageschaden der damals laufenden Impfkampagne immens gewesen. Auch Lauterbach schien sich gegenüber den beiden sehr bedeckt zu halten. Nach mehrmaligen Nachfragen Federles antwortete Lauterbach wohl. Es passierte jedoch nichts und so ließ er die Besorgnis der beiden ins Leere laufen.

Was aber hätte ein guter und besorgter Gesundheitsminister nun tun müssen? Die Antwort ist einfach. Er hätte diese Beobachtung ernst nehmen und sich der Sache annehmen müssen. Doch anstatt dies zu tun, ließ Lauterbach keine Gelegenheit für eine Bewerbung der Impfung aus. Mit schrecklichen Prognosen überzog er das Land, übte massiv Druck auf die Ungeimpften aus und plädierte dann frech für eine Impfpflicht. Es liegt klar auf der Hand, weshalb Lauterbach kein Interesse an einer Weiterverfolgung dieser Angelegenheit hatte.

Doch in diesem Szenario ist nicht nur Lauterbachs Reaktion zu monieren. Auch das widersprüchliche Verhalten des Oberbürgermeisters und der Ärztin muss hinterfragt werden. Wenn beide ihre Bedenken dem Gesundheitsminister, so wie es berichtet wird, vortrugen, dann stellt sich die Frage, weshalb die Impfungen in dieser Art und Weise vorangetrieben worden sind, weshalb die beiden nicht die Öffentlichkeit informierten und weshalb die Impfung – bis zu einer Klärung der erheblichen Bedenken – nicht ausgesetzt wurde.

Trotz der Sorge wurde weiter geimpft – und nicht informiert

Ein antiker Wahlspruch für Ärzte lautet sinngemäß, dass den ihnen anvertrauten Individuen zunächst kein Schaden entstehen soll. Wie kann es sein, dass mit diesem Wissen um die sehr schweren Impfnebenwirkungen dennoch weitergeimpft worden ist? Immerhin war die Sorge doch so groß, dass sich die Ärztin mehrfach an Lauterbach direkt wandte.

Aber auch Palmers Verhalten gibt Rätsel auf. Weshalb sorgte er nicht für eine öffentliche Debatte? Hatte er Sorge, dass sein politischer Glanz, das ihm das „Tübinger Modell“ – Testen und Öffnen – eingebracht hatte, durch eine schlechte Nachricht zunichtegemacht wird? Welche Verantwortung hat ein führender Politiker gegenüber der Öffentlichkeit? Ein Oberbürgermeister? Sollte er nicht vorsorglich die ihm anvertraute Bevölkerung warnen? Doch. Genau das wäre seine Aufgabe gewesen. Doch was machte Boris Palmer stattdessen? An eine öffentliche Warnung denkt er nicht. Palmer denkt vielmehr wie ein machtgieriger Politiker.

Neben dem Hinweis auf die auffällige Übersterblichkeit, den fehlenden Daten zu Nebenwirkungen sowie dem geringen Risiko junger Menschen an COVID schwer zu erkranken, ist auch ein persönliches Motiv der beiden Brandbriefautoren im Artikel der Berliner Zeitung zu finden. Beide haben wohl schwere und auch sehr schwere Impfnebenwirkungen im engsten Familienkreis erlebt. Wenn dem wirklich so ist, dann macht vor allem das Verhalten Palmers nach diesem Brief sprachlos.

Palmers Heuchelei kommt ans Licht

Nur ein paar Wochen nach dem Brandbrief an Lauterbach plädiert Palmer für „Beugehaft“ und Rentenkürzungen für Ungeimpfte. Palmer fordert 5.000 Euro Strafe für Ungeimpfte, weil er glaubte, dass mit einer Strafe die Impfquote auf 98 Prozent steigen würde. Was für eine Heuchelei. Was für ein Populismus. Was für ein Schlag ins Gesicht seiner impfgeschädigten engen Familienangehörigen.

Es ist wirklich kaum fassbar, was Politiker in unserem Land anstellen. Es ist kaum vorstellbar, wie gefährlich Politiker für die Bevölkerung geworden sind. Und dennoch sind sie noch im Amt. Lauterbach und Palmer sind ein Beweis dafür.


Dr. med. Friedrich Pürner, MPH
Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen, Epidemiologe