Tichys Einblick

Maybrit Illner: Vorwärts … und schnell vergessen!

Wegen ihrer Karnevalssause musste Illner nun Maischbergers Aufarbeitung der SPD-Chaostage hinterherhecheln. Und auch mit ihrem Stargast Scholz konnte sie dabei keinen Blumentopf gewinnen.

Screenprint: ZDF/illner

Heute geht’s ganz schnell. Zunächst versuchte uns der Genosse Olaf ein „o“ für ein „u“ vorzumachen – die Hoffnung heißt nämlich jetzt Scholz statt Schulz bei der SPD. Scholz, Jurist, Hamburgs Erster Bürgermeister und Organisator der G20-Krawalle (auf Regierungsseite), und – ganz frisch – statt Nahles kommissarischer Schulz. Er rasselte gefragt wie ungefragt getätigte wie zukünftige Leistungen aus dem sozialdemokratischen Katalog herunter, dass Illner irgendwann verzweifelt die Hände gen Himmel hob und ausrief: „Nicht alles aufzählen, bitte!“ Müsste Scholz ein zentraler Satz zugeschrieben werden, wäre er mit diesem gut bedient: „Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man nach vorne blickt.“ Aber eigentlich sang er die neue SPD-Hymne mit abgeändertem Text „Vorwärts und schnell vergessen …“.

Warum war Wolfgang Gründinger da, und nicht irgendein Horst Husepampel? Vielleicht, weil Wolfgang zwar Juso, aber fesch und manierlich ist? Und es vor den Fernsehsesseln der Republik längst heißt: „Nicht schon wieder Kevin!“? Vielleicht auch, weil Wolfgang „Demokratieforscher“ und Publizist mit Schwerpunkt auf Lobbyismus ist. Dazu passt, dass er zugleich als Sprecher der „Stiftung Generationengerechtigkeit“ aus dem Lobbyhause Bertelsmann wirkt. Auf jeden Fall steht er für die Generation „Träumer“ und forderte vom Kommissar Scholz ständig Visionen.

Paul Ziemiak ist mit 32 ein Jahr jünger als Gründinger, noch JU-Vorsitzender und MdB. Er forderte zwar keine Visionen, aber gab zu allen, die Union betreffenden Themen (Wofür stehen wir? Wer sind wir, und wenn ja, warum?) immer dieselbe Antwort: „Über diese Fragen müssen wir sprechen.“ Warum haben sie in den letzten 12 Jahren nie „darüber“ gesprochen? Ansonsten hält er die Reihen hinter Merkel geschlossen und sieht in der Union ganz viele „tolle Köpfe“. Damit gehört er quasi zur Weiter-so-post-Merkel-Fraktion.

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Ohne Hajo Schumacher wären wir wohl eingeschlafen bei der Sendung. Der Journalist ist zwar auch eher dem sozialdemokratischen zugetan („Olaf Scholz hat bewiesen, dass er Hamburg regieren kann“ – Was soll das heißen? Dass Scholz nie ins Hafenbecken geplumpst ist?), aber er verlor bislang nicht seinen Humor. So erinnerte er an Parallelen zu 1994, als die SPD in einer ähnlichen Situation war, „auch mit einem mit Bart“ (Scharping), und sich bei Kanzler Kohl wöchentlich Zwergenaufstände ankündigten, „aber nix kam“. Das Gerede über „Erneuerungen“ (heute aus den Mündern von Spahn, Linnemann, Ziemiak und anderen) benannte er schlicht als das, was es auch wieder heute ist: „Ich will auch mal drankommen.“ Das Publikum quittierte die Klarheit dankbar mit Applaus. Schumacher erwartet „vier weitere quälende Jahre“.

Die Schwäche der Kanzlerin machte er an Jens Spahn fest, den sie früher längst „einen Kopf kürzer gemacht hätte“. Jetzt wird er wohl ein Ministerium erhalten, ein lästiges, eins, das „noch jeden platt gemacht hat“. Verteidigung vielleicht, wenn Uschi „nach Europa“ abgeschoben werden kann.

Wenn die SPD nun „Ja“ sagt, würde es hochspannend, glaubt Hajo, der SPD-Sympathisant. Mit den Ministerien Außen, Finanzen und als Fraktionsdomptöse Andrea Nahles würde Merkel ganz schön in die Zange genommen. Apropos Außen. Dass der „mal so, mal so“-Siggi gleich mit Schulz abserviert wurde, sei ein „Geschenk des Himmels“, und dann ging es zur Frauenfrage. Erst ganz sanft („Barley kann wenigstens englisch.“), schließlich auf den Punkt: Hajo glaubt, eine Frau an der Spitze der SPD sei für die Partei „nur schwer zu ertragen“, früher lief das unter „Gedöns“.

Apropos: Claudia Kade gewann ganz klar den Preis des Abends, hatte aber einen schweren Aufmerksamkeitsstand gegen den kalauernden Schumacher. Die Welt-Redakteurin sieht Nahles zunächst mal als gescheitert. (Nix mit Kommissarin). Man könne sie wohl kaum als Neuanfang verkaufen. Zudem konstatierte sie ihr im Umgang mit den SPD-Abrissbirnen Siggi & Schulz „fehlende Instinkte“. Das klang wie der Text eines Karnevalswagens: „Das Ende ist Nahles“. Scholz schwieg eisern mit zusammengepressten Lippen. Zwei Aussagen ließen eh an seinem Realitätssinn zweifeln, die sich zudem noch wunderbar widersprachen: Maas sei ein guter Minister und die SPD werde wieder stärkste Partei. Hahaha.