Tichys Einblick
Reporter fragen – Grüne antworten

Perle(n) des Journalismus

Der Wahlabend ließ kaum Zweifel daran: Auch im Herzen des ÖR-Journos schlägt ein Herz. Robert Habeck könnte trotzdem auf die Stichwortgeber verzichten. „Dann sag ich einfach, was mir einfällt“. Und andere Trouvaillen ...

Screenprint: ZDF

Öffentlich-Rechtliche TV-Journalisten gelten zu Recht als Zierde ihres Berufsstands – ausgewogen und unbestechlich knacken sie in Interviews auch die härteste Nuss, sie haken nach, so lange es die Sendezeit erlaubt, und nie verlieren sie ihre, die Vierte Gewalt schmückende, Strenge aus dem Blick.

Eigene Präferenzen, ja romantische Gefühle, haben vielleicht beim Hintergrundgespräch ihre Berechtigung, aber auf dem Bildschirm, das wissen diese Heroen der öffentlich-rechtlichen Meinung, da haben Gefühle nichts verloren (außer sie werden zur Wahrheitsfindung inszeniert). Sicher ploppen bei Ihnen, verehrte Leser, sofort die Bilder von Claus Kleber, Markus Lanz oder Dunja Hayali auf, aber heute gilt es, Bettina Schausten zu loben.

Der stellvertretenden Chefredakteurin des ZDF wurde am Wahlabend der Bundes- Vorsitzende der Grünen Robert Habeck zugeschaltet, und Bettina Schausten schonte ihn nicht. „Ihre Themen standen hoch“, hob die Journalistin sanft an und zählte auf „Klima, Umwelt, äh“, nannte die Grünen im Osten forsch „Wackelkandidaten“, und endete mit der knallharten Frage: „Hatten Sie selbst mehr erwartet?“

Was hätten wir gegeben, auf diese bohrende, schon ins persönliche vorstoßende Erkundung Habecks Antwort zu hören! Stattdessen vernahmen wir: „Hallo, Frau Schausten, ich weiß nicht, ob sie mich hören. Ich höre gar nichts.“ Zunächst dachten wir an den alten Tunneltrick („Schat.. kann dich…hö… Bin … Tunn. Knacks“), aber dann erinnerten wir uns an den steigenden Finanzbedarf des ZDF, anscheinend schmoren tatsächlich schon die letzten Kabel.

Außerdem machte Robert Habeck schnell klar, dass er die Frage tatsächlich nicht gehört hatte, denn unmissverständlich bot er an: „Ich kann trotzdem antworten ohne die Frage gehört zu haben“, und schob ein bescheidenes „Wahrscheinlich“ nach. Und er sprach: „Dann sage ich einfach, was mir einfällt.“ Und in der Tat, Herr Habeck hat ja Recht. Seine Botschaften kann er auch ohne öffentlich-rechtliche Stichwortgeber an die Zuschauer bringen. Aber das sagt man doch nicht. „Oh, nein“, machte Bettina Schausten denn auch sofort klar: „Ohne Frage wird bei uns nicht geantwortet!“ Das gilt sogar für die Grünen.

Apropos. Tolle Idee vom ZDF: Bei der Wahl-Live-Sendung durfte Schülerin Hanna ein Pappschild in die Kamera halten: Rassisten sind keine Alternative!

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Von Bettina Schausten könnte Sascha Triefenbach, den Wolfgang Schäfer und wir bei Phoenix sahen, einiges lernen. Der enthusiasmierte Herr Triefenbach war bei den Grünen im Einsatz, „für die das ein richtig guter Abend“ werden könnte, denn „Umfragen sehen sie bei 11% (in Sachsen) bis 14% (in Brandenburg)“. Und Sascha freute sich schon drauf. Dann kamen die dummen Wähler und es wurden doch deutlich weniger grüne Stimmen.

Das hielt Sascha nicht davon ab, Robert Habeck „herzlich zu gratulieren zum historisch besten Ergebnis“. Und dann ließ er sich zustimmend nickend von Habeck erklären, wie das mit der Zukunft wird, Kreditaufnahme, hier ne Milliarde, da ne Milliarde. Ja, so hat das der Sascha Triefenbach noch gar nicht gesehen. Danke, Robert.

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In der ARD durfte endlich mal wieder Katrin Göring-Eckardt auf die TV-Bühne, von der sie während des Wahlkampfs aus Wählerschutzgründen wohl weitestgehend ausgeschlossen war. Also jetzt wieder: Klimaschutz, Klimakrise, Zusammenhalt der Gesellschaft, Gerechtigkeit und Weltoffenheit. Im Hintergrund wurde lautstark „Die Partei, die Partei, die hat immer recht lalala“ gesungen – vielleicht haben die Grünen ja mit der SED-Nachfolge-Organisation zusammen gefeiert? Es war dann aber doch nur eine partycrashende Gesangseinlage der Kollegen der „Satire“-„Die Partei“. Jedenfalls gilt auch für KGE und die Grünen: Wir sind bereit. Immer bereit. „Verantwortung zu übernehmen“.

https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-589061.html

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Weil es so schön ist, und auch der Parteienproporz gewährleistet sein soll: Der Realitätsverlust von Ralf Stegner auf Phoenix. Ralf findet nach den desaströsen Ergebnissen für die SPD „es hat sich wirklich gelohnt zu kämpfen.“ Er sieht sogar einen Erfolg der SPD.


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