Tichys Einblick
Max Mannhart bei ServusTV

Generation Corona: Homeschooling, Spaßverbot und düstere Gedanken

Da saßen doch tatsächlich vier Gäste rund um Moderatorin Katrin Prähauser, die auf das, was die anderen sagten, eingingen, nachfragten und nicht von vornherein nur auf der eigenen Meinung beharrten. Eine TV-Diskussion, wie es sie in Deutschland seit Jahren nicht mehr gibt.

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So kündigte der österreichische Privatsender SevusTV seine sonntägliche Runde „Links. Rechts. Mitte“ an:

Generation Corona: Homeschooling, Spaßverbot und düstere Gedanken. Das Leben der Jugendlichen kam mit dem Beginn der Pandemie plötzlich zum Stillstand. Die nächste Krise steht schon in den Startlöchern. Das Auto wurde vom Freiheitssymbol zum Klimasünder. Wie viel Angst verträgt eine Generation? Haben sich die gewohnten Werte unserer Gesellschaft längst geändert? Und ist Freiheit nicht mehr unser höchstes Gut? MFG und KPÖ: Die Vernachlässigten melden sich lautstark zu Wort. In Graz gewinnt die KPÖ, weil sie den Fokus auf offene Wunden legt. In Oberösterreich schafft es eine völlig neue Bewegung in den Landtag, weil brennende Impffragen unbeantwortet bleiben. Ist das Vertrauen in die Autoritäten verloren? Auch in Deutschland geben plötzlich die Dritt- und Viertplatzierten den Ton an – FDP und Grüne als Königsmacher. Gelten seit der Pandemie völlig neue Spielregeln? Gäste: Bernhard Heinzlmaier (Jugendforscher und Buchautor) Michael Jungwirth (Ressortleiter Innenpolitik „Kleine Zeitung“) Max Mannhart (Redakteur „Tichys Einblick“) Katia Wagner (Journalistin und Moderatorin, krone.at, krone.tv)

Ich habe mir die Runde nachträglich angesehen und bin mehrfach positiv überrascht. Das will ich hier festhalten, ohne die Sendung im üblichen Stil zu rezensieren.

Da saßen doch tatsächlich vier Gäste rund um Moderatorin Katrin Prähauser, die auf das, was die anderen sagten, eingingen, nachfragten und nicht von vornherein nur auf der eigenen Meinung beharrten. Am schwersten fiel das Michael Jungwirth, aber selbst der Ressortleiter der in meinen Studententagen relativ liberalen linkskatholischen Tageszeitung „Kleine Zeitung“, die heute dem grünroten Zeitgeist nahesteht, zeigte sich über weite Strecken aufgeschlossen. Beim „Impfen“ und Maskentragen und sonstigen Corona-Maßnahmen allerdings war er der Hardliner in der Runde. Max Mannhart (MM) versuchte er ein paar mal in die Ecke „Corona-Leugner“ zu manövrieren, wobei ihn interessanterweise niemand aus der Runde unterstützte.

MM ließ sich klugerweise auf keinen Clinch ein, sondern hielt Jungwirth vor, wie wenig bis fast gar nicht die Unter-25-Jährigen von Covid-19 gefährdet sind und dass die Maßnahmen-Tortur für sie nicht ihrem Schutz, sondern dem der Älteren gälte. Zwei Bilder, welche die Regie einspielte, illustrierten MMs Argumente, die SPD-Fraktion im deutschen Bundestag, ein Gruppenfoto ohne Maske mit Ausnahme des Chefmaskierers Lauterbach …

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… und ein Klassenfoto aus Österreich mit Schülern an weit entfernten Einzeltischen, alle, auch die Lehrerin zwangsmaskiert.

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Die Bemerkung Lauterbachs, es herrsche zwar Maskenpflicht im Bundestag, aber zu so einem Gruppenfoto dürfte man die auch für ein paar Minuten abnehmen, legte den Ball auf den Elfmeter für MM: Das sei durchaus richtig, aber warum nur bei den privilegierten Maßnahmenmachern und nicht bei allen, gerade Schülern? Schnell war sich die Runde einig, dass die Politiker mit solcher Haltung immer wieder jede Glaubwürdigkeit verpielen.

Der in Wien geborene Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier, der einst Vorsitzender des Verbandes Sozialistischer Studenten (VSStÖ) war, saß nicht nur neben Max Mannhart, die beiden waren mehrfach einer Meinung über den falschen Umgang mit der Jugend in einem Corona-Regime, das die sozialen und kulturellen Auswirkungen  auf die Heranwachsenden ignorant ausblendet und arrogant über sie hinweg geht.

Über Heinzlmaier steht bei Wikipedia, was in diesem Fall korrekt sein dürfte:
Seit März 2021 schreibt Heinzlmaier als regelmäßiger Kolumnist für das österreichische Online-Boulevardmedium eXXpress, wo er in seinen Beiträgen unter anderem die Verwendung gendergerechter Sprache kritisiert und vor einer von ihm so bezeichneten „Minderheitendiktatur“ warnt, in der ihm zufolge in „linken Medien“ die Bedürfnisse von Minderheiten wie Angehörigen der Transgender-Community oder Flüchtlingen in den Mittelpunkt gestellt würden, während „Befürworter einer restriktiven Asyl- und Migrationspolitik als Unmenschen an den Pranger gestellt“ würden, obwohl diese die Mehrheit der Bevölkerung repräsentieren würden.

Bei den österreichischen Themen von der „ökosozialen“ Steuerreform, der KPÖ-Bürgermeisterin für Graz und dem Überraschungseinzug der komplett neuen Partei MFG der Coronapolitik-Kritiker in den oberösterreichischen Landtag sind alle schnell bei den etablierten Parteien, die in Österreich wie in Deutschland abgewirtschaftet haben. Auch hier breite Einigkeit.

Was die Gäste bei ServusTV über die Coronapolitik denken, wird nur bei Jungwirth ganz klar. Er findet sie notwendig, auch wenn er ihrem Verlauf seit dem Sommer 2020 viele Fehler zuschreibt. Wagner vermeidet es ebenso wie Heinzlmaier und MM, auf das auch – so Wagner von der Krone – schon im privaten Gespräch zunehmend gemiedene Thema „Impfen“ einzugehen, Moderatorin Prähauser fragt nicht und lässt ihre eigene Position nur körpersprachlich erahnen.

Die wichtigste Einigkeit bei allen Fünfen halte ich fest: Bei allen verschiedenen und entgegengesetzten Meinungen zwischen Befürwortern, Kritikern und Gegnern der Coronapolitik darf es die Teilung in erlaubte und unerlaubte Haltungen, in Geimpfte und Ungeimpfte nicht geben, alle müssen mit allen reden können – und die etablierte Politik wird ihre Uneinsichtigkeit genau in dieser Frage noch bitter büßen.

MM sagt am Ende, die Coronapolitik hat nach anfänglichem Nichtbesserwissen ihren Maßnahmenrigorismus gedanken- und rücksichtslos entlang ihrer Inzidenzkurven weitergeführt und findet nun nicht die Kraft zu vernünftigen Wegen ins Freie. Da lese ich im Gesicht von Kleine-Zeitung-Jungwirth Nachdenklichkeit und Abwägen.

ServusTV mache ich den Vorschlag, exakt diese Runde in dieser Zusammensetzung in zwei Monaten noch einmal zusammen zu holen und über ihre Erlebnisse und Beobachtungen in der Zwischenzeit reden zu lassen. Diese Runde machte Hoffnung.

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