Tichys Einblick
"Frankreich vor der Wahl. Europa vor dem Ende?"

Maybrit Illner – Das Revolutiönchen

Noch zwei Tage für's Wettbüro – dann gibt's 'ne französische Präsidentin. Jedenfalls eine Frau, die Frankreichs Geschicke bestimmt. Ob Merkel oder Le Pen, teuer wird’s für den armen Michel allemal. Maybrit Illner diskutierte Ergebnis und Folgen schon mal vorab.

Screenshot: ZDF/maybrit illner

Gut, dass wenigstens Peter Altmaier da war. Eigentlich hätte Angela Merkel am Tisch von Maybrit Illner sitzen müssen, denn schließlich geht es bei der Präsidentschafts-Wahl in Frankreich am kommenden Sonntag um sie, Madame Märkäll. Oder wie Marine Le Pen es formulierte: „Auf jeden Fall gewinnt eine Frau die französischen Wahlen.“ Macron gilt in Frankreich als Merkel-Mann.

Ein waschechter Franzose in der Runde, der auf den schönen Namen „Bürgermeister“ hört, Bruno Le Maire von der Sarkozy-Partei, findet denn auch Merkels demonstrative Unterstützung für den hübschen Herrn Macron „eher gefährlich“, schließlich wird La Märkäll von vielen Franzosen als Ursache aller Probleme Europas und Frankreichs gesehen.

Nein, nein, sagt Peter Altmaier, der treue Knappe, er kenne Umfragen, nach denen ist seine Chefin Merkel sehr populär en France, nix „Märkäll muss wesch!“ Ach, das will ja auch keiner in der Runde. Alle wollen Emmanuel Macron, den Wunderknaben aus Amiens, halb Sozialist, halb Bankier, halb dies und halb das. Doch halt! Alle? Nicht alle. Katja Kipping von der einzigen „Extremistenpartei“ im deutschen Bundestag, Die Linke, will Macron eigentlich nicht, beziehungsweise nur unter Protest.

In Frankreich, wo die Revolution einst als Exportprodukt erfunden wurde, bahnt sich gerade eine neue, alles verändernde Entwicklung an – das Ende der Volksparteien, die gerade uns Deutschen doch so ans Herz gewachsen waren. Bei der Präsidentschaftswahl ist keine einzige Volkspartei mehr dabei. Ein Revolutiönchen, das ein pfiffiger Blogger spaßig so beschrieb: Als stünden bei uns nur Petry und Lindner zur Wahl.

Natürlich wurden die Themen „So gefährlich sind Rechtspopulisten“ und „Wie konnten die nur so erfolgreich werden“ gewohnt streberhaft und lehrbuchgemäß wie erkenntisschwach abgearbeitet. Ulrike Guérot, Politikwissenschaftlerin, lieferte wenigstens ein paar interessante Zahlen: Die unter 25-Jährigen hätten mehrheitlich für den linken Mélenchon gestimmt, die 25- bis 35-Jährigen für Marine Le Pen.

Aber eigentlich wollte die Politologin, die so schnell spricht, dass man an seiner Muttersprache schwindlig wird, über ein „neues Europa“ dozieren. Sie will die „Eurozone komplett neu gründen, weil sie nicht funktioniert“. Neues Europa? Schulz! Sagen Sie mal was!

Der Widerspruch war erstaunlich mau und eher pflichtgemäß. Nicht ausgeschlossen, dass das Europa von Schulz und Juncker nicht mit einem Big Bang auseinanderfliegt, sondern mit einem ganz leisen „pfffft“.

Eigentlich wollten wir Stefan Petzner gar nicht erwähnen, der, seit er mal Berater von Jörg Haider war, mit seinen Kenntnissen aus dem Zentrum des Bösen durch die Talkshows tingelt, aber da er der Einzige zu sein schien, der das Parteiprogramm von Le Pen gelesen hatte, muss es sein: „Eigentlich müssten Sie Le Pen gut finden, Frau Kipping, deren Programm ist so ähnlich wie das von Die Linke.“ Herrlich!

Aber ihre Partei wolle „Gerechtigkeit für alle Menschen“, schnaubte die rote Katja. Und während Altmaier grinste, kam der Einspieler vom linksextremen Mélenchon (Katjas französisches Pendant) mit dem Slogan „Frankreich zuerst“. Warum haben die, die für alle alles wollen, nur um Himmels Willen eine Mauer gebaut, damals, als sie schon mal konnten, wie sie wollten?

Ob nun Merkel gewinnt am Sonntag, oder Marine Le Pen, teuer wird’s für den armen Michel allemal. Eurobonds? Noch will Peter nicht. „Wir müssen Frankreich ein Angebot machen, damit Macron sich halten kann“, flehte ZDFKoll. Der arme Macron habe schließlich keine Partei hinter sich, wie solle er da Reformen finanzieren? Monsieur Le Maire drückte das charmanter aus. Er wünsche sich „ein besseres deutsch-französisches Verhältnis“.

Und selbst wenn Macron eine Partei hinter sich hätte, heißt das noch lange nicht, dass er notwendige wie ungeliebte Reformen durchbringen kann. Theo Koll wagte am Ende einen Blick in die Geschichte: „Was passiert denn mit Menschen, die Reformen machen? – Ich erinnere an Gerhard Schröder.“

Die gehen dann zu Gazprom. Oder machen Karriere bei der Bank.