Tichys Einblick
Wider sämtliche Kontrollregeln

Prinzip Family und Friends: Der RBB kommt nicht aus dem Schlamassel

Beim Personalumbau kommt die Führungsspitze des Senders erneut ins Straucheln: Die neue Verwaltungsdirektorin ist Ehefrau einer anderen Chefin.

IMAGO / Jürgen Ritter

Mit einem hektischen Umbau seiner Führungsspitze versucht der skandalgeschüttelte RBB, seine Reihen nach dem Abgang seiner früheren Intendantin Patricia Schlesinger wieder zu ordnen. Gegen Schlesinger, deren Ehemann Gerhard Spörl und den früheren RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Berlin wegen mehrerer Delikte, unter anderem wegen des Verdachts der Vorteilsnahme und der Untreue. Für Schlesinger rückte der bisherige Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter provisorisch an die Spitze der ARD-Anstalt. Auf seinen Posten folgte am 10. August die bisherige Personalchefin Sylvie Deléglise.

Bei der Belegschaftsversammlung am Donnerstag erfuhren die RBB-Mitarbeiter und damit die Öffentlichkeit, was vorher offenbar nur ein kleiner Kreis im Sender wusste: Deléglise ist Ehefrau der unverändert amtierenden Juristischen Direktorin Susann Lange. Beide weisen zwar darauf hin, dass sie zurzeit getrennt leben würden. Formal spielt das allerdings keine Rolle: Zwei miteinander verheiratete Führungskräfte in dem obersten Gremium – das widerspricht sämtlichen Kontrollregeln, beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ebenso wie etwa in einer privaten Aktiengesellschaft. Schon in der Vergangenheit, als Personalchefin und juristische Chefin ein Paar bildeten, bewegten sich beide mindestens in einer Grauzone.  Getraut wurde das Paar von der Rundfunksratsvorsitzenden Friederike von Kirchbach, die für die Evangelische Kirche im Kontrollgremium sitzt. Diese faselte davon, dass im Rundfunkrat eine   „gründliche, selbstkritische Diskussion“ gegeben hat, „die auch die Frage hatte, wie wir in Zukunft besser unsere Aufsichtsfunktion wahrnehmen können.“  Das ist an der Grenze zur Satire – aber für den RBB und die gesamte ARD ist wohl üblich, so muss man daraus schließen, dass Kontrollgremium und Kontrollierte eng verbunden sind.

Öffentlich-rechtliche Grünen-Freundin
Mit Hassel als RBB-Intendantin wären die Grünen die Gewinner des Schlesinger-Skandals
Das Prinzip Family und Friends zieht sich durch die gesamte Anstalt. Schlesinger stürzte auch darüber, dass der frühere RBB-Verwaltungsratschef Wolf – ehemals gleichzeitig Aufsichtsratschef der Messe Berlin – dem Ehemann der Intendantin Gerhard Spörl lukrative Beratungsaufträge zuschanzte. Wolf, der eigentlich das Treiben der Intendantin hätte beaufsichtigen sollen, pflegte nicht nur einen geschäftlichen Kontakt, sondern auch einen freundschaftlichen Umgang mit dem Ehepaar Schlesinger/Spörl. Der Bauunternehmer Wolf setzte an der Spitze des Verwaltungsrats auch die Erhöhung der Bezüge für Schlesinger von 261.000 auf 303.000 Euro jährlich durch – in einer Phase, in der Schlesinger öffentlich immer wieder darüber sprach, dass der Sender Geld sparen müsse.

Neben den alten und bestehenden familiär-freundschaftlichen Verhältnissen an der Senderspitze leistet sich die ARD-Anstalt auch eine journalistisch-politische Verbindung, die sich nur schlecht mit der Ausgewogenheitspflicht eines öffentlich-rechtlichen Senders in Verbindung bringen lässt. Beim RBB verantwortet Oliver Jarasch den Bereich „Aktuelle Magazine“, in den auch die Nachrichtensendungen Mittagsmagazin und Abendschau fallen. Beide Sendungen berichten zwangsläufig über die Berliner Politik, in der wiederum die stellvertretende Regierungschefin und Umweltsenatorin Bettina Jarasch zu den zentralen Figuren gehört – die Ehefrau des leitenden RBB-Mitarbeiters.

Unter diesen Bedingungen bekommt es einen besonderen Geschmack, dass die bisherige Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios Tina von Hassel derzeit als aussichtsreiche Kandidatin für den RBB-Intendantenposten gehandelt wird. Die Journalistin zeigte sich in Tweets als so begeisterte Anhängerin der Grünen, dass sie sogar den Spott von Kollegen auf sich zog. Innerhalb der ARD gilt von Hassel als inoffizielle Sprecherin der Partei.

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