Tichys Einblick
Hessen-Wahl

Volltreffer bei Anne Will: Lindner nennt Habeck Klima-Nationalist

Nun steht es bald an jeder Wand, was anderes als Merkel braucht LalaLand. Oder mit den Worten des Politologen Hans Vorländer bei Anne Will, eine „neue CDU-Spitze ist conditio sine qua non“, wenn die Union Volkspartei bleiben will.

Screenprint: ARD/Anne Will

Natürlich wissen Sie längst, dass die ehemaligen Volksparteien SPD und CDU 20% verloren haben in Hessen. Schon bezeichnend, wie die Verlierer damit umgehen. Als seien sie Vater und Mutter und die Wähler ihre Kinderlein, vermuten die Parteiführer hinter dem wahlauffälligen Verhalten der Kids die Streitereien im Elternhaus Große Koalition. „Weniger Streit“ lautet also den ganzen Abend gebetsmühlenartig die Selbsttherapie des zänkischen Paares (und dem angeschlossenen Bratkartoffelverhältnis CSU). Andrea Nahles hat sich zudem vorgenommen, einen Fahrplan zu entwickeln, früher aufzustehen und regelmäßig zur Sacharbeit zu gehen.

Nach der Hessenwahl hatten sich Olaf Scholz (SPD), Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) – traurig –, Christian Lindner (FDP), Robert Habeck (Grüne) – fröhlich und cremig –, der Politologe Hans Vorländer und Christiane Hoffmann („Spiegel“) – sachlich – bei Will eingefunden, um die Ergebnisse zu bewerten.

Anne Will fragt wie eine Familientherapeutin doch noch einmal nach, ob eine geordnete Trennung von Angela Merkel nicht vielleicht doch eine Lösung sein könne. Außerdem habe Merkel nicht gesagt, ob sie überhaupt noch mal antrete – was ja schon ein erster Schritt wäre.

Verstört antwortete Annegret Kramp-Karrenbauer: „Doch.“

In einem Filmchen bekräftigt die Kanzlerin, dass für sie „Parteivorsitz und Kanzlerschaft untrennbar zusammengehören“ in Bezug auf die Vorstandswahl im Dezember, zu der sich bereits drei Gegenkandidaten nominieren ließen.

„Nein, nein,“ sagte Annegret, alles bleibt bei der Alten, „das ist in allen Gremien so verstanden worden“. „Wenn der Führungswechsel das probate Mittel wäre, dann läge die SPD schon bei 50%“, schob sie als freche Vorwärtsverteidigung hinterher. Politologe Vorländer meinte nur, dass die Hitze im Unions-Kessel bis Dezember so hoch steigen würde, dass, gäbe es keine Änderung in der Führung, es gehen könnte wie beim Kaudersturz vom Fraktionsvorsitz.

Olaf Scholz hat mit dem Satz „Ich bin nicht der Ansicht, dass man sich fünfmal hintereinander in eine Talkshow setzen muss, um immer etwas Neues zu sagen“, eigentlich alles gesagt, was er sagen wollte. (Wer hat ihn nur abkommandiert?)

Der Abend gehörte den jungen Mimen Habeck (19 Komma irgendwas) und Lindner (7 Komma irgendwas), die tiefenentspannt in ihren Sesseln lagen, während Scholz und Kramp-K mit vielen Worten nichts Wesentliches von sich gaben. Christian Lindner aber hatte seinen Degen mitgenommen und sich ein verschärftes Duell vorgenommen. Erst fing er ganz langsam an, aber dann …

„Die SPD und die Grünen tauschen halt ihre Stimmen aus“, erklärte er den Erfolg der Grünen, was natürlich den Grünen jeden Eigenbeitrag quasi absprach.

„Also, das stimmt doch gar nicht …“

„Robert, ist doch alles gut … euren Wohlfühlansatz finde ich ganz gelungen, und es ist doch besser, dass wir hier über die Grünen reden als über die AfD, die noch mehr Stimmen gewonnen hat als ihr.“

Mit dem Verweis auf die AfD hatte er dem Robert zunächst den Wind aus den Rotorblättern genommen, und leider fuhr Lindner dann die grüne Anne Will in die Parade. Bis sich der Robert halbwegs erholt hatte und schnappatmete, wie „unangenehm“ das sei, „wenn man Grüne und AfD in einen Topf wirft“.

Sofort kam Lindners Ausfallschritt: „Vielleicht hast du interessengeleitete Erinnerung?“ Und er bezeichnete die grüne Politik als „cremig“, und damit wohl den Robert als Sahneschnittchen. Robert fand cremig beleidigend, es gehe doch um Vernunft, Klima, Hitzesommer, Diesel. Dann zerlegte Lindner in wenigen Sätzen das bigotte grüne Umweltverhalten, das darin gipfelte, dass die Grünen im Hambacher Forst gegen die Braunkohle kämpfen, ohne zu berücksichtigen, das für jede nicht verbrauchte Tonne in gutgefilterten deutschen Anlagen eben eine Tonne in schlecht gefilterten polnischen Anlagen verfeuert werden dürfe. Um schließlich seinen Treffer zu platzieren.

„Ihr seid Klima-Nationalisten!“

Dem Klima-Nationalisten traten beinahe die Tränen in die Augen, auch wenn der Politologe die Grünen als „modern“ bezeichnete und Christiane Hoffmann vom „Spiegel“ lobte, die Partei der SUV-Fahrer und Windkraftwerke habe „den Generationenwechsel gut hinbekommen“. Aber das half nicht wirklich, Nationalist hatte noch keiner zum Habeck gesagt. Nie.

„Die einzige Partei, die nicht populistisch geworden ist, sind die Grünen“, zitierte er eine grüne Studie. Das mag sogar stimmen, was das populus will, interessiert die grünen Herrschaften nicht. Klima-Nationalist! „Ich will solche Worte ‚raushaben!“

Weil der Christian mit dem Robert auch zusammen regiert (SH), machte er schnell wieder ein Friedensangebot, das die Anne Will-Show wie eine Loriot-Runde aussehen ließ:

Christian: „Ich finde das extrem gut, dass du und ich und Annegret und Olaf uns an die Köppe geraten, weil es gibt schließlich nicht nur eine Alternative …“
Olaf: „…es geht ja auch um Inhalte …“
Robert: „…wir machen doch ein Einwanderungsgesetz …“
Annegret: „…ich möchte auch mal was zur Braunkohle sagen …“

Die Frau im Spiegel bemerkte dann zufrieden, es sei gar nicht um Migration gegangen, und alle stimmten gerne zu, auch wenn es falsch ist. Am Ende wollte Anne Will dennoch, dass Köpfe rollen, beziehungsweise einer, der vom Horst.
„Das wäre mal ein guter Anfang“, hetzte Habeck, weil nämlich der „Herr Maaßen immer noch im Amt ist“.

„Das geht dich doch gar nichts an“, mahnte Christian, aber Annegret guckte so, als ob Horsts Kopf auf einem Tablett kein schlechter Gedanke sei.

„Wenn das so noch drei Jahre weiter geht“, seufzte die Frau im Spiegel, „dann ist die Glaubwürdigkeit der Demokratie schwer beschädigt“. Wir sind sicher, dass Christiane das mit dem „so weitergehen“ anders beschreiben würde als wir, sind aber dennoch mit der Conclusio einverstanden.


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