Tichys Einblick
Trump verändert die Welt – Stresstest für Europa?

Maybrit Illner: Wahlkampf in der Schlangengrube

Erst gegen Ende der Veranstaltung, die Ohren waren schon halb betäubt vom kakophonischen Irrsinn, kam der Wahlkampf-Hammer – heimtückisch eingeträufelt. Denn natürlich geht es nur um Propaganda im neuen Schwarzen Kanal, dem ZDF.

„Müssen wir nicht viel mehr in die Köpfe investieren als ins Material, Frau von der Leyen?“, so oder ähnlich bereitete die eine Stichwortgeberin der anderen den Weg. „Müssen wir nicht genauer schauen, wer uns da verteidigen soll?“ Und dabei fiel dann der Name Oberleutnant Franco A. Das kam so völlig aus der hohlen Hand – vorher ging es darum, dass China wohl der neue tolle Umweltschutzpartner werden soll – dass, wäre sie nicht gebrieft gewesen, Ursula von der Leyen gehörig ins Schlingern gekommen wäre. Nein. Wie eine Musterschülerin in der Feuerzangenbowle vor dem anwesenden Oberschulrat ihr extra für die Vorführung einstudiertes Wissen präsentiert, rasselte die unfähigste Verteidigungsministerin aller Zeiten ihr Programm ab:

Empört wies sie die Unterstellung zurück, „250.000 Soldatinnen und Soldaten unter Generalverdacht zu stellen“ (genau das hatte die Laiendarstellerin ja zuletzt getan!). Ganz großartig sei ihre Armee, 9.000 Mann hätten sich an der Flüchtlingshilfe beteiligt. „Stolz auf die Bundeswehr“ und irgendwas mit „Tradition“, das „wir jetzt breit diskutieren müssen“. Eine Schamlosigkeit, die man bislang in dieser Form eher von Gabriel oder Schulz kannte.

Vor der Reinwaschungsaktion für die medial doch schwer angeschlagene Ursula von der Leyen wurde auf altbekannte Weise das Thema „Trump verändert die Welt – Stresstest für Europa?“ durchgekaut. Obwohl, wir hätten mehr Erregung erwartet. Immerhin hatte der US-Präsident extra zur Illner-Sendung seinen Ausstieg aus der großen Klimarettungs-Show bekannt gegeben. Aber nur Katja Kipping faselte von Trumps „Krieg gegen den Planeten“, nur um hinzuzufügen, Deutschland sei „Weltmeister in Klimaschutzheucheln“. Das wird ja wohl auch der Grund für ihre Anwesenheit gewesen sein, schließlich ist ihre Links-Alternative für Deutschland die einzige Opposition im Parlament.

Nein, es ging eigentlich um die große „Chance für Europa“, seine Sicherheit jetzt selber in die Hand zu nehmen. Ich glaube, es war Elmar Theveßen, die Munkelrübe vom ZDF, der das sagte. Der raunte vorher etwas von „einem Flächenbrand um Trump herum“, von „früheren Mafia-Verbindungen“ des US-Präsidenten und einem „Geheimpapier“, das so geheim ist, dass Theveßen es in der FAS gelesen hatte. Er, Elmar, könne sich gut vorstellen, dass Trump „wie Nixon“ zurücktreten könnte. Zum Wohle der Sendung tun wir mal so, als wenn das nicht passiert, sich unsere Weltenlenker in Berlin also noch länger mit Trump auseinandersetzen müssen dürfen.

Da ging es nun um die 2% Militärausgaben, die Trump, wie viele US-Präsidenten vor ihm, angemahnt hatte. Also die 2% würden für ihn und seine SPD erst mal gar nicht gelten, donnerte ein eingeblendeter Schulz, worauf von der Leyen anmerkte, dass das 28 Staaten aber unterschrieben hätten. Dann beschrieb sie ihren Zuständigkeitsbereich, ein Bild des Elends und des Jammers. Die Truppe nutzt „Funkgeräte aus den 80ern und LKW aus den 70ern“. Dafür sind die Kitas und ein paar Flatscreens funkelnagelneu, möchten wir in Erinnerung von UvdLs persönlichen Leistungen ergänzen. Nicht zu vergessen: Schicke, neue Uniformen für Soldatinnen, die im Dienst fürs Vaterland schwanger wurden!

Nein, die Ursula braucht die Amis nicht. „Heute erst“ saß sie mit ihrer Amtskollegin aus Frankreich zusammen, und die Damen haben etwas Tolles ausgeheckt: Wo immer „wir unsere Soldatinnen und Soldaten“ hinschicken, folgt die Entwicklungshilfe auf dem Fuße! Nachhaltige Militärpolitik. Das Erfolgsbeispiel Afghanistan hat sie aus Bescheidenheit nicht erwähnt, dafür aber den Irak, wo die Kurden und Iraker mit Waffen beliefert wurden, und „wir“ in den „befreiten Dörfern für Elektrizität, Essen und Infrastruktur sorgen“.

Überhaupt „sind Deutschland und Frankreich dabei, ein Konzept zu erarbeiten“, auch für Afrika natürlich, aber da fehlte uns denn doch das militärische Know-How, um nachvollziehen zu können, wie „wir“ Europa in Afrika schützen. Gut, dass es Elmar gibt! Man „braucht nämlich gar nicht den größten Hammer“, um für Sicherheit zu sorgen, man muss nur sicherstellen, dass sich alle Länder pudelwohl fühlen in der Globalisierung, fertig.

Nicole Deitelhoff, eine dieser bewundernswerten Karrierefrauen, Professorin für Internationale Beziehungen und Theorien globaler Ordnungspolitik, sieht zwar, dass mit der „Interoperationalität und bei der Beschaffung“ der EU-Armeen noch einiges im Argen liegt, wir aber insgesamt doch eine wunderbare Parlamentsarmee haben. Eine kleine Google-Recherche schlug zwar gleich die Tag-Kombination „Nicole Deitelhoff/ SPD“ vor, aber keine passenden Artikel. Aber mit ihrem Vorschlag zur deutschen Aufrüstung können wir sie ein bisschen besser einordnen: Deutschland sei ja „bekannt für seine Erfolge bei der multilateralen Diplomatie. Beispiel Klima. Folterkonvention. Da müssten wir aufrüsten.“ Also, wenn das nicht nach Siggi klingt?

Der nette Vertreter der Republicans Overseas, Ralph Freund, hat inzwischen richtig Spaß an seinen Talkshow-Auftritten (Manche erinnern sich noch an den netten Mr. Smith, der früher als Trump-Wähler auftrat? Den haben sie mittlerweile aus Deutschland hinausgeekelt). Ralph wiederholte den Gag, den schon Donald gemacht hat, als Angie drohte, Europas Verteidigung selbst in die Hand zu nehmen: Prima! Kinder werden älter, bekommen mehr Rechte und Pflichten, und „Werte“ ersetzen keine 23 Milliarden! Dann stellte er noch klar, dass weder gegen Donald Trump noch dessen Schwiegersohn ermittelt wird. Das hatte beim ZDF-Vize Elmar doch ganz anders geklungen.

Eines schwant sogar dem ZDFler: Dass es dieses Europa, wovon die Weltkanzlerin und ihre Anhänger so gern reden, und das sie nun verteidigen wollen, so überhaupt nicht gibt:

„Wir hatten eine europäische Wertegemeinschaft“, jammerte der Vize-Chefredakteur, „die hat sich mit Finanzkrise, Flüchtlingskrise und Russlandkrise in Luft aufgelöst.“ Vielleicht haben er und seine Gesinnungsbrüder die Weltkrisenlösungskanzlerin ein wenig überschätzt.